Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Beschwerde im FGG-Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist eine außerordentliche Beschwerde, mit der die Verletzung anderer Verfahrensgrundsätze als die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt wird, jedenfalls dann nicht statthaft, wenn ein Fall greifbarer Gesetzwidrigkeit erkennbar nicht vorliegt.
Normenkette
FGG § 29a
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 16.02.2006; Aktenzeichen 5 HKO 5249/05) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 16.2.2006 wird verworfen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen Beschwerde wird auf 8.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller war seit der Gründung der Antragsgegnerin bis zu seiner Abberufung im Jahr 2001 Geschäftsführer der Antragsgegnerin. Mit Beschluss vom 16.2.2006 hat das LG München I den Antrag des Antragstellers, festzustellen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragsteller persönlich und/oder durch einen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und/oder Steuerberater u.a. Einsicht in ihre Bücher und Schriften zu gestatten, in dem Umfang stattgegeben, dass es festgestellt hat, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragsteller durch einen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und/oder Steuerberater Einsicht in ihre Bücher und Schriften zu gestatten. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen und ferner die sofortige Beschwerde nicht zugelassen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er sein Begehren auf persönliche Einsichtnahme in die Bücher der Antragsgegnerin weiter verfolgt und die er zugleich damit begründet, dass die angegriffene Entscheidung greifbar gesetzwidrig und für ihn eine Überraschungsentscheidung gewesen sei.
II. Das Rechtsmittel ist weder als sofortige Beschwerde noch als außerordentliche Beschwerde statthaft.
1. Bei gerichtlichen Entscheidungen über das Auskunft- und Einsichtsrecht findet die sofortige Beschwerde nur statt, wenn sie das LG in der Entscheidung für zulässig erklärt hat (§ 51b S. 1 GmbHG, § 132 Abs. 3 S. 2 AktG). Das LG München I hat unter Ziff. 5 des angegriffenen Beschlusses die sofortige Beschwerde ausdrücklich nicht zugelassen.
Diese Nichtzulassung ist bindend; die Entscheidung über die Zulassung unterliegt nicht der Nachprüfung durch das höhere Gericht (BayObLGZ 2002, 369 [371]).
2. Als außerordentliche Beschwerde ist das eingelegte Rechtsmittel weder wegen Verletzung rechtlichen Gehörs noch wegen Verletzung sonstiger Verfahrensvorschriften zulässig.
a) Gemäß § 29a FGG, der für das Auskunfts- und Einsichtsverfahren im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt (§ 51b Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 132 Abs. 3 S. 1, § 99 AktG) ist das Verfahren auf Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten in derselben Instanz fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht mehr gegeben ist und das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 29a Abs. 1 FGG). Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber - entsprechend § 321a ZPO - eine Möglichkeit der Selbstkorrektur der entscheidenden Instanz geschaffen. Soweit der Antragsteller die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, wäre hierfür ggf. der Rechtsbehelf nach § 29a FGG eröffnet gewesen. Eine außerordentliche Beschwerde wegen Verletzung rechtlichen Gehörs ist daher insoweit nicht statthaft (OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 555).
b) Ob die Vorschrift des § 29a FGG über ihren Wortlaut hinaus nicht nur bei Gehörsverletzungen Anwendung findet, sondern auch bei Verletzungen anderer Verfahrensgrundrechte im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, und ob eine solche Rüge mittels Gegenvorstellung in derselben Instanz oder durch außerordentliche weitere Beschwerde in nächst höherer Instanz geltend zu machen ist, kann dahinstehen. Die umstrittene Frage braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden (offen gelassen: BGH v. 19.7.2004, Beck RS 2004 Nr. 07643; OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 555; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 Rz. 39; dafür Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 29a Rz. 1, § 19 Rz. 15; dagegen für § 133a FGO; BFH NJW 2006, 861, Leitsatz 1; KG FGPrax 2005, 66). Denn die vom Antragsteller weiter geltend gemachten Verfahrensverstöße würden die Zulassung des Rechtsbehelfs der außerordentlichen Beschwerde jedenfalls im vorliegenden Fall nicht rechtfertigen.
aa) Nur unter bestimmten engen Voraussetzungen könnte die Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde überhaupt in Betracht kommen, nämlich in den Fällen, in denen die angefochtene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt, inhaltlich dem Gesetz fremd ist, wozu die Nichtbeachtung wesentlicher Verfahrensvorschriften alleine nicht ausreicht. Vielmehr hat sich der Rechtsbehelf der außerordentlichen Beschwerde auf wirkliche Ausnahmefälle krassen Unrechts zu beschränken (so BayObLGZ MittBayNot 2000, 136; KG FGPrax 200...