Leitsatz (amtlich)

Für die Bemessung des Gebührenstreitwerts der Klage einer Leasinggeberin gegen den Leasingnehmer auf Herausgabe des Leasingobjektes nach unstreitig beendetem Leasingvertrag ist auf den Verkehrswert des Leasingobjektes zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage abzustellen, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG iVm § 6 ZPO, und nicht auf das Nutzungsentgelt für die Dauer der Überlassung von einem Jahr.

 

Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 9 O 4658/17 Fin)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts München II vom 06.02.2018, Az. 9 O 4658/17 Fin, abgeändert:

Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 16.858,00.

 

Gründe

I. Die Klägervertreterin wendet sich gegen die Festsetzung des Gebührenstreitwerts durch das Landgericht.

Mit der Klage vom 29.11.2017 verlangte die Klägerin die Herausgabe eines Fahrzeugs, das sie aufgrund des Leasingvertrages vom 21.02.2013 an den Beklagten überlassen hatte. Der Leasingvertrag endete am 02.09.2016. Der Beklagte gab das Fahrzeug nicht zurück.

Am 06.02.2018 erging Versäumnisurteil gegen den Beklagten, das rechtkräftig wurde. Zugleich setzte das Landgericht den Streitwert auf EUR 4.777,08 fest.

Mit Schriftsatz vom 20.02.2018 legte die Bevollmächtigte der Klägerin in eigenem Namen Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ein, die sie ausführlich mit Schriftsatz vom 12.03.2018 begründete. Zwar sei § 41 Abs. 1 GKG auch auf die Miete beweglicher Sachen anwendbar. Es liege aber kein Streit über das Bestehen des Leasingvertrages vor, der Gebührenstreitwert richte sich nach § 6 ZPO.

Das Landgericht hat der Beschwerde in dem Beschluss vom 15.03.2018 nicht abgeholfen. Es liege im Sinne von § 41 Abs. 1 GKG auch dann ein Streit über das Bestehen eines Mietverhältnisses vor, wenn sich der Beklagte nicht einlasse und sich auch nicht aus dem Sachvortrag der Klageseite ergebe, warum der Beklagte das Mietobjekt nicht zurückgibt. Denn dann wäre immer bei Säumnislage iSv § 331 Abs. 3 ZPO von dem Wert des Mietobjekts auszugehen. Dies widerspreche gerade bei Immobilien den Intentionen des Gesetzgebers. Gesetzeszweck sei, aus sozialen Gründen den Streitwert im Vergleich zu §§ 8, 9 ZPO abzusenken.

II. Die befristete Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss ist zulässig. Nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG kann der Rechtsanwalt aus eigenem Recht gegen die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts Rechtsmittel einlegen. Statthaftes Rechtsmittel ist die Beschwerde, § 32 Abs. 2 RVG iVm § 68 Abs. 1, 66 Abs. 2 bis 6 GKG.

1. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Für die Bemessung des Gebührenstreitwerts der Klage einer Leasinggeberin gegen den Leasingnehmer auf Herausgabe des Leasingobjektes nach unstreitig beendetem Leasingvertrag ist auf den Verkehrswert des Leasingobjektes zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage abzustellen, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG iVm § 6 ZPO, und nicht auf das Nutzungsentgelt für die Dauer der Überlassung von einem Jahr (vgl. Senat MDR 2015, 984). Die Regelung in § 41 Abs. 2 GKG ist auf die Herausgabe beweglicher Sachen nicht entsprechend anzuwenden. Ein Streit über das Bestehen des Mietverhältnisses iSv § 41 Abs. 1 GKG liegt nicht vor, wenn mangels Einlassung des Beklagten der Vortrag der Klageseite zur Beendigung des Mietverhältnisses unstreitig bleibt.

a) Der in § 41 Abs. 2 GKG enthaltene Privilegierungstatbestand für die Bemessung von Gerichtsgebühren bei Klagen auf Räumung von Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen lässt sich auf Klage auf Herausgabe beweglicher Gegenstände nicht entsprechend anwenden.

Wie die Vorgängervorschrift § 16 GKG aF enthält § 41 GKG in den Absätzen 1, 2 und 5 aus sozialen Gründen Regelungen zur Begrenzung der Höhe des Gebührenstreitwertes. Ziel dieser Begrenzung ist es, Mieter nicht durch hohe Gerichtsgebühren davon abzuhalten, das Bestehen oder die Dauer eines Mietverhältnisses oder etwa die Berechtigung einer Räumung der bisher genutzten Wohnung gerichtlich prüfen zu lassen (BT-Drs. 15/1971 S. 154). Grundlage dieser Erwägung ist, dass der in der Regel hohe Wert des herauszugebenden Gegenstandes zu Kosten des Gerichtsverfahrens führt, die gerade die typischerweise wirtschaftlich weniger starken Mieter besonders belasten und deshalb von der Durchsetzung ihrer Rechte abhalten könnten. Die Annahme, dass der Mieter einer Wohnung typischerweise wirtschaftlich weniger schwach ist, kann damit gerechtfertigt werden, dass der Mieter andernfalls Eigentum erwerben würde. Dass der Gesetzgeber die Regelung auch auf die Räumung gewerblich genutzter Grundstücke erstreckt hat, ist unerheblich.

Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung liegen nicht vor. Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte l...

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