Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen für die Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses. Notwendig ist ein (noch nicht abgeschlossener) Veräußerungsvorgang. Ist die Veräußerung im Grundbuch vollzogen, kommt eine Löschung der Belastung auf dieser Grundlage nicht mehr in Betracht (s. schon Senat vom 26.9.2012, 34 Wx 30/12).
Normenkette
EGBGB Art. 120; Unschädlichkeitszeugnisgesetz (Bay) Art. 1 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Garmisch-Partenkirchen (Beschluss vom 09.02.2012; Aktenzeichen UR II 0045/11) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des AG Garmisch-Partenkirchen vom 9.2.2012 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 500 EUR.
Gründe
I. Mit notariellem Vertrag vom 21.5.1997 erwarb der Beteiligte - eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts - eine erst noch zu vermessende Teilfläche eines Grundstücks. Die Verkäufer übernahmen die Freistellung des Vertragsobjekts von allen im Grundbuch eingetragenen Belastungen, soweit diese nicht ausdrücklich übernommen wurden. Zur Urkunde vom 19.11.1997 wurde u.a. die Auflassung erklärt und am 14.8.1998 der Eigentumsübergang und die Verschmelzung mit anderen Grundstücken des Beteiligten im Grundbuch eingetragen. Dabei wurde eine Belastung ("Stahlwasserbezugsrecht") mitübertragen.
Unter dem 2.12.2011 hat der Notar namens des Grundstückseigentümers Antrag auf Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses gestellt. Eine Beeinträchtigung für die Berechtigten des Bezugsrechts sei nicht gegeben, da auf der weggemessenen Fläche als Straßengrund kein Stahlwasser anfalle und keine Leitung verlaufe. Nach diversen Teilungsvermessungen im Bereich der herrschenden Grundstücke könnten die zahlreichen Berechtigten nur unter erheblichem Aufwand ausfindig gemacht werden.
Das AG hat mit Beschluss vom 9.2.2012 den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, dass für die Erteilung des Zeugnisses kein Raum sei, wenn die Teilfläche eines Grundstücks bereits unter Mitübertragung der Belastung abgeschrieben und der Eigentumswechsel im Grundbuch vollzogen sei. Die Frage des Unschädlichkeitszeugnisses und der auszugleichenden Wertminderung müsse vorab geklärt werden, weil andernfalls durch Feststellung der Unschädlichkeit und grundbuchrechtlichen Vollzug solche Ansprüche ausgeschlossen wären und die Feststellung der Unschädlichkeit nicht im Wege der Beschwerde angefochten werden könne.
Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Beteiligten. Er meint, das berechtigte Interesse auf Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses werde nicht dadurch berührt, dass das Eigentum mit der am Trennstück lastenden Belastung zwischenzeitlich übergegangen sei. Nach dem Gesetz werde das Trennstück von Belastungen frei, wenn festgestellt werde, dass die Veräußerung für einen Berechtigten unschädlich sei. Weitere Voraussetzungen für die Freistellung bestünden nicht. Daher könne auch noch längere Zeit nach Abschreibung des Trennstückes von seinem ursprünglichen Stammgrundstück und Übereignung an den neuen Eigentümer die entsprechende Feststellung getroffen werden. Durch die Feststellung sollten nämlich Härten vermieden werden. Die Übernahme der Belastung ändere nichts an der Verpflichtung des Veräußerers, die Lastenfreiheit zu bewirken. Die Erfüllung dieser Verpflichtung sei für den Veräußerer mit erheblichen Härten verbunden. Das Unschädlichkeitszeugnisgesetz sei eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Dieser sei aber unabhängig von Zeitabläufen ein tragendes Prinzip des Rechtsstaates. Der vom Beteiligten gewünschte Rechtserfolg könne anders als durch Erteilung des Zeugnisses nur mit erheblichen, unverhältnismäßigen Härten erreicht werden. Gegen die nachträgliche Feststellung der Unschädlichkeit spreche auch nicht die Möglichkeit, dagegen noch im Wege der Beschwerde vorgehen zu können.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Maßgeblich ist das Unschädlichkeitszeugnisgesetz (UnschZG) in der Fassung des Gesetzes vom 7.8.2003, in Kraft seit 1.9.2003 (GVBl. S. 512; BayRS IV, 582). Die jüngste Änderung vom 9.11.2012 (GVBl. S. 534) wird erst am 1.12.2012 in Kraft treten.
Zwar ist nach Art. 8 UnschZG die Feststellung der Unschädlichkeit nicht mit der Beschwerde angreifbar; jedoch gilt dieser Ausschluss nicht, wenn das AG die Erteilung ablehnt. Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Denn für die Zuständigkeit und das Verfahren gelten nicht die Regelungen der Grundbuchordnung, sondern die der freiwilligen Gerichtsbarkeit (BayObLG DNotZ 1994, 178/179; vgl. Demharter Rpfleger 2004, 406/407; a.A. Kirchmayer Rpfleger 2004, 203). Form und Frist (§ 63 Abs. 1, § 64 i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG) sind gewahrt. Auf den Beschwerdewert kommt es nicht an, weil das AG die Beschwerde ausdrücklich zugelassen hat (§ 61 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 FamFG). Zuständiges Beschwerdegericht ist auf der Grundlage der noch gültigen Gesetzesfassung das OLG (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG).
In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
1. Das U...