Leitsatz (amtlich)

Hat das LG eine Betreuungsmaßnahme als ungerechtfertigt aufgehoben und die Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen durch die Staatskasse angeordnet, ist eine weitere Beschwerde mit dem Ziel der ausdrücklichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Betreuungsmaßnahme nicht zulässig. In diesem Fall besteht weder ein allgemeines Bedürfnis für eine Fortsetzungsfeststellung noch ein konkretes Rechtsschutzinteresse des Betroffenen.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4; FGG § 13a Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 17.06.2008; Aktenzeichen 8 T 1025/08)

AG Miesbach (Aktenzeichen XVII 0037/08)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München II vom 17.6.2008 wird verworfen.

II. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Auf Anregung einer Klinik wurde mit Beschluss vom 22.1.2008 für den Betroffenen ein vorläufiger berufsmäßiger Betreuer bestellt. Als Aufgabenkreis wurde festgelegt: "Sorge für die Gesundheit des Betroffenen; Aufenthaltsbestimmung; Vermögenssorge; Wohnungsangelegenheiten; Postangelegenheiten".

Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen hob das LG mit Beschluss vom 17.6.2008 die einstweilige Anordnung auf und stellte das Verfahren ein. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt.

Zu Begründung führte die Kammer aus: Sie habe nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Betroffene derzeit außer Stande sei, seine Angelegenheiten ganz oder teilweise zu besorgen. Die Voraussetzungen für die Anordnung bzw. Aufrechterhaltung einer Betreuung lägen somit nicht vor.

Hiergegen legte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen weitere Beschwerde ein, "soweit keine Feststellung getroffen wurde, dass die Anordnung einer Betreuung bereits bei Erlass rechtswidrig war, hilfsweise zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde."

II. Das Rechtsmittel ist unzulässig.

1.a) Mit der Aufhebung der vorläufigen Betreuung und Einstellung des Betreuungsverfahrens durch das LG ist dem Beschwerdebegehren des Betroffenen in der Hauptsache entsprochen worden. Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) sieht für derartige Fälle keine isolierte Feststellung der Rechtswidrigkeit vorangegangener gerichtlicher Entscheidungen vor. Allenfalls kann der Beschwerdeführer grundsätzlich nach Erledigung der Hauptsache sein Rechtsmittel auf die Kosten beschränken (BayObLGZ 1993, 82; BayObLG FamRZ 1998, 1325). Im vorliegenden Fall ist auch ohne entsprechenden Antrag eine derartige Entscheidung bereits aufgrund der für Betreuungsverfahren geltenden Sondervorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG ergangen.

b) Allerdings hat die Rechtsprechung im Hinblick auf den notwendigen Rechtsschutz gegen schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigungen eine Feststellung der Rechtswidrigkeit unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise u.a. dann für geboten erachtet, wenn gegen den Betroffenen eine freiheitsentziehende Maßnahme ergangen war und diese sich im Instanzenzug über ein hiergegen eingelegtes Rechtsmittel aus tatsächlichen Gründen erledigt hat (vgl. z.B. BVerfGE 104, 220/232 f.; BGH Beschl. v. 16.4.2008 - XII ZB 37/08, zit. nach Juris; BayObLG 2002, 304/306; OLG München in BtPrax 2005, 155 und OLGReport München 2005, 885; OLG Hamm FamRZ 2008, 1116).

Ob auch in Betreuungssachen eine derartige Entscheidung in Ausnahmefällen geboten sein kann, ist bisher nicht abschließend entschieden worden (vgl. z.B. OLG München in BtPrax 2006, 151). Der vorliegende Sachverhalt bietet jedenfalls bereits deshalb keinen Anlass zu einer entsprechenden Entscheidung, weil der Betroffene mit der Aufhebung der Betreuung gerichtlichen Rechtsschutz erhalten hat. Deshalb besteht - anders als in den typischen Fallgruppen der zitierten Rechtsprechung zum Unterbringungsrecht - schon allgemein keine Notwendigkeit, durch eine etwaige Fortsetzungsfeststellung Rechtsfragen zu klären, über die wegen einer vorangegangenen Erledigung keine Entscheidung in der Hauptsache mehr zu treffen war.

c) Deshalb kann auch offen bleiben, ob der Inhalt der Erstbeschwerde überhaupt als Ansatzpunkt einer weiteren Beschwerde mit dem nunmehr verfolgten Ziel geeignet war. Der Beschwerdeschriftsatz vom 3.2.2008 verfolgte nach seinem Wortlaut das Ziel der umgehenden Aufhebung des vormundschaftsgerichtlichen Beschlusses vom 23.1.2008. Ein ausdrücklicher Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses ist ihm nicht zu entnehmen. Der Inhalt der Beschwerde bestimmt aber, welches der verschiedenen möglichen Beschwerdeziele der Betroffene mit dem von ihm eingelegten Rechtsmittel verfolgt. Für den Fall der Freiheitsentziehung hat das BayObLG (BayObLGZ 2002, 304/310) entschieden: Macht der Betroffene ausdrücklich auch die Rechtmäßigkeit der Anordnung und der bisherigen Durchführung der Freiheitsentziehung zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, hat das Beschwerdegericht auch diese zu überprüfen. Legt er ohne nähere ...

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