Leitsatz (amtlich)
1. Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte im Nachlassverfahren nach dem Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI.
2. Passiva zählen nicht zum Nachlassvermögen im Sinne des Art. 10 Abs. 2 EuErbVO.
Normenkette
EuErbVO Art. 4, 10-11
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 612 VI 5854/23) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Nachlassgericht - vom 04.08.2023, Az. 612 VI 5854/23, wird zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der am 16.04.1927 in Marktl am Inn geborene Erblasser wurde im Jahr 1977 zum Erzbischof von München und Freising geweiht und im Jahr 1982 Kardinalpräfekt der Kongregation für die Glaubenslehre im Vatikan. Er war von seiner Wahl am 19.04.2005 an bis zu seinem Amtsverzicht am 28.02.2013 Papst und damit Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche sowie das Staatsoberhaupt des Staates Vatikanstadt. Als emeritierter Papst zog der Erblasser am 02.05.2013 in das Vatikankloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten der Vatikanstadt, wo er am 31.12.2022 verstarb.
Der Beschwerdeführer beantragte am 16.01.2023 bei dem Amtsgericht München - Nachlassgericht - die Anordnung einer Nachlasspflegschaft zur Ermittlung des bzw. der Erben des Erblassers und begründete dies mit einem von ihm gegen den Erblasser angestrengten zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht Traunstein, Az. 5 O 1304/22, welches nach dem Tod des Erblassers gegen die - jedenfalls dem Beschwerdeführer unbekannten - Erben fortgeführt werden solle. Mit Beschluss vom 04.08.2023 wies das Nachlassgericht diesen Antrag als unzulässig zurück mit der Begründung, dass es zur Entscheidung hierüber bereits international nicht zuständig sei. Im Übrigen sei der Antrag aber auch unbegründet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 28.09.2023. In der Beschwerdebegründung vom 18.10.2023 stimmte der Beschwerdeführer dem Nachlassgericht zwar darin zu, dass die Voraussetzungen einer internationalen Zuständigkeit des Amtsgerichts München nach Art. 10 EuErbVO nicht vorliegen, jedenfalls wenn man der Auffassung sei, dass Passiva nicht zum Nachlassvermögen iSv. Art. 10 Abs. 2 EuErbVO gehören. Jedoch habe das Nachlassgericht übersehen, dass nach Art. 11 EuErbVO eine internationale Notzuständigkeit des Amtsgerichts München bestehe.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 26.10.2023 nicht abgeholfen und die Akten mit Verfügung vom selben Tag dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Mit Verfügung vom 08.11.2023 übermittelte das Nachlassgericht dem Senat im Nachgang zur Akte die Beschwerdebegründung vom 18.10.2023 mit dem Hinweis, dass diese der zuständigen Richterin erst an diesem Tag vorgelegt worden sei und führte u.a. aus, dass und aus welchen Gründen es eine Notzuständigkeit des Amtsgerichts München für nicht gegeben erachte.
Das Geburtshaus des Erblassers in Marktl am Inn wurde im Frühjahr 2006 durch eine kirchliche Stiftung aus Privatbesitz erworben. Das ehemalige Eigenheim des Erblassers in Pentling, welches dieser Ende 1970 bezogen hatte, übertrug der Erblasser im August 2010 an das "Institut Papst Benedikt XVI.".
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird vollumfänglich auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Nachlassgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 04.08.2023 im Ergebnis zutreffend als unzulässig zurückgewiesen.
1. Der Senat kann sogleich in der Sache entscheiden. Zwar hat sich das Nachlassgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung nicht mit dem Beschwerdevorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer etwaigen internationalen Notzuständigkeit der deutschen Gerichte gem. Art. 11 EuErbVO auseinandergesetzt, sondern lediglich pauschal auf die im angefochtenen Beschluss genannten Gründe Bezug genommen, da es ersichtlich davon ausgegangen ist, dass die Beschwerde nicht begründet worden war. Nachdem die Entscheidung des Nachlassgerichts im Ergebnis jedoch nicht zu beanstanden ist und es überdies auch im Rahmen seiner Verfügung vom 08.11.2023 bereits dargelegt hat, dass und aus welchen Gründen es eine Notzuständigkeit nach Art. 11 EuErbVO nicht für gegeben erachte, war eine Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung und Zurückverweisung an das Nachlassgericht zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens vorliegend nicht erforderlich.
2. Wie das Nachlassgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, ist das Amtsgericht München vorliegend bereits international nicht zuständig.
a) Der Erblasser hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt seines Todes bereits durchgehend jedenfalls seit dem Jahr 2005 zweifelsohne im Staat Vatikanstadt. Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gem. Art. 4 EuErbVO scheidet daher aus.
b) Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 10 EuErbVO i...