Entscheidungsstichwort (Thema)
gemeinschaftliches Testament. Auslegung
Leitsatz (amtlich)
1. Für ein gemeinschaftliches Testament ist es nicht ausreichend, dass Ehegatten in getrennten Urkunden am selben Tag und Ort im Wesentlichen inhaltsgleiche Verfügungen getroffen haben.
2. Ein gemeinschaftliches Testament kann im Einzelfall vorliegen, wenn die Ehegatten sich in getrennten Urkunden jeweils zu Alleinerben einsetzen und in gemeinschaftlich abgefassten, mit "Zusatz zum Testament" und "Nachtrag zum Testament" bezeichneten Urkunden weitere Verfügungen treffen.
Normenkette
BGB §§ 2265, 2271
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 28.01.2008; Aktenzeichen 8 T 6325/06) |
AG Starnberg (Aktenzeichen VI 0062/06) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des LG München II vom 28.1.2008 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat die dem Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Erblasserin ist am 25.1.2006 im Alter von 90 Jahren verstorben. Sie war in zweiter Ehe seit 1952 mit dem Beteiligten zu 1 verheiratet. Aus ihrer geschiedenen ersten Ehe hatte sie eine Tochter, die 1962 tödlich verunglückt ist. Der Beteiligte zu 2 war mit dieser eng befreundet und stand mit der Erblasserin bis zu ihrem Tod in Kontakt.
Die Erblasserin errichtete am 28.10.1995 ein privatschriftliches Testament, das im Wesentlichen wie folgt lautet:
"Hiermit setze ich (den Beteiligten zu 2) als Erbe mit meinen gesamten Wertpapieren ein, die sich in meinem Schließfach 83 zur Zeit bei der ...- Bank befinden."
Ferner liegen Kopien zweier privatschriftlicher Testamente vom 29.1.1983 vor, in denen die Erblasserin und ihr Ehemann gleichlautend jeweils den anderen Ehegatten zum "alleinigen Erben (Universalerben)" einsetzten. Mit einem undatierten "Zusatz zum Testament vom 29.1.1983" bestimmten die Ehegatten, dass "im Falle unseres gemeinsamen Todes" weder die Nichte der Erblasserin noch zwei Brüder des Ehemannes aus dem Nachlass etwas erhalten sollen. Mit "Nachtrag zum Testament" vom 23.2.1984 wandten die Ehegatten für den Fall, dass ihnen "zusammen etwas zustoßen" solle, ihr Vermögen einem Dritten zu. Diese letztwilligen Verfügungen, die ebenfalls nur in Kopie vorliegen, wurden von der Erblasserin geschrieben und von beiden Ehegatten unterschrieben. Die von der Erblasserin aufbewahrten Originale sind nicht auffindbar, es konnten nur die vom Beteiligten zu 1 aufbewahrten Kopien vorgelegt werden.
Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus dem Hälfteanteil der Erblasserin an dem Hausgrundstück, das die Ehegatten 1969 erworben und seither gemeinsam bewohnt haben. Ihre Wertpapiere, deren Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls rund 230.000 EUR betrug, überließ die Erblasserin bereits Anfang 1996 dem Beteiligten zu 2. Der Reinnachlasswert beträgt nach Angaben des Beteiligten zu 1 im Erbscheinsantrag rund 400.000 EUR.
Der Beteiligte zu 1 hat die Erteilung eines Alleinerbscheins aufgrund des Testaments vom 29.1.1983 gestellt mit der Begründung, die in getrennten Urkunden vorgenommene Erbeinsetzung der Ehegatten sei wechselbezüglich; die Erblasserin sei daran gebunden gewesen. Das Testament zugunsten des Beteiligten zu 2 vom 28.10.1995 enthalte im Übrigen nur ein Vermächtnis. Der Beteiligte zu 2 hat hingegen die Auffassung vertreten, er sei Alleinerbe aufgrund des Testaments vom 28.10.1995, denn diese letztwillige Verfügung enthalte eine umfassende Erbeinsetzung.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 5.10.2006 den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und dem Beteiligten zu 2 antragsgemäß am 23.10.2006 einen Alleinerbschein erteilt. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das LG die Beteiligten zu 1 und 2 sowie die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 2, der die Erblasserin kurz vor ihrem Tod Generalvollmacht erteilt hatte, persönlich angehört und die Zeugin K. vernommen. Mit Beschluss vom 28.1.2008 hat das LG den Beschluss des Nachlassgerichts vom 5.10.2006 aufgehoben und das Nachlassgericht angewiesen, den vom Beteiligten zu 1 beantragten Erbschein zu erteilen und den dem Beteiligten zu 2 bereits erteilten Erbschein einzuziehen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:
Es stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass die nur in Kopie vorliegenden Testamente vom 29.1.1983 ebenso wie der gemeinsam unterschriebene undatierte Zusatz und der Nachtrag vom 23.1.1984 von den Eheleuten errichtet worden seien. Die Auslegung der Testamentsschriften nebst Ergänzungen ergebe, dass es sich um ein gemeinschaftliches Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen handele, das nur nach Maßgabe des § 2271 BGB hätte widerrufen werden können. Für ein gemeinschaftliches Testament sei die Errichtung zweier sich inhaltlich im Wesentlichen entsprechenden T...