Entscheidungsstichwort (Thema)

Kaufvertrag, Vorabentscheidungsersuchen, Fahrzeug, Kommission, Aussetzung, Wartepflicht, Verfahren, PKW, Nutzung, Register, Verpflichtung, Vergleich, Betriebserlaubnis, Schutzgesetz, Aussetzung des Verfahrens, gefestigter Rechtsprechung

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Urteil vom 12.04.2022; Aktenzeichen 021 O 3107/21)

 

Tenor

1. Der - erneute - Antrag des Klägers, bis zur Entscheidung des Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof im Verfahren VIa ZR 335/21 das Verfahren gemäß § 148 ZPO auszusetzen bzw. eine Entscheidung des Senats zurückzustellen, wird zurückgewiesen.

Soweit der Schriftsatz des Klägers vom 07.09.2022 als Gegenvorstellung gegen den Senatsbeschluss vom 05.07.2022 zu verstehen ist, wird diese zurückgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 12.04.2022, Aktenzeichen 021 O 3107/21, wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Das in Ziffer 2 genannte Urteil des Landgerichts Augsburg und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 45.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

1. Der Senat hat die Argumentation in den Schriftsätzen des Klägers vom 29.06.2022 und vom 07.09.2022 geprüft, hält aber an seiner im Hinweisbeschluss vom 29.06.2022 dargelegten Rechtsauffassung fest. Auch die Stellungnahme des Generalanwaltes beim Europäischen Gerichtshof vom 02.06.2022 - C-100/21, ECLI:ECLI:EU:C:2022:420, gibt zu einer Aussetzung des Verfahrens keine Veranlassung. In Anwendung seines richterlichen Ermessens hält der Senat weiterhin eine Aussetzung des Verfahrens nicht für sachgerecht.

Der Senat hat die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, insbesondere die Urteile des EuGH vom 17.12.2020 - C-693/18, NJW 2021, 1216 und vom 14.07.2022 (C-128/20, BeckRS 2022, 16622, C-134/20, BeckRS 2022, 16621, C-145/20, BeckRS 2022, 16620) ausgewertet und seine Entscheidung hieran orientiert. Auf dieser Grundlage hat der Senat unter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts die Überzeugung gebildet, dass vorliegend die richtige Anwendung des Unionsrechts, insbesondere die Frage des Drittschutzes des Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 und der RL 2007/46/EG angesichts des Wortlauts, der Regelungssystematik und des Regelungszwecks des geltenden Unionsrechts derartig offenkundig zu beantworten ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 04.08.2021 - VII ZR 280/20, BeckRS 2021, 28852 Rn. 1; BGH, NJW 2020, 2798, 2799 f.) und der Senat hierdurch auch nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht. Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und für den Gerichtshof der Europäischen Union die gleiche Gewissheit bestünde. Der Senat ist nicht bereits deshalb zur Anrufung des Europäischen Gerichtshofs verpflichtet, weil einzelstaatliche Gerichte in Rechtssachen, die der beim Senat anhängigen ähneln und die gleiche Problematik betreffen, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 1 - 3 AEUV vorgelegt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015 - C-72/14, C-197/14, BeckRS 2015, 8..1095 BGH, NVwZ-RR 2020, 436 Rn. 51). Ebenso wenig ist der Senat verpflichtet, die Antwort auf diese Frage abzuwarten und das bei ihm rechtshängige Verfahren analog § 148 ZPO auszusetzen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2015 - C-72/14, C-197/14, BeckRS 2015, 81095; BGH, NVwZ-RR 2020, 436 Rn. 51). Der Bundesgerichtshof hat dies jüngst mit Beschluss vom 14.06.2022 - VIII ZR 409/21, BeckRS 2022, 15514 für eine Vorlage zum Europäischen Gerichtshof (wiederum durch das Landgericht Ravensburg) zum Verhältnis zwischen Verbraucherkreditlinie und Kilometerleasingverträgen nochmals ausdrücklich bestätigt.

Eine Verpflichtung der Instanzgerichte, Verfahren aus dem Bereich der sogenannten Abgasthematik bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-100/21 auszusetzen, ist auch der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 01.07.2022, Nr. 104/2022, zur Sache VIa ZR 335/21 nicht zu entnehmen. Eine solche Verpflichtung besteht nach gefestigter Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs im Falle von Vorabentscheidungsersuchen anderer nationaler Gerichte gerade nicht (s. o.). Demzufolge hat der Senat auch keinen Anlass anzunehmen, dass der Bundesgerichtshof mit seiner Presseerklärung vom 01.07.2022 im Verfahren Via ZR 335/21 hiervon abweichen und eine Wartepflicht der Instanzgerichte statuieren wollte. Der Senat versteht diese Pressemitteilung vielmehr dahin, dass der Bundesgerichtshof gelegentlich der Verhandlung am 21.11.2022 denjeni...

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