Leitsatz (amtlich)
1. Eine Ausbildung zum Sozialwirt (bfz-FH), bei den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft in Kooperation mit der Fachhochschule Ravensburg-Weingarten ist nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien (BayObLGZ 1999, 275 [276 f.]; BayObLGZ 2000, 248 [250]) an sich keine einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbare Ausbildung i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG.
2. Im Hinblick auf den Beschluss des BayObLG vom 29.12.1999 - 3Z BR 346/99 besteht jedoch ein Vertrauensschutz für Betreuer, die diese Ausbildung bisher absolviert haben. Ihnen ist daher ein Stundensatz gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG zu gewähren.
Normenkette
BVormVG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 18.02.2005; Aktenzeichen 4 T 3983/04) |
AG Traunstein (Beschluss vom 02.07.2004; Aktenzeichen XVII 271/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG vom 18.2.2005 aufgehoben.
II. Der Beschluss des AG Traunstein vom 2.7.2004 wird dahingehend abgeändert, dass die Vergütung für 17 Stunden und 58 Minuten und der Aufwendungsersatz aus der Staatskasse i.H.v. 708,09 EUR zu erstatten ist und die teilweise Zurückweisung des Antrags entfällt.
III. Der beteiligte Freistaat Bayern hat die der ehemaligen Betreuerin im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 166,73 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für die Betroffene war in der Zeit vom 9.2.2004 bis 23.3.2004 die Beschwerdeführerin als berufsmäßige Betreuerin bestellt. Mit Schreiben vom 6.4.2004 beantragte sie Vergütung und Aufwendungsersatz für ihre Tätigkeit i.H.v. 708,09 EUR. Dabei legte sie einen Stundensatz von 31 EUR zugrunde. Mit Beschluss des AG vom 2.7.2004 wurde ihr Vergütung und Aufwendungsersatz in Gesamthöhe von 541,36 EUR gewährt und der darüber hinausgehende Antrag zurückgewiesen. Die Weiterbildung der ehemaligen Betreuerin entspreche nicht einer Qualifikation nach § 1 Abs. 1 Ziff. 2 BVormVG. Demgemäß sei nur ein Stundensatz von 23 EUR zugrunde zu legen. Das LG hat diese Entscheidung mit Beschl. v. 18.2.2005 bestätigt. Hiergegen wendet sich die ehemalige Betreuerin mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie ihren ursprünglichen Antrag weiterverfolgt.
II. Das vom LG zugelassene (§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: Ein Stundensatz von 31 EUR sei gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BVormVG dann zu gewähren, wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse verfüge, die für die Führung der Betreuung nutzbar seien und wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben seien. Die Ausbildung der Betreuerin vermittle ausweislich des von ihr vorgelegten Studienplans besondere Kenntnisse, die für Betreuungen nutzbar seien. Einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbar sei eine Ausbildung jedoch nur dann, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt sei und das durch sie vermittelte Wissen in Breite und Tiefe dem durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium erworbenen Wissen entspreche. Abgeschlossen sei eine Ausbildung, wenn ihr Erfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegte Prüfung belegt sei. Auch wenn aufgrund des umfangreichen Lehrstoffs und der vorgesehenen Studiendauer von fünf Semestern mit insgesamt 920 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten eine Qualifikation erzielt werden könne, die Fachhochschulniveau aufweise, so mangle es dennoch an der staatlichen Reglementierung bzw. Anerkennung. Zwar sei eine staatliche Bildungsstelle, nämlich die Fachhochschule R.-Weingarten, insofern im Rahmen der Ausbildung mit eingebunden, als sie ausweislich der Stellungnahmen des Leiters des Instituts für Sozialwirtschaft dieser Fachhochschule für die inhaltlich-curriculare Gestaltung der Lehrinhalte sowie für die Durchführung und Überwachung des Prüfungsverfahrens nach Maßgabe einer Prüfungsordnung verantwortlich sei. Dies könne jedoch nicht darüber hinweghelfen, dass Bildungsträger des Ausbildungsganges eine private Einrichtung sei, nämlich die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz), und dass die Einbindung der Fachhochschule R.-Weingarten auf einem privaten Kooperationsvertrag mit diesem Bildungsträger beruhe. Eine staatliche Reglementierung bzw. Anerkennung könne hieraus aber nicht abgeleitet werden.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung i.E. nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Nach Art. 229 § 14 EGBGB i.d.F. des Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 21.4.2005 (BGBl. I, 1073) richten sich die Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche von Vormündern, Betreuern und Pflegern, die vor dem 1.7.2005 entstanden sind, nach den bis zum In-Kraft-Treten des Zweiten Betreuungsrechtsänderung...