Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Buchauszuges. Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme
Normenkette
Brüssel-I-VO Art. 22 Nr. 5; HGB §§ 87 a, 87c; ZPO § 97 Abs. 1, § 887 Abs. 1-2, § 888
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 07.08.2017; Aktenzeichen 15 HK O 25169/14) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 07.08.2017, Az. 15 HK O 25169/14, dahingehend abgeändert, dass Ziffer I. 1.4 des Tenors gestrichen wird.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Schuldnerin zwei Drittel, die Gläubigerin ein Drittel.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Erteilung eines Buchauszuges.
Die Schuldnerin wurde mit rechtskräftigem Teil-Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 18.09.2015, Az. 15 HK O 25169/14, verurteilt, der Gläubigerin einen Buchauszug zu erteilen über
1.1 die seit Vertragsbeginn 15.11.2010 bis Ende Oktober 2014 mit allen Kunden aus den Bezirken Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein ausgeführten Warenlieferungen und Leistungen
1.2 über Datum und Höhe der Kundenzahlungen, einschließlich geleisteter Anzahlungen,
1.3 über abgeschlossene, aber nicht vertragsgemäß ausgeführte Geschäfte, unter Angabe der Gründe für die nicht vertragsgemäße Durchführung solcher Geschäfte; insbesondere über Einwände der Kunden aus Gewährleistung, abweichenden Lieferungen.
1.4 Der Buchauszug hat alle zur Überprüfung der Angaben nach Ziffer 1.1 bis 1.3 relevanten Dokumente, insbesondere Anfragen, Korrespondenz, Verträge/Bestellungen unter Angabe der Werte der Einzelaufträge, Lieferscheine und Rechnungen sowie Zahlungseingänge der Kunden zu enthalten und die Belege über die Beschaffungskosten für das jeweils liefergegenständlich verarbeitete Aluminiumvormaterial zu enthalten.
Die Beklagte hat Auskunft zu erteilen über sämtliche Kundenanfragen, die diese aus den Vertreterbezirken Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein direkt oder durch die Klägerin vermittelte oder über die Klägerin bekannt gemachte Kunden unmittelbar erhalten hat.
Auf Antrag der Gläubigerin vom 08.06.2016 (Bl. 38/41 d.A.) wurde die Gläubigerin nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss des Landgerichts München I vom 07.08.2017, Az. 15 HK O 25169/14, (Bl. 119/122 d.A.), der der Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin am 14.08.2017 zugestellt wurde, ermächtigt, den Buchauszug laut Ziffern I.1.1 bis 1.4 des Teil-Versäumnisurteils vom 18.09.2015 auf Kosten der Schuldnerin durch einen von der Gläubigerin beauftragten vereidigten Buchprüfer oder Wirtschaftsprüfer erstellen zu lassen. Gleichzeitig wurde der Schuldnerin auferlegt, dem von der Gläubigerin beauftragten vereidigten Buchprüfer oder Wirtschaftsprüfer den Zutritt zu den Geschäftsräumen und die Einsichtnahme in die Geschäftsbücher der Schuldnerin zu gestatten und einen Vorschuss in Höhe von 30.000,00 EUR zur Erstellung dieses Buchauszugs an die Gläubigerin zu zahlen.
Gegen diesen Beschluss legte die Schuldnerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.08.2017 (Bl. 123/128 d.A.), eingegangen bei Gericht per Fax am selben Tag, sofortige Beschwerde ein, der das Landgericht mit Beschluss vom 13.10.2017 (Bl. 136 d.A.) nicht abhalf.
II. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
1. Die deutschen Gerichte sind für die Anordnung der in Rede stehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO international zuständig.
Der BGH hat mit Beschluss vom 13.08.2009 (Az. I ZB 43/08), in dem es - wie hier - um die Ermächtigung der Gläubigerin zur Erstellung eines Buchauszugs, einen der im EU-Ausland geschäftsansässigen Schuldnerin auferlegten Kostenvorschuss für die Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers und die Anordnung, diesem den Zutritt zu den im Ausland gelegenen Geschäftsräumen der Schuldnerin und Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren, ging, entschieden, dass die Ermächtigung nach § 887 Abs. 1 ZPO sowie die Verpflichtung der Schuldnerin zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme nach § 887 Abs. 2 ZPO nur die inländischen Gerichte und Vollstreckungsorgane binde und deshalb nicht in die Hoheitsgewalt des ausländischen Staates eingreife (BGH, aaO, Rdnr. 15). Da die Verpflichtung zur Zahlung des Kostenvorschusses vor einer Vollstreckbarerklärung im Ausland auf eine Durchsetzung im Inland beschränkt sei, sei kein Grund ersichtlich, für die Ermächtigung der Ersatzvornahme und die Anordnung der Kostenvorauszahlung eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu verneinen, die in den Vollstreckungswirkungen auf das Inland beschränkt ist (BGH, aaO, Rdnr. 16 aE). Eine Einschränkung der internationalen Zuständigkeit sei auch nicht insoweit angebracht, als die Durchführung der Ersatzvornahme ein Betreten von Geschäftsräumen im Hoheitsgebiet eines anderen Staats erfordere (BGH, aaO, Rdnr. 17).
Der Annahme der internationalen Zuständigkeit ...