Leitsatz (amtlich)
1. Zum Gebrauch einer möglicherweise widerrufenen Löschungsvollmacht.
2. Erkennbar interne Abreden zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem darf das Grundbuchamt zum Anlass von Beanstandungen im Hinblick auf das Legalitätsprinzip nur nehmen, wenn deren tatsächlicher Inhalt - ohne Möglichkeit anderweitiger Auslegung - eindeutig ist.
3. Der Nachweis (fort-) bestehender Vollmacht kann im Grundbuchverkehr nicht durch die einem anderen Urkundsbeteiligten erteilte Ausfertigung der Vollmachtsurkunde erbracht werden (s. schon OLG München vom 19.5.2008, 34 Wx 023/08; a.A. OLG Köln vom 9.7.2001 - 2 Wx 42/01, Rpfleger 2002, 197).
Normenkette
BeurkG §§ 47, 49 Abs. 2; BGB § 172; GBO § 29 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Kaufbeuren (Aktenzeichen Füssen Blatt 6810-8) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird die Zwischenverfügung des AG Kaufbeuren - Grundbuchamt - vom 30.7.2012 aufgehoben.
Gründe
I. Der Beteiligten zu 1 gehört Grundbesitz (Wohnhaus mit Nebengebäude, Hofraum und Garten). In der Zweiten Abteilung des Grundbuchs sind Wohnmitbenutzungsrechte in Form beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für den Beteiligten zu 2, den Ehemann der Beteiligten zu 1, und für die Beteiligte zu 1 im Gleichrang (lfd. Nrn. 5 und 6) eingetragen.
Die Bewilligungsurkunde vom 29.3.2005 enthält unter Ziff. II. 2. folgende Vollmacht des Beteiligten zu 2 für die Beteiligte zu 1 unter Befreiung von § 181 BGB und stets einzelberechtigt, das vorstehend bestellte Wohnmitbenutzungsrecht löschen zu lassen und alle dafür erforderlichen Erklärungen gegenüber Notar und Grundbuchamt uneingeschränkt abzugeben. Im Innenverhältnis, ohne Beschränkung der Vollmacht im Außenverhältnis darf die Bevollmächtigte davon nur Gebrauch machen, wenn Herr Sch. (Beteiligter zu 2) nach einem ärztlichen Zeugnis entweder nicht in der Lage ist entsprechende Erklärungen abzugeben oder aber ernst zu nehmende Zweifel seiner Geschäftsfähigkeit oder Erklärungsfähigkeit bestehen. Ferner darf Frau Sch. (Beteiligte zu 1) von der Vollmacht nur Gebrauch machen zum Zwecke der Bestreitung des Lebensunterhaltes von Herrn oder Frau Sch., sofern dies erforderlich ist.
Es folgt der Zusatz, der Notar habe darauf hingewiesen, dass die vorstehende Anweisung sehr vage und unpräzise sei und er nicht verpflichtet sei, die Einhaltung der vorstehenden Bindungen zu überprüfen.
Am 12.1.2012 erschien der Beteiligte zu 2 beim Grundbuchamt und erklärte, die Vollmacht solle nicht mehr gelten. Dies wurde schriftlich festgehalten und vom Beteiligten zu 2 unterschriftlich bestätigt. Er wurde bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam gemacht, dass zur Wirksamkeit des Widerrufs dieser der Bevollmächtigten zugehen müsse; der Widerruf sei durch die gegenständliche Erklärung noch nicht nachgewiesen.
Die Beteiligte zu 1 hat mit notariell beglaubigter Erklärung vom 4.6.2012 in eigenem Namen und namens des Beteiligten zu 2 "aufgrund der heute in Ausfertigung vorliegenden und dieser Urkunde in beglaubigter Abschrift beigefügten Vollmacht" mit dem Zusatz, ein Widerruf der Vollmacht sei nicht erfolgt, die Löschung des Wohnmitbenutzungsrechts für den Beteiligten zu 2 bewilligt und beantragt. Sie hat zudem versichert, dass die Voraussetzungen für die Ausübung der Vollmacht vorlägen. Die von der Beteiligten zu 1 vorgelegte Ausfertigung der die Vollmacht enthaltenden Urkunde vom 29.3.2005 war am 19.3.2005 dem Beteiligten zu 2 erteilt worden.
In einer Telefonnotiz vom 30.7.2012 hat der Rechtspfleger des Grundbuchamts schriftlich festgehalten, dass die Beteiligte zu 1 sich in erregtem Ton über den noch nicht vollzogenen Löschungsantrag beschwert und sich erkundigt habe, ob der Widerruf denn formgemäß nachgewiesen wäre, woraus er - der Grundbuchbeamte - folgere, der Zugang des Widerrufs bei der Beteiligten zu 1 stehe mithin fest.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 30.7.2012 hat das Grundbuchamt schließlich den fehlenden Nachweis der Vertretungsmacht im Innenverhältnis beanstandet. Dem Notar sei zwar eine Ausfertigung der Vollmacht vorgelegt worden. Jedoch habe das Grundbuchamt positive Kenntnis davon, dass die aufgeführten Voraussetzungen der Vollmacht im Innenverhältnis nicht gegeben seien. Der Beteiligte zu 2 habe dem Grundbuchamt gegenüber persönlich erklärt, dass die erteilte Vollmacht nicht mehr gelten solle. Aus dem Anruf der Beteiligten zu 1 beim Grundbuchamt folge zwar nicht ein formgemäßer Nachweis des Vollmachtswiderrufs; jedoch sei anzunehmen, dass der Beteiligten zu 1 der gewollte Vollmachtswiderruf bekannt sei. Indirekt habe sie auch bestätigt, dass die Voraussetzungen der Vollmacht im Innenverhältnis nicht vorlägen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 stützt sich auf folgende Erwägungen:
Es liege kein Eintragungshindernis vor, so dass die Löschung zu vollziehen sei. Die Voraussetzungen für den Gebrauch der Vollmacht seien erfüllt. Es genüge, dass eine der in der Erklärung genannten Vorau...