Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Der Tatbestand des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln ist (nur dann) nicht erfüllt, wenn das Rauschgift nur zum Mitgenuss oder in der verbrauchsgerechten Menge zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle hingegeben wird.

  • 2.

    Wer duldet, dass in seiner Wohnung über Wochen hinweg regelmäßig Treffen stattfinden, deren Zweck der Konsum von Betäubungsmitteln ist, gewährt anderen die Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln.

 

Tatbestand

I.

1.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und des Verschaffens einer Gelegenheit zum unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln in zehn Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen vom Angeklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht verworfen. Der Entscheidung liegen u.a. folgende Feststellungen zugrunde:

  • 1.

    Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 1.9. und dem 20.10.2003 übernahm der Angeklagte unentgeltlich von der Zeugin X eine Ecstasy-Tablette in seiner damaligen Wohnung, um sie zu einem späteren Zeitpunkt nach der Übergabe durch selbst zu konsumieren.

  • 2.

    Der Angeklagte war alleiniger Mieter der Wohnung in A. Als solcher duldete er, dass zwischen dem 1.9. und dem 20.10.2003 in mindestens 10 Fällen so genannte Kiffer-Runden mit durchschnittlich 5 Teilnehmern durchgeführt wurden, bei denen von verschiedenen Personen Cannabis zur Verfügung gestellt wurde, welches dann gemeinsam verraucht wurde. An diesen 10 Kiffer-Runden nahm der am 24.10.1988 geborene Zeuge Y teil. In 2 Fällen brachte dieser ebenfalls Cannabis in die Raucher-Runden ein, in 8 Fällen wurde diesem von anderen Personen Cannabis zum Konsum überlassen. Der Angeklagte wusste, dass in allen Fällen einige Personen zu den Kiffer-Runden kamen, die selbst kein Cannabis hatten und dies erst in den Kiffer-Runden erwarben. Der Angeklagte förderte dies durch Überlassung seiner Wohnung und Gestattung der Raucher-Runden. Durch das Zurverfügungstellen seiner Wohnung war es den Teilnehmern ungefährlich möglich, sich dem Cannabiskonsum hinzugeben.

Der Angeklagte besaß in keinem der Fälle eine zum Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis im Sinne von § 3 Abs. 1 BtMG.

2.

Mit seiner Revision rügte der Verteidiger die Verletzung materiellen Rechts. Der Angeklagte sei zu Unrecht des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln für schuldig befunden worden. Entgegen der von der Kammer vertretenen Rechtsauffassung setze ein strafloser alsbaldiger Verbrauch keineswegs voraus, dass der Übernehmende das Betäubungsmittel in Gegenwart des Übergebers konsumiere. Auch die Verurteilung wegen des Verschaffens einer Gelegenheit zum unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln in zehn Fällen sei rechtsfehlerhaft. Das Urteil sei zum einen widersprüchlich, da es einerseits davon ausgehe, dass der Angeklagte alleiniger Mieter der Wohnung gewesen sei, im Rahmen der Strafzumessung aber ausgeführt werde, eine Zeugin habe damals mit dem Angeklagten in dessen Wohnung gelebt. Allenfalls für die Zeugin, die nach den Urteilsfeststellungen treibende Kraft bezüglich der Kifferrunden gewesen sei, habe eine Verpflichtung bestanden, die genannten Personen der Wohnung zu verweisen. Im Übrigen könne allein der Umstand, dass sich in der Wohnung wiederholt Personen getroffen haben, um mitgebrachte Betäubungsmittel gemeinsam zu konsumieren, keine Strafbarkeit des Angeklagten begründen. Der Konsum von Betäubungsmitteln setze nicht zwangsläufig einen vorherigen Erwerb voraus.

Die gemäß §§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO zulässige Revision hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

1.

Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen des Erwerbs von Betäubungsmitteln richtet.

a)

Hauptkriterium des Erwerbs ist es, dass der Erwerber die tatsächliche Möglichkeit erlangt, über das Betäubungsmittel wie ein Eigentümer zu verfügen. Wird das Rauschgift nur zum Mitgenuss oder in der verbrauchsgerechten Menge zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle hingegeben, so ist der Tatbestand des Erwerbs von Betäubungsmitteln nicht erfüllt (Joachimski/Haumer BtMG 7. Aufl. § 3 Rn. 39; Weber BtMG 2. Aufl. § 29 Rn. 713, 721). Dies hindert hier eine Verurteilung gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jedoch nicht. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, von denen im Rahmen der allein erhobenen Sachrüge auszugehen ist, lassen den Schluss zu, dass der Angeklagte eigene Verfügungsgewalt über die Ecstasy-Tablette erlangt hat.

b)

Die Verurteilung ist im Ergebnis auch nicht wegen der unterbliebenen Feststellung der Wirkstoffmenge der Tablette zu beanstanden. Zwar spielt neben der Menge des Rauschgifts insbesondere dessen Qualität grundsätzlich eine wesentliche Rolle für den Schuldumfang und die Strafzumessung. Feststellungen zum Mindestwirkstoffgehalt sind hier jedoch ausnahmsweise entbehrlich, da das Landgericht ersichtlich vom Erwerb lediglich einer Konsumportion zum Eigenverb...

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