Leitsatz (amtlich)
1. Nach der entsprechend geltenden sozialhilferechtlichen Härteregelung ist Vermögen des Betroffenen zur Entschädigung des Betreuers nicht heranzuziehen, wenn hierdurch die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Zur Prüfung der Angemessenheit kann die aktuelle Höhe des Sozialhilfebedarfs als Ausgangspunkt gewählt werden. Ein Zuschlag von 100 EUR monatlich hierauf ist aber nicht unvertretbar, zumal wenn der finanzielle Abstand zwischen der vom Betroffenen bezogenen geringen Rente und dem Sozialhilfeniveau langfristig voraussichtlich eher abnehmen wird.
2. Bezieht ein 58-jähriger Betroffener nur eine Rente von derzeit 733 EUR, wäre die Heranziehung eines nicht allgemein geschonten Vermögens (hier: nach Auszahlung eines Lebensversicherungskapitals) von ca. 13.288 EUR zur Erstattung von aus der Staatskasse gezahlter Betreuervergütung nach diesen Grundsätzen eine Härte.
Normenkette
BGB §§ 1836c, 1836d, 1836e; SGB XII § 90 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 17.07.2008; Aktenzeichen 4 T 1981/08) |
AG Rosenheim (Aktenzeichen XVII 0106/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 17.7.2008 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 10.773,47 EUR.
Gründe
I. Für den 58-jährigen Betroffenen besteht seit 1999 eine Betreuung, die - mit Ausnahme eines Zeitraums von knapp drei Monaten im Jahr 2007 - von berufsmäßig tätigen Betreuerinnen bzw. Betreuern geführt wurde. Auch die derzeitige Betreuerin nimmt als Rechtsanwältin die Betreuung berufsmäßig wahr.
Die anfallenden Entschädigungen wurden bisher wegen Mittellosigkeit des Betroffenen aus der Staatskasse erbracht. Der Betroffene bezieht ab April 2007 eine Versichertenrente aus der Rentenversicherung i.H.v. monatlich 732,62 EUR netto (nach Abzug seiner Beiträge zur Kranken - und Pflegeversicherung). Er hat kein sonstiges Einkommen und auch keine anderweitigen Erwerbsaussichten.
Am 16.10.2007 bestanden Guthaben auf einem Kautionssparbuch von 1.580,89 EUR sowie auf einem Girokonto i.H.v. 40,51 EUR.
Am 1.10. 2008 wurde eine Lebensversicherung zur Auszahlung fällig, die tatsächlich zu dem Termin auch i.H.v. 15.888, 26 EUR dem Konto des Betroffenen gutgeschrieben wurde. Deshalb beantragte der Beteiligte bereits vorab mit Schreiben vom 13.2.2008 den Erlass einer Zahlungsanweisung nach § 56g Abs. 1 FGG, da für den Betroffenen Vergütungen und Aufwandsentschädigungen i.H.v. 10.771,47 EUR bezahlt worden seien und die zu erwartende Versicherungsleistung den Schonbetrag von 2.600 EUR übersteige.
Diesen Antrag lehnte das AG am 21.4.2008 wegen Unzumutbarkeit des Vermögenseinsatzes ab. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG am 17.7.2008 zurückgewiesen. Mit der zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte weiterhin das Ziel eines Rückgriffs gegen den Betroffenen im Umfang der aus der Staatskasse erbrachten Entschädigungsleistungen an die berufsmäßigen Betreuer.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet
1. Das LG hat in seiner Entscheidung ausgeführt:
Zwar sei der Betroffene nach Auszahlung des Lebensversicherungskapitals - in der vom LG vorausschauend unterstellten Höhe von 15.840,16 EUR - nicht mehr mittellos i.S.v. § 1836d BGB, weil hierdurch sein Schonvermögen überschritten werde. Für den Betroffenen würde aber die Verwertung der Lebensversicherung eine Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 SGB XII darstellen. Durch die Inanspruchnahme würde die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert. Nach der vom LG zitierten Rechtsprechung sei die Zumutbarkeitsgrenze danach zu ziehen, ob festgestellt oder zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden könne, dass der fragliche Vermögenswert tatsächlich der Versorgung im Alter dienen werde. Dies sei nach Ansicht der Kammer hier anzunehmen. Angesichts der relativ geringen Rente des Betroffenen, die dieser bereits zu einem erheblichen Teil für die Miete verwenden müsse, bestehe kein Zweifel daran, dass der Betroffene den aus der Lebensversicherung fließenden Betrag zur Versorgung im Alter benötige. Wenn davon ausgegangen werde, dass der Betroffene den Betrag für die nächsten 20 Jahre zur Aufbesserung seiner Rente verwende, hätte er hierfür rechnerisch monatlich rund 66 EUR zur Verfügung. Da mit der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nicht mehr zu rechnen sei, spiele es auch keine Rolle, dass der Betroffene das gesetzliche Rentenalter noch nicht erreicht habe.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Beteiligten zitierten Entscheidung des OLG München vom 8.7.2005 (BtPrax 2005, 191). Dort habe der Senat festgestellt, dass die Betroffene, die über erhebliches - nicht aus einer Lebensversicherung stammendes - Vermögen verfügte, nicht aber über eine eigenständige Altersversorgung, nicht durch Schonung dieses Vermögens vor einem Rückgriff möglichst auf Dauer vom Bezug anderer Sozialleistungen...