Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei einseitiger Erledigungserklärung. Forderung. Kostenfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Bei einseitiger Erledigungserklärung beträgt der Streitwert 50 c des Streitwerts der Leistungsklage.
Normenkette
ZPO § 91a
Tenor
I. Der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Ingolstadt vom 21.11.1994 wird dahingehend abgeändert, daß die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.837,01 DM nebst 4 % Zinsen jährlich ab 11.11.1994 festgesetzt werden.
II. Im übrigen werden der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin und die weitergehende sofortige Beschwerde der Beklagten ab- bzw. zurückgewiesen.
III. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 13 %, die Beklagte 87 %. Die Gerichtskosten trägt die Beklagte.
IV. Der Beschwerdewert beträgt für die außergerichtlichen Kosten 346,67 DM, für die Gerichtskosten 240,01 DM.
Gründe
I. Mit der Klage wurde ein Werklohn in Höhe von 34.419,50 DM geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vom 6.9.1994 vor dem Landgericht Ingolstadt erklärte die Klägerin die Rücknahme der Klage bezüglich eines Teilbetrages von 600,– DM. Nach Erledigungserklärung in Höhe von 25.211,28 DM erging antragsgemäß ein Versäumnisurteil, in welchem festgestellt wurde, daß die Hauptsache in Höhe von 25.211,28 DM (wegen zwischenzeitlicher Zahlung) erledigt ist, die Beklagte zur Zahlung von 8.608,22 DM verurteilt und ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden. Nach Einlegung des Einspruchs durch die Beklagte, mit welchem die Aufhebung des Versäumnisurteils und die kostenpflichtige Klageabweisung beantragt wurde, wurde der Rechtsstreit im Verhandlungstermin vom 11.10.1994 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage durch einen Prozeßvergleich beendet, nach welchem von den Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der durch die Säumnis der Beklagten angefallenen Kosten die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen haben.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 21.11.1994 wurden die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits nach Ausgleichung auf 1.943,67 DM festgesetzt. Dabei wurden als Kosten der Klägerin 4.219,50 DM. (10/10 Prozeßgebühr aus 34.419,50 DM 1.185, – DM; 5/10 Verhandlungsgebühr §§ 33 Abs. 1, 38 BRAGO aus 33.819,50 DM 592,50 DM; 10/10 Erörterungsgebühr 1.185,– DM; 10/10 Vergleichsgebühr 1.185,– DM; Pauschale 40,– DM; Fotokopien 32,– DM) in Ansatz gebracht. Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluß richtet sich die Erinnerung der Beklagten vom 9.12.1994. Sie wendet sich dagegen, daß auch bezüglich des von der Klägerin einseitig für erledigt erklärten Teils des Klageanspruchs von 25.211,28 DM bei der Berechnung der Gebühren der volle Hauptsachewert zugrundegelegt wurde und nicht lediglich der Kostenwert.
Alle Beteiligten und offenbar auch das Gericht seien in der mündlichen Verhandlung davon ausgegangen, die nunmehr entstandenen Kosten würden sich nur noch nach dem Kosteninteresse der Klagepartei bemessen. Es seien daher diejenigen Gebühren, die erst nach der einseitigen Erledigterklärung entstanden seien, aus deren Kosteninteresse und dem Wert der Restsumme zu berechnen.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung gilt nach Nichtabhilfe durch den Rechtspfleger und Vorlage durch das Landgericht als sofortige Beschwerde.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist teilweise begründet.
1. Allerdings entspricht der Kostenfestsetzungsbeschluß der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß eine einseitige Erledigung der Hauptsache am Streitwert nichts ändert (vgl. Senat NJW 1969, 799; Senatsbeschlüsse vom 11.10.1993 – 11 W 2565/93 – und 25.7.1994 – 11 W 1973/94 –; ebenso OLG München 28. Zivilsenat MDR 1989, 73 = JurBüro 1989, 134; 3. Zivilsenat AnwBl. 1982, 198; OLG Düsseldorf JurBüro 1994, 114; Zöller/Herget, 19. Aufl., Rn. 16 „Erledigung der Hauptsache” zu § 3 BRAGO; Schneider, Streitwertkommentar, 10. Aufl. Rn. 1505 f mit einer umfangreichen Zusammenstellung der kontroversen Rechtsprechung).
2. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.
Nach heute ganz herrschender Meinung führt eine einseitige Erledigungserklärung im Fall einer Leistungsklage dazu, daß aus der Leistungsklage nunmehr eine Feststellungsklage wird (Stein-Jonas-Bork, 21. Aufl. Anm. 39 zu § 91a ZPO; Thomas-Putzo 18. Aufl. Anm. 38 zu § 91a ZPO; Zöllen-Vollkommer, 19. Aufl., Anm. 45 zu § 91a ZPO). Dabei handelt es sich um eine positive Feststellungsklage. Es wird festgestellt, ob der Rechtsstreit erledigt ist und inzidenter ob der Leistungsanspruch bis zu dem „erledigenden” Ereignis gegeben war (OLG München 23. Zivilsenat NJW 75, 2021, OLG Celle NJW 70, 2113).
Bei der Feststellungsklage ist nach allgemeiner Auffassung für die Streitwertbestimmung das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung ausschlaggebend (Thomas-Putzo, 18. Aufl. Anm. zu § 3 ZPO „Feststellungsklage”; Schneider, Streitwertkommentar 10. Aufl., Nr. 1662 m. w. N.).
Bei der positiven Feststellungsklage wird im Verh...