Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung der Formulierung „gleichzeitiges Ableben” im Testament. gemeinschaftliches Testament. Schlusserbeneinsetzung
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung der Formulierung "gleichzeitiges Ableben" in einem gemeinschaftlichen Testament, das weitere Erläuterungen enthält, welche über den seltenen Fall des zeitgleichen Ablebens hinausreichen.
Normenkette
BGB §§ 2084, 2269
Verfahrensgang
LG Coburg (Beschluss vom 03.04.2007; Aktenzeichen 41 T 6/07) |
AG Coburg (Beschluss vom 17.11.2006; Aktenzeichen VI 596/06) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des LG Coburg vom 3.4.2007 aufgehoben.
II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des AG Coburg vom 17.11.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Erblasserin ist am 8.6.2006 im Alter von 81 Jahren verstorben. Ihr Ehemann war vorverstorben. Die Erblasserin hinterließ vier Kinder, die Beteiligten zu 1 bis 4. Die Eheleute verfassten am 8.3.1988 folgendes gemeinschaftliche Testament:
"Testament
Wir die Eheleute H. und M.H. setzen uns hiermit gegenseitig zu alleinigen Erben unseres gesamten Nachlasses ein.
Im Falle dass beide gleichzeitig Ableben, wünschen wir: J.H. unser Sohn soll das Haus, sowie Grundstück mit Garage bekommen. Er hat an seine Schwestern M.M. und an S. jeder 40.000 DM Vierzigtausend zu zahlen. Unser Sohn W.H. soll nur seinen Pflichtteil erhalten, da er sich von uns abgewand hat. Denn wer von uns zu Lebzeiten nichts wissen will, braucht auch nach unserem Ableben nichts. Sollte noch Geld und Wertsachen vorhanden sein, so mögen sich die 3 obengenannten Geschwister, M., J. und S. es sich zu gleichen Teilen teilen. J. müsste seinem Bruder W. den Pflichtteil, wenn er nicht darauf verzichtet übernehmen.
C.d. 8.3.1988 C.d. 8.3.1988
H.H. M.H. geb. L."
Der Beteiligte zu 3 ist der Meinung, dass er einziger Schlusserbe geworden sei und beantragte die Ausstellung eines Erbscheins als Alleinerbe. Demgegenüber vertritt der Beteiligte zu 2 die Auffassung, dass seine Eltern eine Schlusserbeneinsetzung nur für den Fall des gleichzeitigen Versterbens getroffen hätten und beantragte einen Erbschein, der die Beteiligten zu 1 bis 4 zu Miterben je zu 1/4 ausweist.
Das Nachlassgericht kündigte mit Beschluss vom 17.11.2006 einen Erbschein mit dem Inhalt an, wonach die Erblasserin von dem Beteiligten zu 3 allein beerbt worden sei. Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte zu 2 Beschwerde ein. Hierauf hat der Einzelrichter des LG den Beschluss des Nachlassgerichts vom 17.11.2006 aufgehoben und es angewiesen, einen Erbschein entsprechend dem Antrag des Beteiligten zu 2 zu erteilen. Gegen diese Entscheidung des LG vom 3.4.2007 richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:
Der Vorbescheid des Nachlassgerichts sei aufzuheben, da er nicht der gegebenen Erbfolge entspreche. Diese bestimme sich nicht nach dem gemeinschaftlichen Testament vom 8.3.1988; vielmehr trete gesetzliche Erbfolge ein. Die in dem gemeinschaftlichen Testament enthaltene Formulierung des gleichzeitigen Ablebens der Eheleute gelte nicht für alle Versterbensfälle. Nach den gegebenen Grundsätzen zur Testamentsauslegung sei davon auszugehen, dass die Einsetzung des Schlusserben nur für den Fall gelten sollte, dass die Eheleute tatsächlich gleichzeitig durch ein plötzliches Ereignis oder doch jedenfalls so kurz nacheinander zu Tode kommen, dass der überlebende Ehegatte nicht mehr in der Lage gewesen wäre, eine neue Erbeinsetzung vorzunehmen. Anderes sei weder der Urkunde noch den sonstigen Umständen zu entnehmen. Die Formulierung des Testamentes, wonach derjenige, der zu Lebzeiten nichts von der Familie wissen wolle, auch nach ihrem Ableben nichts brauche, ergebe, dass die Schlusserbeneinsetzung für den überlebenden Ehegatten gerade nicht bindend sein sollte. Die Erblasserin wäre, etwa bei einer Normalisierung der Beziehungen zu dem Beteiligten zu 2 frei gewesen, eine abweichende Schlusserbenregelung zu treffen. Aus der Stellungnahme des Beteiligten zu 3 ergebe sich nichts anderes als die Beschränkung des Beteiligten zu 2 auf den Pflichtteil für den Fall des gleichzeitigen Ablebens der Eheleute.
2. Die Entscheidung des LG hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2 ist entgegen der Auffassung des LG nicht zu berücksichtigen, weil nach der letztwilligen Verfügung vom 8.3.1988 der Beteiligte zu 3 als alleiniger Schlusserbe eingesetzt worden ist. In dem Testament ist zwar der Beteiligte zu 3 nicht als Alleinerbe bezeichnet; die Eheleute haben ihm aber die wesentlichen Vermögensgegenstände zugewendet, so dass die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen ist (§ 2087 Abs. 1 BGB). Das gemeinschaftliche Testament vom 8.3.1988 enthält entgegen der Auffassung des LG eine Schlusserbeneinsetzung auch für den Fall, dass die Eheleute nicht gleichzeitig versterben.
b) Das LG hat zu Recht das geme...