Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Befangenheitsgesuchs

 

Normenkette

ZPO § 97 Abs. 1, § 406 Abs. 1 S. 1, § 568 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Beschluss vom 23.09.2020; Aktenzeichen 55 OH 42/20)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts Landshut vom 23.09.2020, Az. 55 OH 42/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin zu 1) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin zu 1) wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung ihres Befangenheitsgesuchs gegen den Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren.

Die Antragstellerin behauptet Mängel an einem von der Antragsgegnerin erworbenen Schwimmbecken (Wölbungen, Risse). Die Antragsgegnerin zu 1) stellt Mängel, die sie zu verantworten habe, in Abrede und behauptet, es habe sich das Baugrundrisiko verwirklicht, welches aber der Antragsteller trage.

Mit Beweisbeschluss vom 21.02.2020 wurde der Sachverständige Dipl.-Ing. H. H. mit der Erstellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beauftragt. Nach Durchführung eines Ortstermins, an dem für die Antragsgegnerin zu 1) niemand teilnahm, erstellte der Sachverständige unter dem 09.07.2020 sein Gutachten (Bl. 108/121 d.A.). Darin führte er auf Seite 10 u.a. aus "Da im Bereich des Beckens der Boden nach Auskunft des Antragstellers lehmig ist und deswegen das eingedrungene Wasser nicht versickern kann, füllt sich im Laufe der Zeit die ehemalige Baugrube mit Wasser".

Die Antragsgegnerin zu 1) nahm dazu mit Schriftsatz vom 22.07.2020 Stellung, rügte die Mangelhaftigkeit des Gutachtens und lehnte den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab (Bl. 127/129 d.A.). Das Ablehnungsgesuch wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Sachverständige ungeprüft Angaben des Antragstellers zur Bodenbeschaffenheit übernommen habe. Die Art der Tatsachenermittlung und -auswertung im Gutachten verursache "einen starken Eindruck der Befangenheit des Sachverständigen".

Der Sachverständige nahm zu den Einwendungen mit Schreiben vom 17.08.2020 Stellung sowie zum Befangenheitsantrag mit Schreiben vom 22.08.2020. In letzterem führte er u.a. aus, dass sich die Bodenbeschaffenheit aus den Gerichtsakten ergebe, nicht aber aus den Auskünften des Antragstellers.

Mit Beschluss vom 23.09.2020 wies das Landgericht den Befangenheitsantrag der Antragstellerin zurück. Ob die Bodenbeschaffenheit streitig gewesen sei oder nicht, sei vom Sachverständigen nicht zweifelsfrei zu beantworten gewesen; der Beweisbeschluss enthalte dazu keine Angaben. Die Frage, ob hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit weiterer Klärungsbedarf bestehe, sei kein Fall der Befangenheit des Sachverständigen. Soweit die Antragsgegnerin im Übrigen das Gutachten für fachlich mangelhaft halte, begründe das nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen. Einer mangelnden Sorgfalt des Sachverständigen seien im Übrigen beide Parteien in gleicher Weise ausgesetzt.

Gegen den am 25.09.2020 zugestellten Beschluss legte die Antragsgegnerin zu 1) mit Schriftsatz vom 05.10.2020, eingegangen per beA am selben Tage, sofortige Beschwerde ein. Die Entscheidung des Landgerichts sei falsch, denn dem Sachverständigen habe die Streitigkeit der Bodenbeschaffenheit bewusst sein müssen. Dass der Sachverständige in seiner Stellungnahme behaupte, die Bodenbeschaffenheit ergebe sich aus den Akten, nicht aber aus der Auskunft des Antragstellers, verstärke den Eindruck der Voreingenommenheit. Das Gutachten sei hastig und ohne vertiefte Sachbefassung erstellt. Die offensichtlichen Unzulänglichkeiten des Gutachtens könnten nicht im normalen Verfahrensweg aufgefangen werden.

Das Landgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 06.10.2020 nicht ab und verfügte die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht München zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde.

II. 1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft, §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, und auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1 S.1 ZPO erhoben worden.

2. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist gem. § 568 S.1 ZPO der Einzelrichter berufen, da die angefochtene Entscheidung durch die Einzelrichterin erlassen wurde.

3. In der Sache erweist sich die Beschwerde jedoch als unbegründet und die angefochtene Entscheidung des Landgerichts als richtig.

a) Nach § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder ob das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus genügend Gründe vorhanden sind, die in den Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zw...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge