Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Motor EA 288
Leitsatz (amtlich)
1. Zu - jeweils verneinten - (Schadensersatz-)Ansprüchen von Käufern eines Fahrzeugs, in das ein Diesel-Motor des Typs EA 288 eingebaut ist, vgl. auch BGH BeckRS 2022, 11891; BeckRS 2022, 18404; OLG München BeckRS 2022, 36076 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1); OLG Koblenz BeckRS 2022, 25075 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1); OLG Bamberg BeckRS 2021, 55750 mit zahlreichen weiteren Nachweisen (auch zur aA) im dortigen Leitsatz 1; anders durch Versäumnisurteil OLG Köln BeckRS 2021, 2388.
2. Es fehlt mangels drohender Betriebsbeschränkung oder -untersagung für das streitgegenständliche Fahrzeug - das mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor vom Typ EA288 ausgestattet ist, der der Schadstoffnorm Euro 6 unterfällt - jedenfalls an einem Schaden des Käufers. (Rn. 3)
3. Es kann dahinstehen, ob die Haltung des Kraftfahrt-Bundesamtes den maßgeblichen Normen entspricht, da allein entscheidend ist, dass es sich um die Auffassung der zuständigen Genehmigungs- und Überwachungsbehörde handelt. (Rn. 6)
4. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs setzt ein Schadensersatzanspruch des Käufers eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs gegen den Hersteller dieses Fahrzeugs voraus, dass dem Käufer durch die Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist. (Rn. 8)
Normenkette
BGB §§ 249, 823 Abs. 2, § 826; ZPO § 522 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 16.08.2022; Aktenzeichen 24 O 1415/22) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 16.08.2022, Az. 24 O 1415/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Es ist beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 5.400,00 EUR festzusetzen.
3. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Die Berufung erscheint unbegründet. Die Prüfung der Berufung durch den Senat hat weder ergeben, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht, noch dass die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen würden, § 513 Abs. 1 ZPO. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Ersturteil hält den Berufungsangriffen stand.
Dem Kläger stehen im Zusammenhang mit dem Fahrzeugkauf vom 07.11.2021 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu.
1. Es fehlt mangels drohender Betriebsbeschränkung oder -untersagung für das streitgegenständliche Fahrzeug - das mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor vom Typ EA288 ausgestattet ist, der der Schadstoffnorm Euro 6 unterfällt - jedenfalls an einem Schaden des Klägers.
a) Wird jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht, den er sonst nicht geschlossen hätte, kann er auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist. Die Bejahung eines Vermögensschadens unter diesem Aspekt setzt allerdings voraus, dass die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluss als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht (BGH, Urteil vom 25.05.2020 - ZR 252/19, BGHZ 225, 316, Rn. 46 bei juris mwN). Eine Fallgestaltung, in dem ein Schaden jedenfalls deshalb eingetreten ist, weil der Vertragsschluss als unvernünftig anzusehen ist, da der Kläger durch einen ungewollten Vertragsschluss eine Leistung erhalten hat, die für seine Zwecke nicht voll brauchbar war (BGH aaO Rn. 48), lässt sich vorliegend nicht annehmen. Nach einem sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung und der Art des zu beurteilenden Geschäfts ergebenden Erfahrungssatz ist auszuschließen, dass ein Käufer ein Fahrzeug erwirbt, dem eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung droht und bei dem im Zeitpunkt des Erwerbs in keiner Weise absehbar ist, ob dieses Problem behoben werden kann (BGH aaO Rn. 49). Ein solcher Erfahrungssatz besteht hier schon deshalb nicht, weil dem Fahrzeug des Klägers zu keinem Zeitpunkt eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung drohte. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat keine Regelungen zur Typengenehmigung - etwa in Form von Nebenbestimmungen - getroffen, die Einfluss auf die Nutzbarkeit de...