Leitsatz (amtlich)

Im Spruchverfahren können dem Antragsteller im Einzelfall ausnahmsweise nach Billigkeitsgesichtspunkten gemäß § 84 FamFG i.V.m. § 17 Abs. 1 SpruchG die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners für das Beschwerdeverfahren auferlegt werden. § 15 SpruchG steht nicht entgegen (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 13.12.2011 - II ZB 12/11, NZG 2012, 191).

 

Normenkette

SpruchG §§ 15, 17 Abs. 1; FamFG §§ 84, 81 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 5 HK O 20284/14)

 

Tenor

1. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin.

2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Ausnahme des Beschwerdeführers schlossen im vorliegenden Spruchverfahren alle Beteiligten vor dem LG einen Teil-Vergleich, mit dem die im Beschluss vom 31.7.2014 festgelegte Barabfindung an die Minderheitsaktionäre von 190 EUR auf 215 EUR je Aktie erhöht wurde. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Festsetzung einer höheren Barabfindung wies das LG mit Beschluss vom 31.3.2016 zurück. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 7.4.2016 mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zugestellt, die darauf hinweist, dass die Beschwerde nur durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt werden kann.

Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer mit eigenhändig unterschriebenem Schreiben vom 04.05.2016 ein von ihm als "Berufung" bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt. Dieses Schreiben war nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet.

Das LG München I hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Mit Eingangsverfügung vom 19.05.2016 hat der Senat den Beschwerdeführer auf die Unzulässigkeit seiner Beschwerde hingewiesen und ihm die Beschwerderücknahme nahegelegt. Mit Schreiben vom 05.06.2016 hat der Beschwerdeführer die Beschwerde zurückgenommen.

II. Im Hinblick auf die Beschwerderücknahme hat das Beschwerdegericht nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden (vgl. KK-AktG/Wilske, 3. Aufl. ≪2013 ≫ § 12 SpruchG Rn. 48; Fritzsche in Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, 2. Aufl. ≪2016 ≫ § 12 Rn. 56 aE).

1. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Nach § 15 Abs. 1 SpruchG können die Gerichtskosten ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Belastung eines Antragstellers mit den Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens kommt insbesondere dann in Betracht, wenn - wie vorliegend die Beschwerde bei Einlegung offensichtlich von vorneherein ohne Erfolgsaussichten war (BGH, NZG 2012, 191 Rn. 23; Drescher in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. ≪2015 ≫ § 15 SpruchG Rn. 21).

Die Beschwerde des Antragstellers war von Anfang an offensichtlich ohne Erfolgsaussichten, weil sie unter Verstoß gegen die Formvorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 SpruchG nicht durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift erfolgte. Die verfahrensbeendende Beschwerderücknahme hat ihren Grund - wie der Beschwerdeführer selbst im Rahmen seiner Beschwerderücknahme ausgeführt hat - in der offensichtlichen Unzulässigkeit des vom ihm eingelegten Rechtsmittels. Die Unzulässigkeit seiner Beschwerde war für den Beschwerdeführer bereits bei Beschwerdeeinlegung ohne weiteres erkennbar, weil er über die einzuhaltende Form im Rahmen der dem Beschluss vom 31.03.2016 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich und ausführlich belehrt wurde.

Es entspricht daher der Billigkeit, dem Beschwerdeführer die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

2. Der Beschwerdeführer hat auch seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Der Senat sieht angesichts der Rücknahme der von Anfang an unzulässigen Beschwerde keinen Anlass, die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers der Antragsgegnerin nach § 15 Abs. 2 SpruchG aufzuerlegen.

3. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 17 Abs. 1 SpruchG, § 84 FamFG auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Antragsgegnerin zu erstatten.

Gemäß § 84 FamFG soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Zwar hat die Rechtsprechung für Verfahren vor In-Kraft-Treten des FamFG entschieden, dass in Spruchverfahren die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners für das Beschwerdeverfahren nicht dem Antragsteller auferlegt werden können (grundlegend BGH, NZG 2012, 191 Rn. 11 ff., Rn. 21).

Unter der Geltung des FamFG können aber nach Auffassung des Senats ausnahmsweise unter Billigkeitsgesichtspunkten dem Beschwerdeführer gemäß § 84 FamFG die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren auferlegt werden (vgl. Drescher in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. [2015] § 15 SpruchG Rn. 26 aE; befürwortend Mennicke in: Lutter, Umwandlungsgesetz, 5. Aufl. ≪2014 ≫ § 15 SpruchG Rn. 18). § 15 SpruchG steht dem nicht entgegen.

Nach der zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des FamFG er...

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