Leitsatz (amtlich)
Zur Beiordnung und Auswahl eines Rechtsanwaltes im Verfahren nach dem Therapieunterbringungsgesetz.
Normenkette
ThUG § 7 Abs. 1; ZPO § 78c
Verfahrensgang
LG Deggendorf (Beschluss vom 17.03.2011; Aktenzeichen 31 AR 4/11 ThUG) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des LG Deggendorf vom 17.3.2011 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Betroffenen vom 3.3.2011 zurückgegeben.
Gründe
Der Maßregelvollzugsleiter der Forensischen Klinik M. hat am 15.2.2011 beim örtlich zuständigen LG Deggendorf beantragt, den derzeit in Sicherungsverwahrung befindlichen Betroffenen gem. § 1 Abs. 1 ThUG in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen. Auf den dem Betroffenen zugestellten Antrag zeigte die im Bezirk des LG Regensburg kanzleiansässige Rechtsanwältin W. dessen Vertretung an und stellte den Antrag, sie dem Betroffenen gem. § 7 Abs. 1 ThUG beizuordnen. Mit Beschluss vom 17.3.2011 hat das LG diesen Antrag wegen fehlender Niederlassung der Rechtsanwältin im Bezirk des Prozessgerichts zurückgewiesen. Mit bisher nicht mitgeteilter Verfügung vom 17.3.2011 hat der Kammervorsitzende dem Betroffenen den im Bezirk des LG ansässigen Rechtsanwalt V. gem. § 7 Abs. 1 ThUG, § 78c ZPO beigeordnet.
Am 23.3.2011 hat der Betroffene gegen den ihm zugestellten Beschluss vom 17.3.2011, mit dem die Beiordnung von Rechtsanwältin W. abgelehnt wurde, sofortige Beschwerde eingelegt. Begründet wird die Beschwerde mit einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen dem Betroffenen und Rechtsanwältin W., die ihn bereits im Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer verteidigt habe. Deshalb habe er sie auch mit der Wahrung seiner rechtlichen Interessen im Verfahren nach dem Therapieunterbringungsgesetz beauftragt. Die Kammer hat mit Beschluss vom 25.3.2011 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.
II. Das Rechtsmittel ist insoweit erfolgreich, als die angegriffene Entscheidung aufzuheben ist.
1. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des LG vom 17.3.2011, bei dem es sich um eine negative Auswahlentscheidung handelt, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 7 Abs. 1 Satz 2 ThUG, § 78c Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 Abs. 1 und 2 ZPO). Die eigenständige Beschwerderegelung in § 16 ThUG betrifft nach der gesetzlichen Begründung nur Endentscheidungen (vgl. BT-Drucks. 17/3403, 95).
2. Die Ablehnung der Beiordnung von Rechtsanwältin W. ist rechtsfehlerhaft. Sie kann nicht darauf gestützt werden, dass diese ihren Kanzleisitz nicht im Bezirk des LG habe. § 78c Abs. 1 ZPO kann in Verfahren nach dem Therapieunterbringungsgesetz nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ThUG beizuordnende Anwalt zwingend aus der Zahl der im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwälte gewählt werden muss (so schon Senat v. 18.3.2011 - 34 Wx 114/11; auch OLG Nürnberg v. 6.4.2011 - 15 W 460/11 ThUG). Die Ablehnung der Beiordnung von Rechtsanwältin W. ist daher ermessensfehlerhaft, weil andere Gründe als die fehlende Ortsansässigkeit in die Entscheidung nicht mit einbezogen worden sind.
Nach § 7 Abs. 1 ThUG ist dem Betroffenen zur Wahrnehmung seiner Rechte im Verfahren und für die Dauer der Therapieunterbringung ein Rechtsanwalt beizuordnen. Nach der Gesetzesbegründung soll sichergestellt werden, dass der Betroffene während des gesamten Zeitraums - auch noch während einer sich anschließenden Therapieunterbringung - über einen anwaltlichen Beistand/eine anwaltliche Vertretung verfügt (vgl. BT-Drucks. 17/3403 zu § 7 ThUG). Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 ThUG gilt für das Beiordnungsverfahren § 78c Abs. 1 und 3 ZPO entsprechend. Naturgemäß ist ein Betroffener durch die Bestimmung nicht gehindert, dem beigeordneten oder einem anderen Rechtsanwalt Verfahrensvollmacht zu erteilen, die zu einer umfassenden und über die Wirkungen der Beiordnung hinausgehenden Vertretungsmacht führt. Dass der Betroffene bei einer Mandatserteilung nicht auf einen gerade im Bezirk des LG niedergelassenen Rechtsanwalt beschränkt werden kann, ergibt sich von selbst.
Die Bestimmung des § 7 ThUG dürfte nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann gelten, wenn der Betroffene einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat. Denn der Gesetzgeber wollte offensichtlich neben einer etwaigen Vertretung durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt jedenfalls eine Beistandschaft sicherstellen, die auch ohne Erteilung oder im Falle eines Entzugs der Prozessvollmacht über die verschiedenen - unter Umständen langwierigen - Verfahrensabschnitte durchgängig fortbesteht.
Allerdings dürfte es kaum gesetzliche Absicht gewesen sein, ohne besonderen Anlass dem Betroffenen neben dem bevollmächtigten Rechtsanwalt einen weiteren Rechtsanwalt als Beistand (§ 12 FamFG) zur Seite zu stellen. In Betreuungs- und Unterbringungssachen soll die Bestellung eines Verfahrenspflegers grundsätzlich unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem R...