Leitsatz (amtlich)
Die Bestellung eines Nachlasspflegers für die unbekannten Erben zum Zweck der Fortsetzung der zu Lebzeiten des Erblassers begonnenen Zwangsvollstreckung in das Nachlassvermögen kann auch dann nicht beantragt werden, wenn dem Gläubiger Nachlassgegenstände, in die er vollstrecken könnte, nicht bekannt sind.
Normenkette
BGB §§ 1960-1961; ZPO § 779 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Sonthofen (Beschluss vom 20.08.2013; Aktenzeichen VI 0701/12) |
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG Sonthofen - Nachlassgericht - vom 20.8.2013 wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.050 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Erblasser ist am 9.10.2012 im Alter von 43 Jahren verstorben. Er war nicht verheiratet und hatte keine Kinder. Eine letztwillige Verfügung wurde von ihm nicht errichtet. Die bisher von dem Nachlassgericht ermittelten gesetzlichen Erben haben alle die Erbschaft ausgeschlagen.
Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 22.3.2013 beantragte der Beschwerdeführer unter Bezugaufnahme auf die bereits vorgelegte Ausfertigung eines Versäumnisurteils des LG K. vom 29.9.2011 (Verurteilung des Erblassers u.a. zur Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 6.000 EUR und außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 867, 84 EUR sowie weiterer Kosten i.H.v. 67,03 EUR) sowie eines Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 13.12.2011 (Festsetzung der vom Erblasser zu erstattenden Kosten i.H.v. 1.317,34 EUR) die Bestellung eines Nachlasspflegers zum Zwecke der Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Nachlass.
Nach seinem Vortrag wurden solche bereits im November 2011 eingeleitet: Nachdem zunächst ein vorläufiges Zahlungsverbot erwirkt worden sei, habe das AG S. einen Pfändungsund Überweisungsbeschluss erlassen, der dem Arbeitgeber des Erblassers zugestellt worden sei. Anschließend sei eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden, woraufhin die Pfändungen ruhend gestellt worden seien. Bis zu seinem Tod habe der Erblasser jedoch lediglich einen Teilbetrag i.H.v. 1.200 EUR bezahlt. Eine Fortsetzung der Zwangsvollstreckung sei nach dem Tod des Erblassers nicht mehr möglich, da keine Nachlassgegenstände bekannt seien. Insofern bestünde ein Rechtsschutzbedürfnis zur Bestellung eines Nachlasspflegers i.S.d. § 1961 BGB.
Mit Beschluss vom 20.8.2013 wies das Nachlassgericht den Antrag mit der Begründung zurück, dass ein Rechtsschutzinteresse für die Bestellung eines Nachlasspflegers nicht vorliege, da der gegen den Nachlass gerichtete Anspruch bereits gerichtlich geltend gemacht worden sei und dem Gläubiger selbst nicht bekannt sei, in welche Nachlassgegenstände vollstreckt werden soll. Aufgabe eines Pflegers i.S.d. § 1961 BGB sei es nicht, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
II. Die zulässige Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg. Zu Recht ist das Nachlassgericht zu dem Schluss gelangt, dass die Voraussetzungen für die von dem Beschwerdeführer erstrebte Bestellung eines Nachlasspflegers i.S.d. § 1961 BGB nicht vorliegen.
1. Das Nachlassgericht hat gem. § 1961 BGB in den Fällen des § 1960 Abs. 1 BGB einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird.
Dies setzt zum einen voraus, dass der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat oder die Annahme ungewiss oder der Erbe unbekannt ist (§ 1960 Abs. 1 BGB). Statt eines Fürsorgebedürfnisses i.S.d. § 1960 Abs. 1 BGB erfordert die Bestellung eines Nachlasspflegers im Sinne des § 1961 BGB zudem ein Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers, das sich grundsätzlich bereits aus der Tatsache ergibt, dass er einen Anspruch gegen den Nachlass geltend machen will (Palandt/Weidlich BGB, 72. Aufl. ≪2013≫ § 1961 Rz. 2; Soergel/Stein BGB, 13. Aufl., § 1961 Rz. 2 bis 4; Leipold in MünchKomm/BGB BGB, 6. Aufl. ≪2013≫ § 1961 Rz. 4 und 8; Staudinger/Marotzke BGB ≪2007≫ § 1961 BGB Rz. 3, 4, 8). Antragsberechtigt ist damit, wer die Absicht vorträgt, einen Anspruch gegen den Nachlass notfalls gerichtlich geltend machen zu wollen (Palandt/Weidlich, a.a.O., Rz. 2; Leipold in MünchKomm/BGB, a.a.O., Rz. 5). Auch das Betreiben der Zwangsvollstreckung stellt insofern eine gerichtliche Geltendmachung in diesem Sinne dar, doch ist für eine Pflegerbestellung danach zu unterscheiden, ob die Zwangsvollstreckung schon begonnen hat oder erst eingeleitet werden soll. Stirbt der Erblasser vor Beginn der Zwangsvollstreckung, scheitert die notwendige Klauselerteilung gegen den Erben an § 1958 BGB, wenn dieser die Erbschaft noch nicht angenommen hat. Insofern ermöglicht die Pflegerbestellung nach § 1961 BGB dem Gläubiger die Zwangsvollstreckung. Zur Fortsetzung einer schon gegen den Erblasser begonnenen Zwangsvollstreckung bedarf es hingegen keiner Klausel gegen den Erben (§ 779 Abs. 1 ZPO). Soweit die Zuziehung des Schuldners bei Vollstreckungshandlungen notwendig ist, sieht § 779 Abs. 2 ZPO die Bes...