Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwaltungsakt, Kaufvertrag, Kaufpreis, Fahrzeug, Berufung, Mitgliedstaat, Zulassung, Staatsanwaltschaft, Geschwindigkeit, Verschulden, Anklageschrift, Nichtigkeitsgrund, Betrug, Leistung, nicht ausreichend, Bundesrepublik Deutschland, kein Anspruch
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Urteil vom 01.12.2022; Aktenzeichen 84 O 1018/21 Die) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 01.12.2022, Az. 84 O 1018/21 Die, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
3. Innerhalb derselben Frist kann zur Streitwertfestsetzung Stellung genommen werden.
Gründe
I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
Die Würdigung durch das Landgericht ist frei von Rechtsfehlern (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Unter zutreffender Würdigung des Parteivortrags, der Gesamtumstände sowie der vorgelegten Unterlagen hat das Gericht in 1. Instanz zu Recht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
II. A. Der Kläger hat aufgrund Bestellung vom 21.03.2012 einen AUDI Q7 Quattro 180 kW der Schadstoffklasse Euro 5 zum Kaufpreis von 66.900 EUR brutto erworben, der gemäß Kaufvertrag vier Monate auf das veräußernde AUDI-Zentrum zugelassen und mit Stand von 8000 km an den Kläger ausgeliefert wurde. Die Zulassung auf den Kläger erfolgte am 27.09.2012. Der Motortyp ist streitig; die Klagepartei trägt vor, es handele sich um einen Motor der Beklagten des Modells EA897, die Beklagte behauptet, es sei ein Monoturbomotor EA896Gen2. Ausweislich der Zulassungsbescheinigung lautet der Motorkennbuchstabe CRCA.
Über einen SCR-Katalysator verfügt das Fahrzeug nicht.
Am 10.10.2022 betrug der km-Stand 139.636.
Der Kläger behauptet das Vorhandensein diverser Abschalteinrichtungen in Form einer Akustikfunktion und eines "Hard cycle beating" (BB S. 63 ff) anhand der Erkennung bzw. diverser Parameter von
Drehzahl
Leistung
Zeit
Geschwindigkeit
Nebenverbraucher
Lenkradstellung,
die auf dem Prüfstand im Typgenehmigungsverfahren zu verbesserten NOx-Werten im NEFZ führen.
Zudem behauptet er eine Manipulation des OBD-Systems und gestützt auf Unterlagen der R. B. GmbH diverse Softwarefunktionen im Motorsteuergerät, die ebenfalls als (prüfstandsbezogene) Abschalteinrichtungen aktiv seien.
Unstreitig ist ein sogenanntes Thermofenster vorhanden, das die Abgasrückführung (AGR), welche der NOx-Reduktion dient, temperaturabhängig verändert.
B. Ansprüche der Klagepartei wegen etwaiger Abschalteinrichtungen bestehen nicht.
1. Weshalb die Klagepartei - nach Kenntnis des Senats aufgrund der ständigen Befassung mit "Diesel-Verfahren" offenbar nur noch von der Klägerkanzlei praktiziert - Deliktszinsen geltend macht, obwohl auf diese nach der klaren und ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in sogenannten Diesel-Fällen kein Anspruch besteht (vgl. etwa Urteil vom 30.7.2020 - VI ZR 354/19) und die Geltendmachung einer solchen erheblichen Forderung das Risiko eines Teilunterliegens und entsprechende Kostentragungspflicht auch bei Obsiegen in der Hauptsache (§ 92 Abs. 1 ZPO: hier mit ca. 2/5) begründet, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Angesichts der erheblichen Zuvielforderung auch von Deliktszinsen war im Übrigen auch das vorgerichtliche Aufforderungsschreiben (Schreiben vom 27.01.2021 als Anlage zur Berufungsbegründung, nicht nummeriert) ungeeignet, Annahmeverzug herbeizuführen (BGH, Urteil vom 2.2.2021 - VI ZR 449/20 Rn. 9 m.w.N.).
2. Angesichts der Verwendung einer ggf. unternehmensbezogenen E-Mail-Adresse ... in den Kaufunterlagen kommt ggf. eine Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers in Betracht. Im vorgerichtlichen Anspruchsschreiben wurde er als "undefined ..." bezeichnet, was ebenfalls als Hinweis auf eine Unternehmensbezeichnung verstanden werden könnte. Eine Vorsteuerabzugsberechtigung hätte Auswirkung auf die Höhe eines etwaigen ersatzfähigen Schadens (Nettokaufpreis abzüglich einer aus dem Bruttokaufpreis errechneten Nutzungsentschädigung).
3. Die "neuesten Erkenntnisse" aus Unterlagen der R... B... GmbH betreffen weitgehend, soweit sich die Klagepartei hierauf berufen will, die Steuerung von SCR-Katalysatoren. Dies ist schon bei den ersten vier Funktionen, auf die die Berufung abstellt und die klar mit SCR bezeichnet sind oder sich auf die Harnstoffdosierung beziehen offensichtlich (BB S. 7: SCRLDGmain, Kälteerkennung im DCU, NOx-Rohemissionsmodell, Abgasheizen).
Ein solcher Katalysator ist offensichtlich - und wie die Beklagte unbestritten vorgetragen hat - in dem 2012 unter der Schadstoffnorm Euro 5 erstzugelassenen Fahrzeug (vgl. Zulassungsbescheinigung Teil I) gar nicht vorhande...