Leitsatz (amtlich)
1.
Der Begriff des "berechtigten Interesses" zur Akteneinsicht (gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 FGG) ist weitergehend als der des "rechtlichen Interesses" in § 299 Abs. 2 ZPO, der ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt.
2.
Eine Antragstellerin, die sich über die finanziellen Verhältnisse der Betroffenen durch Einsicht in Betreuungsakten informieren möchte, macht keine eigenen Rechte oder Interessen geltend; eventuell ihr zustehende Erbansprüche können zu Lebzeiten der Betroffenen und potentiellen Erblasserin grundsätzlich kein Akteneinsichtsrecht begründen.
3.
Hat das Gericht ein berechtigtes Interesse bejaht, entscheidet es über die Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen; eine Abwägung der widerstreitenden Interessen ist aber erst dann möglich, wenn das Interesse an der Akteneinsicht plausibel begründet wird.
4.
Der pflichtteilsberechtigten Tochter ist ein Interesse an Informationen über den Bestand des Nachlasses durchaus zuzugestehen; hierfür ist aber der Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB gegeben.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 23.11.2006; Aktenzeichen 13 T 5859/06) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen XVII 2752/03) |
Tenor
I.
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23. November 2006 wird zurückgewiesen.
II.
Die Beteiligte hat die dem Betreuer sowie dem Gegenbetreuer im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, zu erstatten.
III.
Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Für die Betroffene bestand seit Dezember 2003 eine zunächst vorläufige Betreuung. Am 26.4.2004 wurde der jetzige Betreuer, ein Sohn der Betroffenen, als endgültiger Betreuer mit dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung; Wohnungsangelegenheiten; Vermögenssorge; Entgegnennahme und Öffnen der Post; Vertretung bei Ämtern und Behörden, gegenüber Heimen sowie gegenüber Sozialleistungs -und Versicherungsträgern" bestellt. Der Aufgabenkreis wurde am 2.6.2004 nach dem Tod des Ehemannes der Betroffenen um die Vertretung in Nachlassangelegenheiten erweitert.
Die gegen die genannten Beschlüsse eingelegten Rechtsmittel der Beteiligten, die hierbei das Ziel der Einsetzung eines anderen Betreuers verfolgte, wurden letztinstanzlich mit Senatsbeschluss vom 5.10.2005 im wesentlichen zurückgewiesen.
Der Betreuer ist nicht von der Rechnungslegung befreit. Außerdem wurde ein Rechtsanwalt als Gegenbetreuer zur Prüfung der Vermögensverwaltung durch den Betreuer bestellt.
Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 19.1. und 30.3.2006 beantragte die Beteiligte, ihr Akteneinsicht in die Betreuungsakten zu gewähren. Sie könne nur auf diese Weise überprüfen, ob der Betreuer seiner Pflicht zur Rechnungslegung nachkomme und so feststellen, ob der Nachlass ordnungsgemäß verwaltet werde.
Diesen Antrag wies das Vormundschaftsgericht am 8.6.2006 zurück. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten hat das Landgericht am 23.11.2006 zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte weiterhin das Ziel, die begehrte Akteneinsicht zu erhalten.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
1.
Das Landgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt:
a)
Zwar stehe Verfahrensbeteiligten ein Recht auf Akteneinsicht zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zu. Die Beteiligte benötige aber die von ihr angestrebten Kenntnisse nicht zur Wahrnehmung eigener Rechte in dem Betreuungsverfahren.
b)
Aus § 34 FGG folge kein Akteneinsichtsrecht, da es an einem berechtigten Interesse fehle. Die Rechnungslegungspflicht des Betreuers betreffe ausschließlich das Vermögen der Betroffenen, nicht das der Beteiligten. Ihr stehe kein allgemeines Kontrollrecht bezüglich der Tätigkeit des Betreuers zu, nämlich dahingehend, ob er frist- und ordnungsgemäß seiner Rechnungslegungspflicht nachkomme und das Vermögen der Betroffenen korrekt verwalte. Die Überwachung des Betreuers sei eine originäre Pflicht des Vormundschaftsgerichts, dem dieses, nicht zuletzt durch die Einsetzung eines Gegenbetreuers, auch ausreichend nachgekommen sei. Die Beteiligte habe kein Anrecht darauf, ihrerseits die Erfüllung dieser Prüfungspflicht durch das Amtsgericht zu überwachen.
Aus dem Pflichtteilsanspruch der Beteiligten ergebe sich kein berechtigtes Interesse zur Einsicht in die Betreuungsakte, da sie jederzeit Einsicht in die Nachlassakten nehmen bzw. ihren Pflichtteilsanspruch auf dem Zivilrechtsweg geltend machen könne. Als Erbin sei die Betroffene gemäß § 2314 Abs. 1 BGB der Beteiligten zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses verpflichtet.
Überdies überwiege bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen das verfassungsrechtlich geschützte Interesse der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber dem etwaigen Interesse der Beschwerdeführerin an der Überpr...