Leitsatz (amtlich)
1. Nach Ablauf der Frist gem. § 10 Abs. 1 S. 1 StrEG ist ein Nachschieben von selbständigen Ansprüchen nicht mehr möglich. § 13 StrEG eröffnet nur für solche Ansprüche den Zivilrechtsweg, die zuvor bei der Justizverwaltungsbehörde geltend gemacht und von dieser zurückgewiesen wurden. Es kommt nicht darauf an, ob wegen anderer geltend gemachter und abgelehnter Ansprüche zulässigerweise ohnehin Klage erhoben wird.
2. Ein grob fahrlässiger Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht kann gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zum Wegfall des Entschädigungsanspruches für die Strafverfolgungsmaßnahme führen.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 04.05.2005; Aktenzeichen 9 O 18000/01) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG München I vom 4.5.2005 wird durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 188.589,50 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Am 28.9.1998 erließ das AG Landau gegen den Kläger einen Strafbefehl wegen versuchter Nötigung und verhängte neben einer Geldstrafe ein zweimonatiges Fahrverbot. Den Einspruch gegen den Strafbefehl nahm der Kläger am 27.11.1998 zurück. Durch Beschluss des AG Landshut vom 14.8.2000 wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet. Mit Urt. v. 21.9.2000 wurde der Kläger freigesprochen. Mit Beschl. v. 13.3.2001 hat das LG Landshut festgestellt, dass dem Kläger für die Dauer des Fahrverbots vom 27.11.1998 bis zum 26.1.1999 eine Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen zusteht.
B.I. Das LG hat zutreffend dargelegt, dass die Aufwendungen des Klägers für einen Ersatzfahrer zwar grundsätzlich entschädigungsfähig wären, der Anspruch des Klägers insoweit jedoch an der Verfristung gem. § 10 Abs. 1 S. 1 StrEG scheitert.
Der eine Entschädigung zusprechende Beschluss des LG Landshut vom 13.3.2001 wurde am selben Tag rechtskräftig (§ 8 Abs. 3 StrEG i.V.m. § 310 StPO). Innerhalb der daran anschließenden 6-Monatsfrist (§ 10 Abs. 1 S. 1 und 4 StrEG) wurden vom Kläger keine Entschädigungsansprüche wegen Aufwendungen für einen Ersatzfahrer bei der Staatsanwaltschaft erhoben. Mit Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten vom 23.5. und 19.6.2001 wurden lediglich Schadenersatzansprüche wegen entgangenem Gewinn und Rechtsanwaltskosten geltend gemacht. Entschädigung für die Aufwendungen für einen Ersatzfahrer wurde auch nicht ansatzweise (innerhalb der vorgenannten Frist) verlangt. Der Senat hat sich davon durch Beiziehung der Strafakten 21 Js 25432/98 und des Sonderheftes Strafrechtsentschädigung 6 StEs 4/01 der Staatsanwaltschaft Landshut nochmals selbst überzeugt. Soweit sich der Kläger im Schreiben vom 23.5.2001 die Geltendmachung eines weiteren Schadens, was zur Fristwahrung ohnehin nicht ausreichen würde, vorbehalten hatte, bezog sich dies - Bezugnahme auf Bilanzdaten - nur auf einen etwaigen weiteren entgangenen Gewinn.
Die Fristversäumung erfolgte auch schuldhaft i.S.v. § 10 Abs. 1 S. 2 StrEG. Die Staatsanwaltschaft Landshut hatte den damaligen Bevollmächtigten des Klägers und den Kläger persönlich mit Schreiben vom 11.4.2001 über die Frist und die Folgen von deren Versäumung belehrt. Die Belehrung wurde dem Bevollmächtigten am 17.4.2001 und dem Kläger persönlich am 14.4.2001 zugestellt. Die Frist lief folglich spätestens am 18.10.2001 ab.
Nach Fristablauf ist nur noch eine Ergänzung in Einzelheiten zulässig, ein Nachschieben von (selbständigen) Ansprüchen ist dagegen nicht mehr möglich (Schätzler/Kunz, StrEG, 3. Aufl., § 10 Rz. 8a, 14). Eine Belehrung des Klägers über diesen Gesichtspunkt war nicht erforderlich. Gemäß § 10 Abs. 1 S. 3 StrEG muss die Staatsanwaltschaft den Antragsberechtigten nicht über alle Einzelheiten des Entschädigungsverfahrens, sondern lediglich über das Antragsrecht, die Frist und die Stelle, bei der der Antrag anzubringen ist, belehren. Ein (etwaiges) Verschulden seines Bevollmächtigten muss sich der Kläger zurechnen lassen (Schätzler/Kunz, StrEG, 3. Aufl., § 10 Rz. 12).
Dem Entschädigungsanspruch des Klägers stünde im Übrigen auch die Ausschlussfrist - insoweit kommt es weder auf Verschulden noch die Erteilung einer Belehrung an (Schätzler/Kunz, StrEG, 3. Aufl., § 12 Rz. 2) - des § 12 StrEG entgegen. Auch innerhalb dieser Jahresfrist, gerechnet ab dem 13.3.2001, ging bei der Staatsanwaltschaft kein Entschädigungsantrag bezüglich der Kosten für einen Ersatzfahrer ein.
Entgegen dem Berufungsvorbringen ist es unbehelflich, dass der Kläger mit Klage vom 11.10.2001, eingegangen beim LG München I am 15.10.2001, auch Entschädigung für die Aufwendungen für einen Ersatzfahrer verlangt. § 13 StrEG eröffnet den Klageweg zu den Zivilgerichten nur für den Fall, dass der (Teil-) Anspruch zuvor bei den Justizverwaltungsbehörden geltend gemacht und von diesen zurückgewiesen wurde. Ein bei der Justizverwaltungsbehörde nicht geltend gemachter (Teil-) Anspruch kann nicht erstmals vor dem Zivilger...