Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Registergericht durch Vorlage eines Erbscheins

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Registergericht ist in der Regel die Erbfolge durch Vorlage eines Erbscheines nachzuweisen, soweit sie auf gesetzlicher Erbfolge oder auf einer privatschriftlichen Verfügung von Todes wegen beruht.

2. Beruht die Erbfolge auf einer letztwilligen Verfügung in öffentlicher Urkunde, so kann das Registergericht diese zusammen mit der Niederschrift über deren Eröffnung nach pflichtgemäßem Ermessen als ausreichend ansehen.

3. Der Nachweis der Rechtsnachfolge durch öffentliche Urkunden kann untunlich sein, wenn sich die Rechtsnachfolge aus den Akten des Registergerichts selbst oder aus bei demselben Gericht geführten Nachlassakten ergibt.

4. Bei der Beurteilung, ob die Vorlage eines Erbscheins "untunlich" iSd § 12 Abs. 1 S. 4 HGB ist, weil dessen Beschaffung einen unverhältnismäßigen Gebührenaufwand verursachen würde, ist Bezugsmaßstab der Wert des Gesamtnachlasses.

 

Normenkette

BGB § 2353; FamFG § 348 Abs. 1 S. 2; GBO § 35; HGB § 12 Abs. 1 S. 4; ZPO § 415

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1, 2 und 3 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München - Registergericht - vom 8.8.2017 betreffend die Beanstandung des mangelnden Nachweises der Erbfolge durch Vorlage eines Erbscheins wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das Registergericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erbfolge nach der verstorbenen Kommanditistin durch Vorlage eines Erbscheins nachzuweisen ist.

1. Nach der Vorschrift des § 12 Abs. 1 S. 4 HGB ist bei Anmeldungen, die der Rechtsnachfolger eines im Handelsregister eingetragenen Beteiligten vornimmt, die Rechtsnachfolge soweit tunlich durch öffentliche Urkunden (vgl. § 415 ZPO) nachzuweisen. Hieraus folgt unmittelbar, dass es nicht Aufgabe des Registergerichts ist, die Rechtsnachfolge zu prüfen und darüber zu entscheiden, sondern es vielmehr Sache des Anmeldenden ist, diese nachzuweisen. Dem Gericht wird dadurch aber auch versagt, die Eintragung einer Rechtsnachfolge allein aufgrund der Angaben in der Anmeldung und ohne den regelmäßig gebotenen Nachweis durch öffentliche Urkunden vorzunehmen. Die Erbfolge ist daher regelmäßig durch Erbschein (§ 2353 BGB) nachzuweisen, soweit sie auf gesetzlicher Erbfolge oder auf einer privatschriftlichen Verfügung von Todes wegen beruht. Dessen Beschaffung ist nicht schon infolge des damit verbundenen Kosten- und Zeitaufwandes untunlich im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 4 HGB (vgl. OLG Köln FGPrax 2005, 41; KG NJW-RR 2000, 1704). Beruht die Erbfolge auf einer letztwilligen Verfügung in öffentlicher Urkunde, so kann das Registergericht (in Anlehnung an § 35 Abs. 1 GBO) diese zusammen mit der Niederschrift über deren Eröffnung nach pflichtgemäßem Ermessen als ausreichend ansehen, sofern die letztwillige Verfügung keine Auslegungsschwierigkeiten bereitet. Der Nachweis durch öffentliche Urkunden kann auch dann untunlich sein, wenn sich die Rechtsnachfolge aus den Akten des Registergerichts selbst oder aus bei demselben Gericht geführten Nachlassakten ergibt. In solchem Fall genügt die Bezugnahme des Anmeldenden auf diese Akten. Das Registergericht ist jedoch in keinem Fall verpflichtet, sich selbst ein Urteil über die Erbfolge zu bilden, sofern diese auch nur zweifelhaft ist. Denn die gerichtliche Prüfung der Erbfolge fällt in den Kompetenzbereich des Nachlassgerichts, das hierüber im Erbscheinsverfahren nach den dort geltenden Bestimmungen zu befinden hat (allg. M., vgl. zu Vorstehendem KG NJW-RR 2000, 1704; OLG Köln FGPrax 2005, 41; OLG Bremen NJW-RR 2014, 816).

2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind vorliegend die Voraussetzungen für ein Absehen des Nachweises der Erbfolge mittels eines Erbscheins nicht gegeben.

a) Die Beschwerdeführer leiten ihre Erbenstellung nicht von einem vor einem Notar errichteten Testament ab, sondern von einem durch die Erblasserin handschriftlich errichteten Testament, das keine öffentliche Urkunde im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 4 HGB ist.

Der Hinweis auf jüngst ergangene Entscheidungen des BGH in Bezug auf den Nachweis der Erbenstellung trägt nicht. Diese betreffen den Nachweis der Erbfolge gegenüber einer Bank (NJW 2016, 2409; NJW 2013, 3716). Insoweit hat der BGH hervorgehoben, dass der Erbe abgesehen von gesetzlichen Sonderregelungen grundsätzlich nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern auch die Möglichkeit hat, diesen Nachweis in anderer Form zu erbringen. Ein solche Sonderregelung erkennt er aber in § 12 Abs. 1 S. 4 HGB, wobei er herausstellt, dass insofern nur eine beglaubigte Abschrift des öffentlichen Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokoll (§ 348 Abs. 1 S. 2 FamFG) zum Nachweis der Erbfolge genügt (vgl. BGH NJW 2016, 2409 ≪2410 Tz. 22 ≫).

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die Vorlage eines Erbscheins für den Nachweis ihrer Erbenstellung nicht untunli...

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