Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechtigtes Interesse an Einsichtnahme in das Grundbuch
Leitsatz (amtlich)
1. Ist beim Gericht aus Entscheidungen des Betreuungs- und Nachlassgerichts aktenkundig, dass Zweifel an der Testierfähigkeit bestehen, kann das Grundbuchamt zur Darlegung des Grundbucheinsichtsrechts die Vorlage eines Erbscheins verlangen.
2. Benötigt ein möglicher Erbe Einsicht in das Grundbuch, um die Frage der Ausschlagung der Erbschaft zu klären, ist neben der Vorlage der öffentlichen Verfügung samt Eröffnungsniederschrift die Darlegung erforderlich, wann die Ausschlagungsfrist zu laufen begonnen hat, sowie dass die Erbschaft noch nicht angenommen ist.
Normenkette
BGB §§ 1943-1944, 2229; FamFG § 10 Abs. 2 S. 1; GBO §§ 12, 12c Abs. 4 S. 2, § 71 Abs. 1, § 73; RPflG § 3 Nr. 1 lit. h, § 11 Abs. 1
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kaufbeuren - Grundbuchamt - vom 2. November 2017 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Als Eigentümer von Grundbesitz ist im Grundbuch der am 31.10.2014 verstorbene A.M. eingetragen.
Am 22.9.2017 beantragte der Beteiligte durch Anwaltsschreiben beim Grundbuchamt die Übersendung von unbeglaubigten Grundbuchauszügen über sämtliche bis zum Ableben des A.M. auf diesen eingetragene Grundstücke und Grundstücksrechte einschließlich solcher, die in den letzten zehn Jahren vor seinem Ableben auf ihn eingetragen waren. Er begründet dies damit, dass er aufgrund notariellen Testaments vom 25.6.2010 Miterbe sei. Dieses und das Eröffnungsprotokoll vom 9.12.2014 legte er in Kopie mit vor.
Gegen die Mitteilung der Urkundsbeamtin vom 22.9.2017, dass ein berechtigtes Interesse nach § 12 GBO nicht nachgewiesen sei und daher der Grundbuchauszug nicht erteilt werde, legte der Beteiligte am 26.9.2017 Erinnerung ein.
Daraufhin hat das Grundbuchamt aus den Betreuungsakten hinsichtlich des A.M. die am 21.7.2009 ergangene einstweilige Anordnung einer vorläufigen Betreuung sowie den Beschluss vom 18.1.2010 über die endgültige Betreuungsanordnung erholt, sowie aus den Nachlassakten einen Beschluss vom 22.9.2017, wonach die Erteilung eines Erbscheins für die gesetzlichen Erben des A.M. angekündigt wird. Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wurde ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft zurückgestellt. Nach der Begründung ist das Nachlassgericht aufgrund des gerichtlich erholten Sachverständigengutachtens auf der Basis von Stellungnahmen der mit der Behandlung befassten Ärzte und weiterer Personen davon überzeugt, dass A.M. zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht mehr testierfähig war.
Mit Beschluss vom 2.11.2017 hat das Grundbuchamt die Erteilung der Grundbuchauszüge unter Verweis auf den Beschluss des Nachlassgerichts vom 22.9.2017 abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit der Beschwerde vom 10.11.2017. Gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 22.9.2017 habe der Beteiligte Beschwerde eingelegt, weshalb er nicht rechtskräftig sei. Es gelte daher weiter die Vermutung der Testierfähigkeit nach § 2229 BGB. Im Übrigen müsse ein letztwillig Bedachter in die Lage versetzt werden, sich einen genaueren Überblick über Umfang und Werthaltigkeit des Nachlasses zu verschaffen.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Gegen die Versagung von Grundbucheinsicht durch den Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 Buchst. h RPflG) ist die Beschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO; § 12c Abs. 4 Satz 2 GBO) und auch formgemäß nach § 73 GBO mit § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG eingelegt.
Wenngleich die Zurückweisung des Antrags allein die Beschwerdeberechtigung nicht begründet, eine formelle Beschwer also nicht ausreicht (Demharter GBO 30. Aufl. § 71 Rn. 59 m. w. N.), so genügt es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nach vorherrschender Ansicht jedoch, dass der Adressat der Entscheidung geltend machen kann, durch diese in seiner Rechtsstellung unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt zu sein, sofern die angefochtene Entscheidung in der behaupteten Weise unrichtig wäre und er deshalb ein rechtliches Interesse an ihrer Beseitigung hat (BGHZ 80, 126/127; Budde in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 62 m. w. N.).
Durch die Behauptung, die Unterlagen als durch notarielles Testament bedachter Miterbe zu dem Zweck zu benötigen, sich einen genaueren Überblick über Umfang und Werthaltigkeit des Nachlasses zu verschaffen, erscheint eine Beschwer zumindest möglich.
2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, da das Grundbuchamt zu Recht die Grundbucheinsicht verweigert hat.
a) Gemäß § 12 Abs. 1 GBO ist jedem die Einsicht in das Grundbuch und die in diesem in Bezug genommenen Urkunden sowie in die noch nicht erledigten Eintragungsanträge zu gestatten, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Gemäß § 12 Abs. 2 GBO besteht in diesem Umfang auch ein Anspruch auf Erteilung von Abschriften. Diese Rechte umfassen unter den gleichen Voraussetzungen auch Teile der Grun...