Leitsatz (amtlich)
Steht fest, dass eine an fortschreitender Demenz leidende, aber noch verhältnismäßig mobile Bewohnerin sich bei einem unbeaufsichtigten Verlassen des Heimes erheblich an Leben oder Gesundheit gefährden würde und belegen wiederholte dokumentierte Vorfälle in der nahen Vergangenheit ihren Antrieb, die geschlossene Abteilung bei sich bietender Gelegenheit zu verlassen, kann dies grundsätzlich die weitere geschlossene Unterbringung durch den Betreuer rechtfertigen. Nicht erforderlich ist der Nachweis, dass die Betroffene aus der Einrichtung als solcher bereits weggelaufen ist oder ggf. weglaufen würde.
Normenkette
BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 24.01.2006; Aktenzeichen 4 T 4721/05) |
AG Altötting (Aktenzeichen XVII 0028/01) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 24.1.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Für die Betroffene, die nach mehreren Hirninfarkten an einem fortgeschrittenen dementiellen Syndrom leidet, wurde im Januar 2001 zunächst ihre Tochter zur Betreuerin bestellt. Nach deren Entlassung auf eigenen Wunsch übertrug das VormG am 4.7.2002 die Betreuung ihrem Sohn. Der Aufgabenkreis umfasst u.a. die Aufenthaltsbestimmung einschl. der Entscheidung über die geschlossene Unterbringung und die Sorge für die ambulante und stationäre Heilbehandlung sowie ferner "Abschluss, Änderung, Kontrolle der Einhaltung des Heimvertrages". Die Betroffene hält sich seit März 2001 im "Seniorenpark A.P.V." in G. auf; sie war von Anfang an mit richterlicher Genehmigung geschlossen untergebracht.
Mit Beschluss vom 25.11.2003 verlängerte das VormG die Betreuung und legte als spätesten Überprüfungstermin den 24.11.2008 fest. Zugleich verlängerte es die erteilte Genehmigung der Unterbringung der Betreuten in der geschlossenen Abteilung eines Altersheimes bis längstens 17.11.2004. Ein entsprechender weiterer Genehmigungsbeschluss erging am 19.11.2004, befristet bis 18.11.2005.
Am 6.12.2005 lehnte das VormG die weitere Genehmigung der geschlossenen Unterbringung der Betroffenen ab, weil die Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 BGB nicht vorlägen. Eine solche Maßnahme sei im Lichte der verfassungsrechtlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung nicht verhältnismäßig, weil es an der Erforderlichkeit fehle. Die richterliche Anhörung habe ergeben, dass die Betroffene ihren gewohnten Bereich nicht verlassen wolle. Das entgegenstehende Gutachten des Sachverständigen Dr. N. vom 24.11.2005 sei nicht hinreichend aussagekräftig. Das Heim müsse die Betroffene ggf. "halboffen" unterbringen. Das Gericht ordnete die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung an.
Am 7.12.2005 legte der Betreuer Beschwerde hiergegen ein. Die Betroffene sei verwirrt, desorientiert und sehr unruhig. Sie bedürfe ständiger Beaufsichtigung. Könnte sie sich von der Station unbemerkt entfernen, würde sie sich hierdurch gesundheitlich erheblich gefährden. Deshalb stelle er einen "Eilantrag zur weiteren beschützenden Unterbringung" der Betroffenen. Mit Beschluss vom 16.12.2005 genehmigte das LG die vorläufige Unterbringung der Betroffenen in der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung bis längstens 25.1.2006. Eine sofortige weitere Beschwerde hiergegen wies der Senat mit Beschluss vom 20.1.2006 zurück.
Nach Anhörung der Betroffenen hob das LG mit Beschluss vom 24.1.2006 den amtsgerichtlichen Beschluss vom 6.12.2005 auf und genehmigte die Unterbringung der Betroffenen in der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung bis längstens 19.1.2008. Hiergegen legte die Verfahrenspflegerin am 8.2.2006 sofortige weitere Beschwerde ein mit dem Ziel der Aufhebung der Unterbringungsgenehmigung.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat in seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Voraussetzungen für die Genehmigung einer Unterbringung in der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung seien erfüllt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen vom 24.11.2005 leide die Betroffene an einem fortgeschrittenen dementiellen Syndrom bei schwerer vaskulärer Demenz. Aufgrund dieser Erkrankung sei ihre freie Willensbestimmung ausgeschlossen.
Die geschlossene Unterbringung sei erforderlich, weil die Betroffene auf einer offenen Station mit hoher Wahrscheinlichkeit das Pflegeheim verlassen und sich dann erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügen würde. Es lägen ausreichende Anhaltspunkte für eine ernstliche und konkrete Gefahr für die Betroffene vor. Die Betroffene leide an erheblichen kognitiven Defiziten und sei nicht in der Lage, sich zu orientieren. Bei der sehr mobilen Betroffenen lägen erhebliche Weglauftendenzen vor. Dies ergebe sich aus verschiedenen in der richterlichen Anhörung dargelegten Vorfällen. Die Unterbringung sei auch verhältnismäßig. Ein Weglaufen der Betroffenen könne auch nicht durch eine Beaufsichtigung seitens des Heimpersonals verhindert werden. Es sei kein Personal vorhanden, um die Betroffene, wenn sie die Station verlassen würde, zu begleiten und zu ...