Entscheidungsstichwort (Thema)

Formularvertragliche Kündigungsklauseln eines Pachtvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Rechtsprechung des BGH zur Verkürzung der in § 580a BGB für gewerbliche Mietverhältnisse vorgesehenen Kündigungsfristen lässt sich nicht auf § 584 BGB und auf Pachtverhältnisse übertragen, denn anders als im Mietrecht gehört die in § 584 BGB enthaltene Kündigungsfrist für Pachtverhältnisse nicht zu den wesentlichen Grundgedanken des Pachtrechts.

2. In einer Kündigungsfrist von 3 Monaten liegt keine unangemessene Benachteiligung des Pächters. 3. Auch in Pachtverträgen ist eine Klausel, dass die Kündigung nur durch einen eingeschriebenen Brief erfolgen könne, regelmäßig dahin auszulegen, dass die Schriftform konstitutive Bedeutung im Sinne von § 125 S. 2 BGB hat, während die Versendung als Einschreibebrief nur den Zugang der Kündigungserklärung sichern soll.

 

Normenkette

BGB § 125 S. 1, §§ 307, 535, 580a, 584

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 09.01.2017; Aktenzeichen 24 O 11473/16)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.03.2019; Aktenzeichen XII ZR 122/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 09.01.2017, Aktenzeichen 24 O 11473/16, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 116.840,66 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zwei von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen eines Pachtverhältnisses und um die Schadensersatzpflicht der Beklagten.

Die Beklagte ist (Haupt-)Pächterin der Gaststätte "A" in M.

Mit dem als K 1 vorgelegten Pachtvertrag vom 03.11./05.11.2014 verpachtete die Beklagte die Gaststätte. In dem Pachtvertrag sind unter Ziffer 1. die Vertragsparteien bezeichnet. Die Klägerin zu 1 wird darin als Pächter und der Kläger zu 2 als Gesamtschuldner bezeichnet.

Ziffer 4. des Vertrages lautet u.a.:

"4. Pachtdauer

Beginn: ...

Ende: auf unbestimmte Zeit

Kündigungsfrist: drei Monate zum Quartalsende"

Die Beklagte kündigte den Pachtvertrag mit dem als K 2 vorgelegten Schreiben vom 30.03.2016 ordentlich gegenüber der Klägerin zu 1 zum 30.06.2016. Das Schreiben wurde der Klägerin zu 1 per Boten übermittelt.

Die Klägerin betrieb die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Vollstreckungsunterwerfung vom 02.02.2015. Am 28.09.2016 wurde das Objekt geräumt.

Die Kläger haben vor dem Landgericht auf Feststellung geklagt, dass der Pachtvertrag weiter fortbesteht. Zudem klagt die Klägerin auf Ersatz des Schadens, der ihr durch die Vollstreckung für den Monat Oktober 2016 entstanden sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kündigung vom 30.03.2016 sei wirksam gewesen und habe das Mietverhältnis zum 30.06.2016 beendet. Die Vereinbarung einer Kündigungsfrist von drei Monaten sei nicht nach § 307 BGB unwirksam. Die Kündigung sei auch nicht wegen eines Formmangels nach § 125 Satz 1 BGB unwirksam oder verstoße gegen das Gebot von Treu und Glauben. Wegen der erheblichen Pachtrückstände sei jedenfalls die außerordentliche Kündigung vom 26.09./13.10.2016 wirksam. Ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe nicht, da die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 02.02.2015, die am 28.09.2016 stattgefunden hat, zulässig gewesen sei.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge, erweitert um Hilfsanträge, weiter. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sei eine Verkürzung der gesetzlichen Kündigungsfristen in einem Formularvertrag nach § 307 BGB unwirksam. Für den Fall einer abweichenden Beurteilung durch das Berufungsgericht werde die Zulassung der Revision beantragt. Die Auslegung des Pachtvertrages ergebe auch, dass die im Vertrag für eine Kündigung vorgesehene Zustellung per Einschreiben ein Wirksamkeitserfordernis sein solle. Das OLG weiche von der eigenen Rechtsprechung ab, wenn ein Verstoß gegen Treu und Glauben im Hinblick auf mündliche Zusagen der Verpächterseite abgelehnt werde.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird im übrigen auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 09.01.2017 Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren beantragen die Kläger:

1. Es wird festgestellt, dass durch ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. März 2016 zugegangen per Boten am 30. März 2016 und Kündigung vom 26. September/13. Oktober 2016 der Beklagten der Pachtvertrag zwischen den Parteien bezüglich des Pachtobjekts Gaststätte mit der Betriebsbezeichnung "A" in M, vom 03. November/05. November 2015 nicht beendet wurde, sondern weiter fortbesteht.

2. Hilfsweise, für den Fall, dass dem Antrag unter Ziffer l, nicht stattgegeben wird, wird beantragt, ...

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