Leitsatz (amtlich)
1. Eine anwaltliche Verfahrensvollmacht "in Sachen Betreuung" befugt im Zweifel auch zur Vertretung in einem zivilrechtlichen Unterbringungsverfahren.
2. Eine gerichtlich genehmigte Unterbringung durch einen Betreuer mit dem entsprechenden Aufgabenkreis kann nicht allein mit der Begründung angefochten werden, der Betroffene habe Dritten eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt.
3. Das Beschwerdegericht darf von der grundsätzlich gebotenen persönlichen Anhörung des Betroffenen vor der Entscheidung über eine auch nur vorläufige Unterbringungsmaßnahme jedenfalls dann nicht absehen, wenn die erstinstanzliche Anhörung bereits sechs Wochen zurückliegt und zudem fehlerhaft war (Unterbleiben der Bestellung und Beteiligung eines Verfahrenspflegers und der rechtzeitigen vorherigen Aushändigung des Gutachtens an den Betroffenen).
Normenkette
FGG §§ 13, 69g Abs. 5 S. 3, § 70h Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Ansbach vom 17.8.2005 wird zurückgewiesen.
II. Der Beschluss des LG Ansbach vom 12.9.2005 und der Beschluss des AG Ansbach vom 5.8.2005 werden aufgehoben.
III. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des LG Ansbach vom 12.9.2005 und der Beschluss des AG Ansbach vom 5.8.2005 rechtswidrig sind.
IV. Die Auslagen der Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Verfahren über die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Ansbach vom 12.9.2005 notwendig waren, werden der Staatskasse auferlegt.
V. Der Geschäftswert für die Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf jeweils 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.1. Für die Betroffene wurde am 2.2.2004 durch das AG M. in B. zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung die jetzige Betreuerin bestellt mit dem Aufgabenkreis "Aufenthaltsbestimmung in der Heilbehandlung, Gesundheitssorge/Heilbehandlungsbelange", der nachfolgend um die Aufgaben "Wohnungsangelegenheiten" sowie "Vertretung vor Behörden und Einrichtungen" erweitert wurde. Mit Beschl. v. 27.7.2004 wurde die Betreuerin mit demselben Aufgabenkreis endgültig bestellt. Als medizinische Voraussetzung der Betreuung wurde aufgrund eines ärztlichen Gutachtens eine "produktive Schizophrenie mit paranoid-halluzinatorischer oder katatoner Symptomatik" genannt.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13.10.2004 beantragte die Betroffene, die bestehende Betreuung aufzuheben, da sie nicht mehr erforderlich sei. Die Betroffene habe am 27.7.2004 eine notarielle Vorsorgevollmacht beurkunden lassen und darin zwei Personen als Bevollmächtigte benannt. Mit Beschl. v. 22.11.2004 hat das AG M. in B. den Antrag auf Aufhebung der Betreuung zurückgewiesen, da die beiden Bevollmächtigten gerichtsbekannt "wegen ihrer Anschauungen hinsichtlich der Existenz und Nichtexistenz von psychischen Krankheiten und der Notwendigkeit deren Behandlung als völlig ungeeignet anzusehen seien". Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das LG B. am 25.1.2005 zurückgewiesen. Die beiden Bevollmächtigten hätten in anderen Fällen aus einer grundsätzlichen Einstellung heraus in erheblicher Weise gegen die Interessen ihrer Vollmachtgeber gehandelt und seien deshalb insb. hinsichtlich der Aufgaben der Behörden- und Wohnungsangelegenheiten sowie der Vertretung ggü. Einrichtungen als Vertreter gänzlich ungeeignet. Über eine hiergegen am 7.2.2005 eingelegte weitere Beschwerde wurde bisher durch das zuständige KG nicht entschieden.
2. Am 29.6.2005 beantragte die Betreuerin beim AG M. in B. die vorläufige Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen, die sich zu diesem Zeitpunkt im Bezirkskrankenhaus A. aufhielt, nachdem ein Amtsarzt sie am Vorabend wegen ernsthafter Selbsttötungsgedanken persönlich dorthin verbracht hatte. Mit Beschl. v. 30.6.2005 genehmigte das AG M. in B. durch einstweilige Anordnung die vorläufige Unterbringung der Betroffenen bis längstens 11.8.2005. Der Beschluss wurde dem AG A. per Fax übermittelt mit dem Ersuchen um Anhörung der Betroffenen im Wege der Rechtshilfe sowie um Übernahme des Verfahrens. Am 14.7.2005 gingen die Akten beim AG A. "mit der Bitte um Durchführung des Unterbringungsverfahrens" ein. Mit Beschlüssen vom 19.7.2005 wurde das Verfahren übernommen und ein "Gutachten zu den medizinischen Voraussetzungen freiheitsentziehender Maßnahmen" durch einen im BKH A. tätigen Arzt in Auftrag gegeben. Gegen den Beschl. v. 30.6.2005 legte die Betroffene mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 21.7.2005 sofortige Beschwerde ein, die im Wesentlichen mit der erteilten Vorsorgevollmacht begründet wurde.
Am 28.7.2005 ging das psychiatrische Gutachten beim AG A. ein. Am folgenden Tag wurde die Betroffene im BKH richterlich angehört, wobei ausweislich des Protokollls der Inhalt des Gutachtens "erörtert und besprochen" wurde. Ob die Betroffene das Gutachten ausgehändigt erhielt, ist der Niedersc...