Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Authentifizierung bei elektronischen Dokumenten
Leitsatz (amtlich)
Die erforderliche Authentifizierung wird bei Übermittlung des elektronischen Dokuments von einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a BRAO (§ 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO) dadurch gewährleistet, dass die Postfachadresse und die Zugangsberechtigung von der Rechtsanwaltskammer erst nach Überprüfung der Zulassung vergeben wird (§ 31a Abs. 1 und Abs. 2 BRAO) und der Zugang zu dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nur durch ein sicheres Verfahren mit zwei voneinander unabhängigen Sicherungsmitteln möglich ist. (Rn. 10)
Normenkette
BRAO § 31a; ZPO § 130a Abs. 4 Nr. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 06.12.2019; Aktenzeichen 34 O 5316/19) |
Tenor
1. Der Antrag des Klägers vom 13.02.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Berufungsfrist wird verworfen.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 06.12.2019 wird verworfen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000.- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das angefochtene Urteil des Landgerichts wurde den Klägervertretern am 10.12.2019 zugestellt. Mit per besonderem elektronischen Anwaltsfach (beA) übermitteltem Schriftsatz vom 07.01.2020 legten die Klägervertreter hiergegen Berufung ein. Der Transfervermerk zu dieser Berufungsschrift enthielt den Zusatz "Das Zertifikat des Herkunftsnachweises ist gesperrt". Eine qualifizierte elektronische Signatur für diese Berufungsschrift lag nicht vor (Bl. 317 f. d.A.). Mit Hinweis vom 09.01.2020 wurde den Klägervertretern vom Vorsitzenden mitgeteilt, dass der Transfervermerk zur Berufungsschrift vom 07.01.2020 den Zusatz "Das Zertifikat des Herkunftsnachweises ist gesperrt" enthält und noch geprüft werden müsse, was dies für die Wirksamkeit der Berufungseinlegung bedeute (Bl. 321 d.A.). Hierzu teilten die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 10.01.2020 unter Vorlage von Unterlagen mit, dass dieser Hinweis nicht nachvollzogen werden könne. Daraufhin wurde den Klägervertretern am 14.01.2020 ein Abdruck des Transfervermerks übersandt (Bl. 322 d.A.).
Nachdem das EDV-Referat des Oberlandesgerichts München am 10.01.2020 mitgeteilt hatte, dass nach seiner Auffassung keine wirksame Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg vorliege, wurde der Kläger mit Verfügung vom 24.01.2020 darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtige, seine Berufung als unzulässig zu verwerfen. Hierauf haben die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 13.02.2020 erneut Berufung eingelegt und vorsorglich insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Trotz des Hinweises vom 09.01.2020 hätten sie sich weiterhin auf das Übermittlungsprotokoll über beA verlassen.
II. Der Antrag des Klägers vom 13.02.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war zu verwerfen, da er mangels Wahrung der Frist des § 234 I 2 ZPO bereits unzulässig ist.
1. Die Wiedereinsetzungsfrist für die versäumte Berufungsfrist beträgt gem. § 234 I 1 ZPO zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses, § 234 II ZPO.
Für die Fristberechnung gilt folgendes (BGH, Beschluss v. 27.09.2018, IX ZB 67/17, NJW-RR 2018, 1398, Rz. 23): "Die Frist des § 234 I ZPO beginnt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu laufen, sobald die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter erkannt hat oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass die Rechtsmittelfrist versäumt war. In diesem Zeitpunkt ist das Hindernis behoben, durch das die Partei von der Einhaltung der Frist abgehalten worden ist Ein Hindernis ist nicht erst bei Kenntnis des wahren Sachverhalts entfallen; es ist auch behoben, sobald die Unkenntnis und damit die Verhinderung nicht mehr unverschuldet ist. Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt deshalb spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem der verantwortliche Anwalt bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen von ihm zu erwartenden Sorgfalt die eingetretene Säumnis hätte erkennen können und müssen..." (vgl. auch Thomas/Putzo-Hüßtege, 40. A., § 234 ZPO, Rn. 5; Zöller/Greger, 33. A., § 234 ZPO, Rn. 5b).
2. Unter Beachtung dieser Grundsätze begann die Zweiwochenfrist des § 234 I 1 ZPO hier bereits mit Zustellung des Hinweises des Senats vom 09.01.2020 zu laufen. Denn mit Zugang dieses Hinweises hätten die Klägervertreter bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen von ihnen zu erwartenden Sorgfalt ohne Weiteres erkennen können, dass im Zusammenhang mit der dort angesprochenen Berufungseinlegung Probleme bestehen und diese sogar vorsorglich in noch bis 10.01.2020 offener Berufungsfrist ordnungsgemäß wiederholen können, z.B. per Telefax. Außerdem hätten sich die Klägervertreter z.B. anhand der online leicht aufzufindenden Informationen der BRAK als Betreiberin des beA, wonach die Nachricht dann ungültig ist (vgl. Erläuterungen zum Prüfprotokoll, https://www.b.-b.....de/..., ohne weiteres z...