Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme des Verkehrsanwalts bei der notariellen Aufnahme des Nachlaßverzeichnisses. Auskunft. Kostenfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Wird bei einer Stufenklage der Erbe durch Teilurteil verurteilt, dem Kläger über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines durch einen Notar im Beisein des Pflichtteilsberechtigten aufgenommenen Verzeichnisses Auskunft zu erteilen (§ 2314 Abs. 1 BGB), so sind die Kosten der Teilnahme des Verkehrsanwalts des Beklagten bei der notariellen Aufnahme des Nachlaßverzeichnisses, insbesondere eine Beweisgebühr und die Reisekosten des Anwalts, nicht als Kosten des Rechtsstreits aufgrund der Kostengrundentscheidung des Schlußurteils festsetzbar.
Normenkette
ZPO § 104; BGB § 2314 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Passau (Aktenzeichen 1 O 689/95) |
Gründe
Das Landgericht Passau hat mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 4.11.1996 die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits auf 832,75 DM nebst 4 % Zinsen seit 16.10.1996 festgesetzt. Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluß richtet sich die Erinnerung der Beklagten vom 20.11.1996. Sie beanstandet, daß die Rechtspflegerin die geltend gemachten Kosten ihres … Verkehrsanwalts für die Teilnahme an der Aufnahme des notariellen Nachlaßverzeichnisses vom 29.1.1996 in … in Höhe von 1.171,85 DM (10/10 Gebühr § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO 665,– DM; Pauschale 40,– DM; Fahrtkosten § 28 Abs. 2 BRAGO 400 km × 0,52 DM 204,– DM; Tagegeld § 28 Abs. 3 BRAGO mehr als 8 Std. 110,– DM) bei der Kostenausgleichung nicht berücksichtigt hat. Hinsichtlich der näheren Begründung des Rechtsmittels wird auf den Erinnerungsschriftsatz und den klägerischen Schriftsatz vom 12.12.1996 Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Erinnerung mit Schriftsätzen ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 12.12.1996 und 23.1.1997, auf deren Inhalt ebenfalls verwiesen wird, entgegengetreten.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung gilt nach Nichtabhilfe durch die Rechtspflegerin und Vorlage durch das Landgericht als sofortige Beschwerde. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
Die Festsetzung einer 10/10 Beweisgebühr und der Reisekosten des Rechtsanwalts (§ 28 BRAGO Fahrtkosten und Tagegeld) entfällt bereits deshalb, weil es sich bei der Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses vor dem Notar nicht um eine Beweisaufnahme im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO handelt. Insoweit fehlt es schon an einem Verfahren vor Gericht, weil ein solches weder eine Beweisaufnahme noch eine Beweiswürdigung vornimmt. Das Recht des Pflichtteilsberechtigten, von dem Erben Auskunft über den Bestand des Nachlasses in Form der Aufnahme eines Verzeichnisses durch den Notar in seiner Anwesenheit zu verlangen, ist ein rein materiell-rechtlicher Anspruch gemäß § 2314 BGB. Im Falle der Weigerung kann er diesen Anspruch gegen den Erben durch isolierte Auskunftsklage oder – wie vorliegend – im Wege der Auskunftsstufe einer Stufenklage verwirklichen. Dies ist durch die Erwirkung des Teilurteils des Landgerichts … vom 20.11.1995 geschehen. Die aufgrund eines solchen Urteils durchgeführte Aufnahme eines notariellen Nachlaßverzeichnisses kann daher keinesfalls eine Beweisaufnahme im Rahmen der Auskunftsstufe sein, die allein den Zweck hat, den Erben zur Erstellung eines Nachlaßverzeichnisses zu verpflichten. Ebensowenig stellt sich die Aufnahme des notariellen Nachlaßverzeichnisses als Beweisaufnahmehandlung für die späteren Verfahrensabschnitte der Stufenklage dar. Mit der eidesstattlichen Versicherung (§ 260 BGB) wird nicht die Richtigkeit der Auskunft bestätigt, sondern nur versichert, daß der Auskunftsverpflichtete nach bestem Wissen und Können den Bestand vollständig angegeben hat. Schließlich dient die Auskunft nicht als Beweismittel für die Leistungsstufe. Vielmehr soll es die Stufenklage dem Kläger lediglich ermöglichen, einen bestimmten Antrag im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu stellen. Erst dann, wenn durch den Beklagten Grund oder Höhe des Anspruchs bestritten werden, ist Raum für eine gerichtliche Beweisaufnahme nach den allgemeinen Vorschriften.
Die Kosten der Teilnahme des … Rechtsanwalts bei der am 29.1.1996 erfolgten Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses durch den Notar sind auch nicht als Prozeßgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) oder als Geschäftsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) festsetzbar. Auch insoweit handelt es sich nicht um Kosten des Rechtsstreits, die allein von der Kostengrundentscheidung des Schlußurteils erfaßt werden. Kosten des Rechtsstreits sind nur solche Kosten, die unmittelbar der Vorbereitung oder Durchführung eines Rechtsstreits dienen. Hierunter fallen nicht solche Kosten, die durch die Erfüllung des Urteilsspruches, hier die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft in Form der Aufnahme eines notariellen Nachlaßverzeichnisses in Gegenwart des Pflichtteilsberechtigten entstehen. Die im Rahmen der Erfüllung des materiell-rechtlichen Anspruchs den Parteien anfallenden Kosten können auch nicht als Kosten des Rechtsstreits bezüglich d...