Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert in Wohnungseigentumssachen
Leitsatz (amtlich)
1. In Wohnungseigentumssachen ist der Gebührenstreitwert auch in der Berufung nach § 49a GKG zu berechnen. Ausgangspunkt sind die Klageanträge jedoch gemäß § 47 Abs. 1 GKG nur, soweit sie in der Berufung noch verfolgt werden.
2. Soweit § 49a GKG auf das Interesse der Parteien und aller Beigeladenen abstellt, ist dieses Interesse auf Grundlage der allgemeinen Wertvorschriften in den §§ 3 - 9 ZPO zu bemessen.
3. Das Interesse an der Vermietung einer Sondereigentumseinheit oder einer Sondernutzungsfläche durch einen Wohnungseigentümer ist gemäß § 9 ZPO mit dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der konkret zu erzielenden Miete zu bewerten, sofern nicht eine kürzere Mietdauer vereinbart wurde oder werden sollte oder sofern als Nachteil nicht nur die Differenz zu einer niedrigeren Miete vorgetragen wird.
4. Ist nicht ersichtlich, dass eine Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer zu einer Verringerung der Werte ihrer Sondereigentumseinheiten führt, kann deren Interesse mit EUR 5.000,00 als Regelstreitwert bemessen werden.
Normenkette
GKG § 47 Abs. 1, § 49a; ZPO § 9
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 20.06.2018; Aktenzeichen 1 S 4634/18 WEG) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 20.06.2018, Az. 1 S 4634/18 WEG, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Kläger begehren eine Herabsetzung des vom Landgericht für das Berufungsverfahren festgesetzten Streitwerts.
Die Kläger und die Beklagten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft T-Straße in S. In der Gemeinschaftsordnung ist den Klägern das ausschließliche Nutzungsrecht an einem Kellerraum eingeräumt. Die gewerbliche Nutzung bedarf der Zustimmung des Verwalters oder eines zustimmenden Beschlusses der Wohnungseigentümer. Die Kläger haben den Kellerraum an einen Kaminfeger vermietet, der den Raum als Lagerraum und als Sozialraum nutzt. Die Verwaltung hat der Vermietung nicht zugestimmt. Auf der Eigentümerversammlung vom 22.04.2017 haben die Wohnungseigentümer unter TOP 7 den Beschlussantrag der Kläger auf Zustimmung zur Vermietung abgelehnt.
Mit ihrer Klage vom 16.05.2017 fochten die Kläger den Beschluss zu TOP 7 an und stellten zugleich den Antrag, die Beklagten zur Zustimmung zu ihrem in der Eigentümerversammlung gestellten Antrag zu verpflichten.
Das Amtsgericht wies die Klage im Endurteil vom 28.02.2018 ab. Den Streitwert setzte das Amtsgericht mit Beschluss vom 20.03.2018 entsprechend den Angaben in der Klage ohne weitere Begründung auf EUR 5.997,60 fest.
Ihre Berufung nahmen die Kläger nach einem Hinweis des Landgerichts zurück. Mit Beschluss vom 20.06.2018 erklärte das Landgericht die Kläger ihres Rechtsmittels für verlustig und setzte den Streitwert zugleich auf EUR 5.997,60 fest.
Mit Schreiben vom 23.07.2018 an das Landgericht München I, bei Gericht eingegangen am 25.07.2018, legten die Kläger selbst Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes in dieser Höhe ein und beantragten, den Streitwert auf EUR 500,00 festzusetzen.
Der an das Landgericht gerichteten Beschwerde half zunächst das Amtsgericht in dem Beschluss vom 10.09.2018 nicht ab unter Bezugnahme auf den insoweit nicht begründeten Beschluss des Landgerichts vom 20.06.2018.
Das Landgericht hat der Beschwerde in dem Beschluss vom 12.10.2018 nicht abgeholfen. Der Streitwert sei in Anwendung der §§ 47, 48 GKG, 9 ZPO festzusetzen. Ausschlaggebend für das Interesse seien die erzielbaren Mieteinnahmen, deren Wert nach § 9 ZPO mit der 42-fachen Monatsmiete in Ansatz zu bringen sei. Der Streitwert betrage danach EUR 5.880,00. Im Hinblick darauf, dass kein Gebührensprung vorliege, bestehe für eine Teilabhilfe kein Anlass.
Der Beklagtenvertreter hat sich einer Herabsetzung des Streitwertes mit Schriftsatz vom 10.10.2018 widersetzt.
II. 1. Die befristete Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss ist zulässig (§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 bis 6 GKG), insbesondere besteht kein Anwaltszwang, auch nicht wenn der Prozess als Anwaltsprozess zu führen war (BDPZ/Zimmermann, § 66 GKG, Rn. 46).
2. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend der Beschwerde der Kläger nicht abgeholfen. Der Streitwert beträgt für das Berufungsverfahren gemäß der §§ 47, 48, 49a GKG, § 9 ZPO EUR 5.880,00.
Das Landgericht hat - im Ergebnis ohne Auswirkung - übersehen, dass der Gebührenstreitwert in Wohnungseigentumssachen auf Grundlage des § 49a GKG zu bestimmen ist. Die Vorschrift gilt auch für das Rechtsmittelverfahren. Nach § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert auf 50 Prozent des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen. Er darf das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten, § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG. Weitere - hier nicht relevante - Begrenzungen ergeben sich aus § 49a Abs. 1 Satz 3 GKG und aus § 49a Abs. 2 GKG.
Dah...