Leitsatz (amtlich)
1. Über die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines nach dem 1.9.2009 gestellten Erbscheinsantrags entscheidet das OLG.
2. Zur Auslegung eines Testaments, in dem der Erblasser Geldbeträge von bestimmten Bankkonten "und was noch übrig bleibt" auf mehrere Personen verteilt und das um ein Vielfaches wertvollere Grundstück nicht ausdrücklich erwähnt.
Normenkette
FGG-RG Art. 111 Abs. 1; GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1b; BGB § 2087 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Starnberg (Beschluss vom 26.01.2010; Aktenzeichen VI 0240/09) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des AG Starnberg vom 26.1.2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben die den übrigen Beteiligten im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der verwitwete Erblasser ist im Februar 2009 im Alter von 97 Jahren verstorben. Der Beteiligte zu 3 (geb. Februar 1948) ist sein nichtehelicher Sohn, die Beteiligten zu 4 bis 6 sind Neffen und Nichte. Die Ehefrau des Erblassers ist 1987 vorverstorben. Sie war in erster Ehe mit dem 1945 verstorbenen Onkel der Beteiligten zu 1 und 2 verheiratet gewesen und hatte das landwirtschaftliche Anwesen seiner Eltern mitbewirtschaftet. Das Anwesen wurde 1948 dem Erblasser und seiner Ehefrau übertragen. 1969 übergaben sie es den Beteiligten zu 1 und 2. Dabei behielten sie Grundstücke und Grundstücksteilflächen von insgesamt rund 18.000 m2 zurück. Einen Teil davon übertrug der Erblasser später den Beteiligten zu 1 und 2 bzw. deren Kindern. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus dem verbliebenen rund 1.600 m2 großen Grundstück, das nach Angaben der Beteiligten zu 1 und 2 mindestens 300.000 EUR wert ist, bei Ansatz der ortsüblichen Baulandpreise rund 690.000 EUR. Außerdem sind Bankguthaben i.H.v. etwa 50.000 EUR vorhanden.
Es liegt ein eigenhändiges Testament des Erblassers vom 16.9.2008 vor, das wie folgt lautet:
"(Name, Adresse) W. den 16.9.2008
Mein Testament
Auf meinen Wunsch Vererbe ich mein Vermögen folgende Personen
Vo den Zuwachsparen 39.037,47 haben
folgende Personen bekommen
(Bet. zu 3) 10.000 EUR
(Bet. zu 5) 10.000 EUR
(Bet. zu 6) 10.000 EUR
(Bet. zu 4) 9.037,47
Die Familie (Bet. zu 1 und 2)
bekommen das Sparkassenbuch
München Starnberg mit 7.486,51 EUR
und Schierokont 6.500 EUR u. was noch Übrig ist.
gezeichnet
(Unterschrift)"
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind der Auffassung, der letzte Halbsatz im Testament vom 16.9.2008 "u. was noch Übrig ist" beziehe sich auch auf das Grundstück als Hauptnachlassgegenstand, und haben die Erteilung eines Erbscheins als Miterben zu je ½ beantragt. Die übrigen Beteiligten sind dem entgegengetreten.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 26.1.2010 den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Diesem Zusatz lasse sich nicht entnehmen, dass der Wille des Erblassers auf eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 und 2 unter Aufhebung der gesetzlichen Erbfolge gerichtet gewesen sei. Mit dem Testament habe der Erblasser nur Geldvermögen verteilt, den Beteiligten zu 1 und 2 seien die niedrigsten Einzelbeträge zugewendet worden. Der Erblasser habe sein Geldvermögen akkurat verteilen wollen und den Beteiligten zu 1 und 2 als Empfänger der niedrigsten Beträge die sonstigen kleinen Geldforderungen zuwenden wollen, die im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments noch nicht bezifferbar gewesen seien.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts Beschwerde eingelegt.
II.1. Für die Entscheidung über die Beschwerde, mit der sich die Beteiligten zu 1 und 2 gegen die Zurückweisung ihres Erbscheinsantrags wenden, ist nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG, Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG das OLG zuständig, weil der Antrag nach dem 1.9.2009 gestellt wurde (vgl. Palandt/Edenhofer BGB, 69. Aufl. § 2353 Rz. 7). Das Erbscheinsverfahren wurde entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht schon mit der von Amts wegen vorzunehmenden Testamentseröffnung (§ 348 FamFG) eingeleitet, sondern erst durch den am 3.11.2009 gestellten Antrag der Beteiligten zu 1 und 2, denn ein Erbschein wird nur auf Antrag erteilt (§ 2353 BGB).
2. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Nachlassgericht hat das Testament vom 16.9.2008 zutreffend dahin ausgelegt, dass es lediglich Vermächtnisse betreffend das Geldvermögen enthält, nicht aber eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 und 2 durch Zuwendung des Grundstücks als Hauptnachlassgegenstand.
a) Wie schon vom Nachlassgericht hervorgehoben, spricht sowohl der Wortlaut der Zuwendung an die Beteiligten zu 1 und 2 als auch der gesamte Inhalt der Urkunde dafür, dass der Erblasser mit "Vermögen" nur sein Geldvermögen gemeint hat und nur dieses vollständig auf die in der letztwilligen Verfügung genannten Personen aufteilen wollte. Er hat in dem Testament vom 16.9.2008 seine Bankguthaben im Einzelnen aufgelistet unter Angabe der Kontobezeichnung und des genauen Guthabens zum damaligen Zeitpunkt. Wie aus den mit dem Nachlassverze...