Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 13.01.2023; Aktenzeichen 6 O 609/22) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 13.01.2023, Az. 6 O 609/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert auf EUR 4.411,76 festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Eine Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 513 Abs. 1 Fall 1 i.V.m. § 546 ZPO) oder die Tatsachenfeststellung unrichtig ist (§ 513 Abs. 1 Fall 2 i.V.m. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder neue berücksichtigungsfähige Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorliegen (§ 513 Abs. 1 Fall 2 i.V.m. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO). Entsprechende Voraussetzungen kann die Berufung nicht aufzeigen. Insoweit wird auf die Ausführungen im Hinweis vom 10.08.2023 Bezug genommen.
Mangels weiterer Angaben zu aktuellem Kilometerstand und Restwert des Fahrzeugs kann die Berufung auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung von EuGH und BGH keinen Erfolg haben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB iVm § 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV - soweit er in Betracht käme - durch die gezogenen Vorteile aufgezehrt wäre.
1. Vorab ist festzustellen, dass der im Schriftsatz vom 22.08.2023 erstmals gestellte Hilfsantrag auf Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts zu stellenden angemessenen Schadensersatzes in Höhe von 5 % bis 15 % des Kaufpreises des Fahrzeugs (erstinstanzlich zuletzt und mit Berufungsbegründung gestellter Hauptantrag: ".. in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Schadensersatz in Höhe von mindestens 15 % des Kaufpreises des Fahrzeugs...") keine Klageänderung darstellt, sondern allenfalls eine Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO. Auch auf den Hauptantrag hin wäre eine Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz unter 15 % des Kaufpreises geboten gewesen, sofern ein entsprechender Anspruch bestünde. Ein solcher kann hier aber nicht festgestellt werden.
2. Mit der Klage geltend gemacht wird ein sogenannter Differenzschaden aufgrund einer Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufs und dem gezahlten Kaufpreis. Bei der Schätzung dieses Differenzschadens gelten die von der BGH-Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zum kleinen Schadensersatz nach § 826 BGB sinngemäß (BGH Urt. v. 26.6.2023, Via ZR 335/21, Rn. 80).
a. Für die Bemessung dieses kleinen Schadensersatzes ist grundsätzlich zunächst der Vergleich der Werte von Leistung (Fahrzeug) und Gegenleistung (Kaufpreis) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Der objektive Wert eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs, das der Käufer im Vertrauen auf die Richtigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung erwirbt, liegt nach der Rechtsprechung des BGH unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben in der Regel innerhalb einer Bandbreite zwischen 5 % bis 15 % unter dem gezahlten Kaufpreis. Innerhalb dieses Rahmens hat der Tatrichter bei der Bestimmung des objektiven Werts des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Nachteile, insbesondere das Risiko behördlicher Anordnungen, zu berücksichtigen und den Umfang in Betracht kommender Betriebsbeschränkungen und die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Beschränkungen mit Rücksicht auf die Einzelfallumstände in den Blick zu nehmen. Maßgebend ist dabei eine auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogene Betrachtung (BGH Urteil vom 26.6.2023 - Via ZR 335/21, Rz. 73ff). Von einem sich daraus ergebenden Schaden sind die vom Geschädigten gezogenen Nutzungen und der Restwert des Fahrzeugs schadensmindernd abzuziehen, allerdings erst dann und nur insofern, als sie den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigen (BGH, Urteil vom 06.07.2021, VI ZR 40/20, und Urteil vom 24.01.2022, Via ZR 100/21). Erreichen die Nutzungen und der Restwert des Fahrzeugs den vom Geschädigten bezahlten Kaufpreis, ist der Anspruch vollständig aufgezehrt. Diese Berücksichtigung des Vorteilsausgleichs führt nicht dazu, dass die Erlangung einer angemessenen Entschädigung im Sinne des Unionsrechts praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (BGH Urt. v. 26.6.2023 - Via ZR 335/21, BeckRS 2023, 15117 Rn. 43 f.).
Ebenfalls im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen ist eine etwaige Aufwertung des Fahrzeugs durch eine nachträgliche Maßn...