Entscheidungsstichwort (Thema)
Adelsaufhebungsgesetz Österreich
Leitsatz (amtlich)
1. Berichtigung eines Geburtseintrags hinsichtlich des Familiennamens.
2. Der Familienname ausschließlich österreichischer Staatsangehöriger kann nicht den Bestandteil "Freiherr von" bzw. "Freifrau von" enthalten.
Normenkette
PStG § 48
Verfahrensgang
AG Memmingen (Beschluss vom 22.07.2014; Aktenzeichen 24 UR III 7/14) |
Tenor
I. Der Beschluss der AG Memmingen vom 22.07.2014 wird aufgehoben.
II. Auf Antrag des Standesamtes Neu-Ulm und des Landratsamtes Neu-Ulm wird angeordnet, den Geburtseintrag G xxx des Standesamtes Neu-Ulm wie folgt zu berichtigen: Der Familienname des Kindes und des Vaters lautet richtig: H., der Familienname der Mutter lautet richtig: H., geborene F..
Gründe
I. Das Standesamt und die Aufsichtsbehörde haben beantragt, die Berichtigung des Geburtseintrags betreffend die Geburt des Beteiligten zu 1 anzuordnen. Sie sind der Auffassung, der Familienname des Kindes und der Eltern (Beteiligte zu 2 und 3) sei unrichtig eingetragen. Er habe nicht - wie eingetragen - "Freiherr von H." bzw. "Freifrau von H." gelautet, sondern "H.". Die Eltern und das Kind seien österreichische Staatsangehörige gewesen. Der Name richte sich deshalb nach österreichischem Recht, nach dem Adelsbezeichnungen nicht zulässig seien. Der Beteiligte zu 1 habe erst durch seine Einbürgerung im November 2013 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Das ändere nichts an der Namensführung. Ein Vertrauenstatbestand sei nicht entstanden, denn in den von der Republik Österreich ausgestellten amtlichen Dokumenten laute der Familienname "H."
Der Beteiligte zu 1 hat sich gegen die Berichtigung gewandt. Er und seine Ehefrau seien deutsche Staatsbürger. Es bestehe deshalb die Möglichkeit, einen Adelstitel als Bestandteil des Nachnamens zu führen. Anders als zur Zeit seiner Geburt spiele das österreichische Recht keine Rolle mehr. Die langjährige Führung des Familiennamens "von H." habe zur Folge, dass er keinerlei Unterlagen besitze, in denen nur der Name "H." stehe. Eine Änderung habe erhebliche Nachteile für die berufliche und private Reputation. Bereits das rechtfertige eine Namensänderung in "Freiherr von H.".
Das AG hat den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, die Unrichtigkeit des Geburtseintrags stehe nicht fest. Es fehle an einem Nachweis dafür, dass die Eltern oder Großeltern der Beteiligten bei In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Aufhebung des Adels vom 3.4.1919 österreichische Staatsangehörige gewesen seien, ein österreichisches Adelsprädikat geführt und sich im Geltungsbereich des österreichischen Gesetzes aufgehalten hätten. Dass die Beteiligten zu 2 und 3 von 1960 bis 1979 als österreichische Staatsangehörige in Österreich gelebt hätten und dort der Familienname "H." beurkundet worden sei, genüge für den Verlust des Adelstitels nicht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Standesamtsaufsicht. Wo sich die Vorfahren bei In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Aufhebung des Adels aufhalten hätten, sei nicht maßgeblich. Nachweislich der Heiratsurkunde vom 23.4.1979 der Landeshauptstadt Innsbruck habe der Beteiligte zu 2 zu diesem Zeitpunkt den Familiennamen "H." geführt, der kraft Gesetzes gemeinsamer Ehename geworden sei. Der Beteiligte zu 1 habe mit der Geburt diesen Namen erworben. Er habe nicht darauf vertrauen können, dass die Eintragung im Geburtenbuch richtig sei. Sein am 10.6.2008 in Bregenz ausgestellter Reisepass und sein Personalausweis wiesen den Namen "H." aus, desgleichen die Geburtseinträge seiner drei Geschwister (geboren 1980 in Österreich, 1983 bzw. 1986 in Deutschland). Durch den Statutenwechsel zum deutschen Recht sei der Name nicht geändert worden.
Der Beteiligte zu 1 ist der Beschwerde entgegengetreten und hat u.a. darauf hingewiesen, dass der Name "Freiherr von H." auch laut der Geburtsurkunde seines Vaters ein deutscher Familienname sei. Die Änderung des Geburtseintrags stelle einen schweren Einschnitt in die Persönlichkeitsrechte dar.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Geburtseintrag ist § 48 Abs. 1 PStG zu berichtigen, weil er hinsichtlich des Familiennamens der Eltern und des Kindes nach Überzeugung des Senats von Anfang an unrichtig war. Nach dem maßgeblichen österreichischen Recht lautet der Familienname der der Beteiligten zu 1, 2 und 3 richtig "H.".
1. Nach welchem Recht sich die Namensführung richtet, ist hier nach dem bis zum 1.9.1986 geltenden deutschen Internationalen Privatrecht zu beurteilen (Art. 220 Abs. 1 EGBGB). Danach unterliegt der Name einer Person dem Recht des Staates, dem die Person angehört (ebenso Art. 10 EGBGB). Die Beteiligten zu 2 und 3 waren 1981 österreichische Staatsangehörige. Der Beteiligte zu 1 hat mit der Geburt die österreichische Staatsangehörigkeit erworben, weil sein Vater in diesem Zeitpunkt österreichischer Staatsbürger war (§ 7 Abs. 1 des Bundesgesetz über die österreichische Staatsangehörigkeit vom 15.7.1965). Das österreichische Internationale Privatrech...