Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstbarkeiten, Beschränkte persönliche Dienstbarkeit, Grundbuchamt, Personengesellschaft, Enteignung, Rechtsfähigkeit, Übertragung, Juristische Person, Verletzung gesetzlicher Vorschriften, Tod des Berechtigten, Grundbuchunrichtigkeit, Grundbuchberichtigungsanspruch, Grundbucheintragung, Energieversorgungsunternehmen, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Beschwerdeberechtigte, Geschäftswertfestsetzung, Auflösende Bedingung, Zwischenverfügung, Grunddienstbarkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erlöschenstatbestände des § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 BGB knüpfen nicht an die Art der Tätigkeit des Berechtigten, sondern an dessen Eigenschaft als natürliche Person einerseits oder als juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft andererseits an.
2. Die Regelung des § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 Satz 1 BGB ist nicht abdingbar.
3. Zur Übertragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bedarf es gemäß § 873 Abs. 1 BGB der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch.
4. Die grundsätzliche Möglichkeit der Übertragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gemäß § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB ändert nichts an deren Erlöschen nach § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 Satz 1 BGB, wenn vor dem Tod des Berechtigten keine Übertragung erfolgt ist.
5. Das öffentlichrechtliche Verfahren der Enteignung zur Durchführung eines Vorhabens zum Zwecke der Energieversorgung nach § 45 EnWG kann nicht durch Perpetuierung einer gemäß den Vorschriften des bürgerlichen Rechts bestellten und später erloschenen Dienstbarkeit umgangen werden.
Normenkette
BGB §§ 873, 1061, 1090, 1092; EnWG § 45; GBO § 53
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen die am 26.9.2023 erfolgte Löschung des im Grundbuch des Amtsgerichts Freyung von Großarmschlag Blatt ... Abt. II Nr. 1 eingetragenen Hangrohrleitungsrechts und Unterhaltungsrechts, Betretungs-, Befahrungs- und Grabungsrechts wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 2 wendet sich gegen die Löschung einer auf dem Grundbesitz des Beteiligten zu 1 im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kraftwerks bestellten Dienstbarkeit.
Am 15.2.1961 wurde an dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz zugunsten der Energieversorgung O... AG ein Hangrohrleitungsrecht und Unterhaltungsrecht sowie Betretungs-, Befahrungs- und Grabungsrecht für die Dauer des Kraftwerkbetriebs eingetragen. Am 21.11.1997 wurde die Abtretung des Rechts an A. M. vermerkt. Dieser verstarb am 15.1.2013.
Mit Schreiben vom 23.11.2022 bat der Beteiligte zu 1 unter Vorlage der Sterbeurkunde um Löschung der Dienstbarkeit.
Dem widersprachen die Beteiligte zu 2 und deren Geschäftsführer A. S. M. mit Anwaltsschriftsatz vom 28.12.2022. Die Energieversorgung O... AG habe die Kraftwerksgruppe G. 1996 an A. M. als Unternehmer veräußert. Dieser habe die Kraftwerksgruppe 2012 an seinen Sohn A. S. M. und an dessen Unternehmen, die Beteiligte zu 2, übertragen. Der Beteiligte zu 1 gehe zu Unrecht davon aus, dass die Dienstbarkeit mit dem Tod des A. M. erloschen sei. Bei der Eintragung von A. M. sei für jeden erkennbar, dass es sich um den Einzelunternehmer, nicht um den Privatmann gehandelt habe. Zusätzlich sei die gesetzliche Auslegungsregel des § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB zu beachten. Bestehe eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die dazu berechtige, ein Grundstück für Anlagen zur Fortführung von Wasser einschließlich aller dazugehörigen Anlagen, die der Fortleitung unmittelbar dienen würden, zu benutzen, so sei die Dienstbarkeit übertragbar. Dies sei hier der Fall, weil erkennbar gewesen sei, dass A. M. die Rechte nicht als Privatperson, sondern als Einzelunternehmer auf dem Energie- und Kraftwerkssektor erworben habe. Dies werde im Übrigen in der Energiewirtschaft millionenfach so praktiziert. Dienstbarkeiten der Energieversorgungsunternehmen würden nicht erlöschen, sondern sie bestünden fort, und zwar "für die Dauer des Kraftwerkbetriebes", wie es in der Grundbucheintragung ausdrücklich heiße. Maßgeblich sei auch die Regelung des § 1091 BGB, wonach sich der Umfang einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnis des Berechtigten bestimme. Berechtigt sei seit 1996 A. M. Sein persönliches Bedürfnis als Kraftwerksunternehmer müsse immer berücksichtigt werden, und zwar "für die Dauer des Kraftwerkbetriebes". Zu beachten sei auch das öffentliche Recht. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 EnWG sei die Beschränkung von Rechten am Grundeigentum im Wege der Enteignung zulässig, soweit sie zur Durchführung eines Vorhabens zum Zwecke der Energieversorgung erforderlich sei. So sei die Lage hier.
Im Anschluss an den Erlass einer Zwischenverfügung durch das Grundbuchamt nahm der Beteiligte zu 1 seinen Antrag mit Schreiben vom 23.1.2023 zurück.
Nach weiterem Schriftwechsel beantragte der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 20.9.2023 erneut die Löschung der Dienstbarkeit, die schließlich am 26.9.2023 erfolgte. Am selben Tag teilte da...