Leitsatz (amtlich)

Zumindest in Umgehungsfällen, in denen der Eigentümer sich selbst oder einer Sanierungsgesellschaft ein Erbbaurecht bestellt, das in engem zeitlichem Zusammenhang dazu in Wohnungs- und Teilerbbaurechte aufgeteilt wird, gilt entsprechend § 172 BauGB der Genehmigungsvorbehalt auch für die Aufteilung des Erbbaurechts in Wohnungs- und Teilerbbaurechte.

 

Normenkette

BauGB § 172; WEG § 30

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 4. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte, eine GmbH & Co KG, ist im Grundbuch als Eigentümerin eines bebauten Grundstücks eingetragen, das im Bereich einer Erhaltungssatzung der Landeshauptstadt X. nach § 172 BauGB gelegen ist.

In einem notariellem Vertrag vom XX.XX.2020 über die Bestellung eines Erbbaurechts und Begründung von Wohnungs- und Teilerbbaurechten ist unter Teil A 2. Folgendes bestimmt:

2.1 Bestellung

Die ... (Beteiligte) - nachstehend auch als Eigentümer oder Grundstückseigentümer bezeichnet - bestellt hiermit für sich selbst als alleinige Berechtigte - nachstehend auch als Erbbauberechtigter oder Erbbaurechtsinhaber bezeichnet - an dem in Teil A Ziffer 1. dieser Urkunde näher beschriebenen Erbbaugrundstück ein Erbbaurecht, ...

2.3 Gebäude

Der Erbbauberechtigte ist berechtigt, das auf dem Erbbaugrundstück befindliche Wohnhaus zu belassen, es umzubauen und es zu sanieren und zu renovieren.

In Teil B heißt es unter 1. Vorbemerkung:

Klargestellt wird, dass sich alle Vereinbarungen zur nachstehenden Einräumung von Sondereigentum nicht auf das Erbbaugrundstück, sondern auf das Erbbaurecht beziehen.

Soweit nachstehend von Wohnungseigentum oder Teileigentum die Rede ist, ist insoweit das Wohnungserbbaurecht bzw. das Teilerbbaurecht gemeint.

Eigentümer im Sinne des Abschnitts B ist der Erbbauberechtigte des gemäß Teil A neu begründeten Erbbaurechts.

In Teil B Ziffer 2.1. Teilungserklärung ist bestimmt:

Der Eigentümer teilt hiermit das Eigentum an dem in Ziffer 1 definierten WE-Grundstück gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes in Miteigentumsanteile in der Weise auf, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung bzw. an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen in dem auf dem Grundstück errichteten bzw. zu errichtenden Gebäude verbunden ist.

Im weiteren wird das Gebäude in 27 Miteigentumsanteile aufgeteilt.

Am 24.11.2020 legte der Notar die Urkunde unter anderem zum Vollzug der Begründung des Erbbaurechts mit Erbbauzinsreallast und Begründung von Wohnungs- bzw. Teilerbaurechten vor.

Mit fristsetzender Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt am 4.1.2021 - soweit hier von Belang - beanstandet, das Grundstück liege im Bereich einer Erhaltungssatzung. Es sei daher eine entsprechender Genehmigung der Landeshauptstadt erforderlich. Nach § 30 WEG würden alle Regelungen gelten, die sich auf das Wohnungs- und Teileigentum nach dem WEG beziehe. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift gelte § 172 BauGB auch für Wohnungs- und Teilerbbaurechte. Ohne dieses Verständnis sei die Umgehung des Genehmigungserfordernisses möglich, wenn erst ein Eigentümererbbaurecht bestellt werde.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 26.2.2021, mit der die Beteiligte geltend macht, das Genehmigungserfordernis nach § 172 BauGB erstrecke sich nicht auf die Begründung von Wohnungs- und Teilerbbaurechten.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. 1. Die nach § 71 Abs. 1 GBO gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) gerichtete Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO).

2. Die Beschwerde hat allerdings keinen Erfolg, da das Grundbuchamt zutreffend zur Beseitigung des Hindernisses die Vorlage einer Genehmigung nach § 172 BauGB verlangt.

Die Bewilligung des Erbbauberechtigten nach § 19 GBO, § 8 Abs. 1 WEG genügt für die beantragte Anlegung der Wohnungserbbaugrundbücher (§ 30 Abs. 3 WEG) nicht. Denn die Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen darf gemäß § 2 der Satzung für den Stadtteil X. der Landeshauptstadt X. vom 15.6.2016 i.V.m. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 4 und 6, § 22 Abs. 6 Satz 1 BauGB, Art. 23 GO nicht ohne die Genehmigung der Landeshauptstadt X. als zuständiger Behörde erfolgen.

Es kann dabei dahinstehen, ob das Aufteilungsverbot nach § 172 BauGB immer auch die Aufteilung eines Erbbaurechts in Wohnungs- und Teilerbbaurechte umfasst. Dies ist nämlich umstritten. So wird vertreten, dass der Genehmigungsvorbehalt nach § 172 BauGB nur für die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum, nicht jedoch für die Aufteilung eines Erbbaurechts in Wohnungs- und Teilerbbaurechte nach § 30 WEG gilt (Jenissen/Grziwotz WEG 6. Aufl. § 30 Rn. 11; Drasdo in Ingenstau/Hustedt ErbbauRG 11. Aufl. Anhang III Rn. 26; Meikel/Morvlius GBO 11. Aufl. Einl. B Rn. 253; Soergel/Weber BGB 14. Aufl. § 30 WEG Rn. 15; Grziwotz in MittBayNot 2014, 394/395; Theuss in RNotZ 2019, 573/585). Soweit...

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