Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwendungsausschluss nach Vaterschaftsfeststellung
Leitsatz (amtlich)
Um die schnelle Durchsetzung desUnterhaltsanspruchs zu gewährleisten, muss der Einwendungsausschluss des § 237Abs. 3 S. 3 FamFG auch dann bestehen bleiben, wenn im Verlauf des Verfahrensdie Vaterschaft rechtskräftig feststeht oder anerkannt wird.
Normenkette
BGB § 1612a Abs. 1; FamFG § 179 Abs. 1 S. 2, § 237 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 16.11.2017; Aktenzeichen 527 F 3766/17) |
Tenor
1. Der Endbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.11.2017 wird aufgehoben.
2. Der Antragsgegner zahlt an die Antragstellerin zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters einen monatlichen im Voraus fälligen Kindesunterhalt,
a) ab dem 01.07.2016 bis 31.08.2017 den jeweiligen Mindestunterhalt der 1. Altersstufe gemäß § 1612 a Abs. 1 BGB, abzgl. des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind
b) ab dem 01.09.2017 bis 31.08.2023 den jeweiligen Mindestunterhalt der 2. Altersstufe gemäß § 1612 a Abs. 1 BGB abzgl. des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind und
c) ab 01.09.2023 den jeweiligen Mindestunterhalt der 3. Altersstufe gemäß § 1612 a Abs. 1 BGB abzgl. des hälftigen Kindergeldes.
3. Der Antragsgegner trägt die Kosten der ersten und zweiten Instanz.
4. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.956,00 Euro festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Zur Begründung der Entscheidung ist auszuführen (§ 117 Abs. 4 FamFG):
I. Die Sache betrifft ein Verfahren auf Festsetzung von Kindesunterhalt und Vaterschaftsfeststellung, §§ 237, 179 Abs. 1 Satz 2 FamFG.
Mit (getrennten) Anträgen vom 10.04.2017 begehrt die Antragstellerin, vertreten durch das Stadtjugendamt München als Beistand, die Festsetzung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts nach § 237 FamFG, sowie die Feststellung, dass der Antragsgegner der Vater der Antragstellerin ist. Die Verfahren wurden beim Amtsgericht - Familiengericht - München unter den Az.: 527 F 3765/17 und Az.: 527 F 3766/17 geführt. Das Amtsgericht hat die Verfahren nicht verbunden.
Im Termin zur Anhörung der Beteiligten am 24.05.2017 im Verfahren Az.: 527 F 3765/17 auf Feststellung der Vaterschaft, hat der Antragsgegner ein außergerichtlich in Auftrag gegebenes Abstammungsgutachten ... vom 30.01.2017 vorgelegt. Das Abstammungsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner der Vater der Antragstellerin ist.
Das Amtsgericht München hat das Abstammungsgutachten ... vom 30.01.2017 mit Zustimmung der Beteiligten als Beweis für die Vaterschaft des Antragsgegners zugelassen.
Ebenfalls im Termin vom 24.05.2017 hat das Amtsgericht mit deren Zustimmung die Beteiligten im Unterhaltsverfahren im Rahmen des vom Antragsgegner gestellten Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe angehört. Der Antragsgegner hat sich auf eingeschränkte, bzw. Leistungsunfähigkeit berufen.
Mit Beschluss vom 29.05.2017 hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Antragsgegner ... der Vater der Antragstellerin ... ist.
Die mündliche Verhandlung im Unterhaltsfestsetzungsverfahren fand am 24.10.2017 statt.
Mit Beschluss vom 16.11.2017 hat das Amtsgericht München den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin ab 01.12.2017 einen monatlichen laufenden Kindesunterhalt in Höhe von 152,- EUR zu bezahlen und rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum vom 01.07.2016 bis 30.11.2017 in Höhe von 2.986,- EUR.
Zur Begründung führt das Amtsgericht aus, dass die Vaterschaft des Antragsgegners nunmehr seit Juli 2017 rechtskräftig festgestellt ist und die Beschränkung des § 237 Abs. 3 Satz 3 FamFG nicht mehr anwendbar sei. Diese Beschränkung verfolge den Zweck, das Abstammungsverfahren nicht mit langwierigen Auseinandersetzungen im Unterhaltsbereich zu verzögern und dem Kind einen schnellen Titel zu verschaffen. Wenn jedoch, wie im Fall aufgrund einer rechtskräftigen Vaterschaftsfeststellung kein Bedürfnis mehr für diesen besonderen Schutz bestehe, sei es nicht mehr gerechtfertigt und prozessökonomisch nicht mehr sinnvoll, die Verteidigungsmöglichkeiten des bereits rechtskräftig festgestellten Vaters einzuschränken und ihn auf ein Abänderungsverfahren zu verweisen.
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 16.11.2017 richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 30.04.2018.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass es in einem Verfahren nach § 237 FamFG, in dem lediglich der Mindestunterhalt geltend gemacht wird, dem Antragsgegner nicht gestattet sei eine Herabsetzung des Unterhalts zu verlangen. Es sei entgegen der Ansicht des Amtsgerichts gerade nicht zu prüfen, ob dem Kind ein höherer oder niedriger Unterhaltsanspruch zustehe. Der Antragsgegner könne sich daher weder auf eine beschränkte Leistungsfähigkeit noch auf eine vollständige Leistungsunfähigkeit berufen.
Der Antragsgegner wendet gegen die Beschwerde ein, dass aufgrund der rechtskräftigen Vaterschaftsfeststellung die Beschränkung des § 237 Abs. 3, S. 3 FamFG nicht mehr greife. Er sei bereits ... Jahre alt. Bei diesem Alter ...