Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Volljährigenadoption aus wichtigem Grund. Beschwerdebefugnis des Erben. Beschwerdebefugnis des Nachlasspflegers. Aufhebung der Volljährigenadoption
Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Aufhebung der Volljährigenadoption abgelehnt, ist weder der Erbe des Antragstellers noch der Nachlasspfleger beschwerdebefugt.
2. Die Aufhebung der Adoption eines Volljährigen aus wichtigem Grund kann nicht auf einseitigen Antrag des Annehmenden erfolgen.
3. Ein Antrag auf Aufhebung einer Volljährigenadoption, der auf Erklärungsmängel gestützt wird, kann nur innerhalb der in § 1762 Abs. 2 BGB bestimmten Fristen gestellt werden.
Normenkette
FGG § 20; BGB § 1762 Abs. 2, § 1771
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 26.10.2006; Aktenzeichen 6 T 4692/06) |
AG Miesbach (Aktenzeichen XVI 6/05) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des LG München II vom 26.10.2006 wird verworfen.
II. Die Beteiligte zu 1) hat der Beteiligten zu 2) die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 18.4.1996 wurde nach Anhörung beider Beteiligter antragsgemäß die Annahme der Beteiligten zu 2) (geb. 1953) als Kind des Josef W. (geb. 1906) ausgesprochen. Der schwerhörige, nahezu blinde Adoptivvater lebte damals bereits seit rund zwei Jahren im Altenheim, seit 1994 bestand für ihn eine Betreuung. Nach den übereinstimmenden Erklärungen beider war durch die häufigen Besuche der Beteiligten zu 2) im Altenheim zwischen ihnen ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden.
Mit Schriftsatz seiner Betreuerin vom 8.12.1999 beantragte der Adoptivvater die Aufhebung der Adoption. Zur Begründung ließ er vortragen, dass sich die Beteiligte zu 2) kaum noch um ihn kümmere und die Voraussetzungen eines Eltern-Kind-Verhältnisses nicht mehr vorlägen. Es liege ein wichtiger Grund für die Aufhebung der Adoption vor, weil die Beteiligte zu 2) als damalige Betreuerin im Oktober 1996 Blinden- und Pflegegeld für ihren Adoptivvater beantragt und die Überweisung auf ihr eigenes Bankkonto veranlasst habe. Auf diese Weise seien bis Oktober 1999 Leistungen mit einem Gesamtbetrag von 18.691 DM an sie ausbezahlt worden, die sie erst nach mehrfacher Aufforderung durch die neue Betreuerin herausgegeben habe.
Die Beteiligte zu 2) widersetzte sich dem Antrag nicht. Mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 4.5.2000 wurde die Adoption aufgehoben. Der Adoptivvater ist am 24.3.2001 verstorben. Die Beteiligte zu 1) ist zur Nachlasspflegerin bestellt. Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts vom 4.5.2000 über die Aufhebung der Adoption wurde wegen Prozessunfähigkeit der Beteiligten zu 2) mit Beschluss vom 3.2.2006 aufgehoben. Die Nachlasspflegerin begründete den Antrag auf Aufhebung der Adoption zusätzlich damit, dass die Beteiligte zu 2) abredewidrig ihren Adoptivvater nicht zu Hause gepflegt, sondern ins Pflegeheim verbracht und dort nur unregelmäßig besucht habe. Zudem habe sich der Annehmende zum Zeitpunkt des Adoptionsverfahrens im Zustand einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befunden.
Das Vormundschaftsgericht hob mit Beschluss vom 17.7.2006 die Adoption auf mit der Begründung, es liege wegen der Vorgänge um das Blindengeld eine krasse Fehlentwicklung des Annahmeverhältnisses vor, die einen Antrag der Angenommenen entbehrlich mache. Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 2) Beschwerde ein, die zur Aufhebung der Entscheidung des Vormundschaftsgerichtes führte. Das LG vertrat die Auffassung, dass die angeführten Umstände zwar wichtige Gründe für die Aufhebung der Adoption i.S.d. § 1771 Satz 1 BGB darstellen könnten, jedoch nicht entgegen dem Gesetzeswortlaut die Aufhebung auf einseitigen Antrag hin ermöglichten. Selbst wenn die Beteiligte zu 2) das ihrem Adoptivvater zustehende Blindengeld veruntreut habe, lasse das ein Festhalten an der Adoption nicht unzumutbar erscheinen, zumal der Adoptivvater keine Einbuße an Lebensqualität erlitten und die Beteiligte zu 2) das übrige Vermögen korrekt verwaltet habe, das sich ohne den Grundbesitz auf 275.000 EUR belaufe. Das LG hob deshalb die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts auf und wies den Antrag auf Aufhebung der Adoption zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.
II.1. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 63, § 60 Abs. 1 Nr. 6, § 56 f. Abs. 3, § 29 Abs. 2, § 22 Abs. 1 FGG). Die Beteiligte zu 1) ist als Nachlasspflegerin jedoch nicht beschwerdeberechtigt. Ihr Rechtsmittel ist deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Auch eine Volljährigenadoption kann entsprechend § 1764 Abs. 1 Satz 2 BGB nach dem Tod des Annehmenden auf dessen Antrag hin ausgesprochen werden. Das durch den Aufhebungsantrag eingeleitete Verfahren wird deshalb bis zur Entscheidung über den Antrag fortgesetzt, auch wenn der Antragsteller vorher verstirbt. Gegen...