Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zuständigkeit des bestimmenden Gerichts.

2. Ein Gericht ist nicht schon deshalb für die Zuständigkeitsbestimmung zuständig, weil in seinem Bezirk der Anbieter einer Vermögensanlage seinen Sitz hat und Prospektfehler behauptet werden, wenn keiner der zukünftigen Beklagten zum Kreis der Prospektverantwortlichen gehört.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 32b Abs. 1

 

Tenor

Das OLG München erklärt sich für unzuständig. Die Sache wird an das örtlich zuständige OLG Stuttgart verwiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller macht gegen die Antragsgegnerinnen Schadensersatzansprüche aus einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage geltend. Er beteiligte sich auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin zu 1 an einem Fonds, dessen Gegenstand die Produktion sowie Vermarktung von Filmen über den Abschluss von Lizenzverträgen waren. Die Antragsgegnerin zu 2 ist Rechtsnachfolgerin eines Kreditinstituts, welches laut Prospekt für die Verpflichtungen von Lizenznehmern zur Erbringung der vereinbarten Lizenzzahlungen einstehen sollte.

Der Antragsteller hat seinen allgemeinen Gerichtsstand beim LG Marburg. Der Sitz der Antragsgegnerin zu 1 befindet sich in Stuttgart, derjenige der Antragsgegnerin zu 2 in Frankfurt/M. Als (besonderer) Gerichtsstand des Erfüllungsorts für die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1 kommt der Bezirk des LG Siegen in Frage, weil der Antragsteller seinem Vortrag zufolge von dort aus die gegenständliche Fondsberatung in Anspruch nahm. Für die Beratungsleistung der Antragsgegnerin zu 1 war deren Filiale in Konstanz zuständig; insoweit kommt beim dortigen LG der besondere Gerichtsstand des § 21 ZPO in Betracht.

Der Antragsteller wirft der Antragsgegnerin zu 1 Verletzung des Anlageberatungsvertrags vor, die Antragsgegnerin zu 2 sei aus Prospekthaftung im weiteren Sinn verantwortlich, da ihre Rechtsvorgängerin den Antragsteller vorvertraglich auf Prospektfehler hätte hinweisen müssen. Als im Verkaufsprospekt als einziges allgemein bekanntes Unternehmen genannt habe letztere besonderes Vertrauen in Anspruch genommen. Sie habe auch bei der Gestaltung des Prospektes mitgewirkt. Daher habe sie für die fehlerhaften Prospektangaben einzustehen. Der Antragsteller ist der Meinung, es bestehe somit für die Antragsgegnerin zu 2 der ausschließliche Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO am Sitz des Anbieters, der sich im Bezirk des LG München I befindet.

Unter dem 25.7.2011 hat der Antragsteller Bestimmung des gemeinsam zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt und angeregt, für seinen beabsichtigten Rechtsstreit gegen die Antragsgegnerinnen zu 1 und 2 das LG München I zu bestimmen. Auf rechtlichen Hinweis vom 21.9.2011 hat der Antragsteller hilfsweise Verweisung an das OLG Stuttgart beantragt. Die Antragsgegnerinnen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Das OLG München ist für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nicht zuständig.

Die Zuständigkeit richtet sich nach § 36 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Hiernach ist bei Vorbefassung eines Gerichts das ihm übergeordnete OLG zuständig, sonst, wenn der Gerichtsstand der Streitgenossen in verschiedenen oberlandesgerichtlichen Bezirken liegt, jedes der betroffenen OLG (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO, 28. Aufl., § 36 Rz. 17 m.w.N.). Auch insoweit ist unter diesen Gerichten das OLG zuständig, das im Bestimmungsverfahren zuerst befasst worden ist. Aus Gründen der Prozessökonomie gilt dies auch, wenn in dessen Bezirk keine der Personen, die verklagt werden sollen, ihren allgemeinen Gerichtsstand hat (BGH NJW 2008, 3789; vgl. Musielak/Heinrich ZPO, 8. Aufl., § 36 Rz. 9). Es muss aber ein sonstiger Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit dieses OLG bestehen (vgl. BGH NJW 2008, 3789; BGH vom 21.1.2009 - Xa ARZ 273/08, zitiert nach juris). Als solcher Anküpfungspunkt, der auf das Verfahren bezogen sein muss, wird in der Regel eine anderweitige - besondere oder ausschließliche - Zuständigkeit in Frage kommen (vgl. z.B. BGH Beschluss vom 21.1.2009 bei Rz. 11). Ein derartiger Anknüpfungspunkt ist hier aber nach dem dafür maßgeblichen Vortrag des Antragstellers nicht ersichtlich.

Keine der Antragsgegnerinnen hat ihren allgemeinen Gerichtsstand (§ 17 ZPO) im Bezirk des OLG München. Auch der Gerichtsstand des Erfüllungsorts (§ 29 ZPO) befindet sich nicht hier. Schließlich ist jener des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO im Bezirk des zunächst angerufenen OLG nicht gegeben. Unerheblich ist hierfür, dass der Anbieter (die im Bezirk des LG München I ansässige Anlagegesellschaft) nicht mitverklagt werden soll; denn die Zuständigkeitskonzentration am Sitz des Anbieters setzt dies nicht voraus (vgl. OLG München - 31. Zivilsenat - NJW-RR 2007, 1644/1645). Indessen müsste auch eine der Antragsgegnerinnen als "sonstige Prospektverantwortliche" anzusehen sein. Die vorgetragene "Prospekthaftung im weiteren Sinn" eröffnet diesen Gerichtsstand aber nicht.

Mögliche Beklagte sind im Fall des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO (nur) die für die öffentliche Kapitalmarktinformati...

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