Leitsatz (amtlich)
1. Wenn ein Nachlassgläubiger die Erteilung eines Erbscheins beantragt, prüft das Nachlassgericht nicht die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung im konkreten Einzelfall.
2. Macht der Erbe geltend, es gäbe entgegen seinen zunächst abgegebenen Erklärungen weitere Miterben, hat er hierfür konkrete Anhaltspunkte zu benennen.
3. Eine eidesstattliche Versicherung vor einem Notar kann ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers auch in einer Sprache abgegeben werden, die weder die Muttersprache des Notars, noch die des Erklärenden ist, sofern sowohl der Erklärende als auch der Notar dieser Sprache hinreichend mächtig sind.
Normenkette
ZPO § 792; BGB §§ 2353, 2356 Abs. 2; FamFG §§ 26, 37; BeurkG §§ 16, 38 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 15.11.2012; Aktenzeichen 65 VI 17904/93) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG München - Nachlassgericht - vom 15.11.2012 wird zurückgewiesen.
2. Der Beteiligte zu 1 hat die der Beteiligten zu 2 im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 148.200 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beteiligten zu 2 entsprechend ihrem Antrag vom 14.11.2011 ein Erbschein zu erteilen ist, der den Beschwerdeführer als Alleinerben der Erblasserin aufgrund gesetzlicher Erbfolge ausweist.
1. Der Senat teilt die Auffassung des Nachlassgerichts, dass die formellen Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Erbscheins vorliegen.
a) Die Beteiligte zu 2 kann ihre Antragsberechtigung insoweit entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auf § 792 ZPO stützen.
aa) Die Vorschrift begründet für den Gläubiger des Erblassers, der bereits einen vollstreckbaren Titel gegen den Erblasser hat und zur Verwirklichung des Titels einen Erbschein bedarf, ein inhaltsgleiches Antragsrecht wie das des Erben als seines Schuldners (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann 4. Auflage [2012] § 792 Rn. 9). Dem Zweck der Zwangsvollstreckung dient der Antrag stets dann, wenn er die Vollstreckung fördert, so zB, wenn eine Klausel gemäß § 727 ZPO gegen einen neuen Schuldner umgeschrieben werden soll (vgl. MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann a.a.O. Rn. 4). Insoweit weist der Gläubiger durch Vorlage des Vollstreckungstitels nach, dass er die Urkunde zum Zwecke der Vollstreckung benötigt. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels muss er dabei nicht vorlegen (allg. Meinung: vgl. Hk-ZPO/Kindl 5. Auflage [2013] § 792 Rn. 4; Zöller/Stöber ZPO 30. Auflage [2014] § 792 Rn. 1; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann a.a.O. § 792 Rn. 9 m.w.N.).
bb) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die Beteiligte zu 2 ihr Antragsrecht im Sinne des § 792 ZPO nachgewiesen:
(1) Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hat die Beteiligte zu 2 ihre Stellung als Vollstreckungsgläubigerin der Erblasserin mit den mit Schreiben vom 3.1.2012 vorgelegten vollstreckbaren Ausfertigungen von fünf Grundschuldbestellungsurkunden belegt.
In diesen Urkunden hat die Erblasserin als Grundstückeigentümerin jeweils das verpfändete Grundstück der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterworfen, dass diese gegen den jeweiligen Grundstückseigentümer zulässig sein soll. Diese Urkunden sind jeweils mit einer von den Notaren Dr. B. bzw. Dr. P. erteilten (neuen) Vollstreckungsklausel zugunsten der Beteiligten zu 2 versehen. Insoweit liegen vollstreckbare Ausfertigungen von Vollstreckungstiteln im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 800 Abs. 1 ZPO vor, die jeweils eine titelumschreibende Klausel im Sinne des § 727 ZPO auf Gläubigerseite aufweisen (vgl. § 797 Abs. 2 ZPO). Durch diese Vollstreckungsklausel ist die Gläubigereigenschaft der Beteiligten zu 2 in Bezug auf die vollstreckbare Urkunde im Sinne des § 750 Abs. 1 ZPO nachgewiesen. Soweit der Beschwerdeführer die Rechtsnachfolge der Beteiligten zu 2 in Zweifel zieht, stellt dies eine Einwendung dar, die die Vollstreckungsklausel betrifft. Eine solche ist nach § 797 Abs. 3 ZPO vor dem AG geltend zu machen, in dessen Bezirk der die notarielle Urkunde verwahrende Notar seinen Amtssitz hat. Für eine Prüfung des Nachlassgerichts, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der titelumschreibenden Klausel im Sinne des § 727 ZPO vorliegen, ist daher kein Raum. Insofern ist der Beschwerdeführer auch nicht rechtsschutzlos gestellt, zumal er mit Schreiben vom 11.2.1994 an das Nachlassgericht die Erbschaft angenommen hat und somit als Erbe selbst die Klauselerteilung in dem für die Zwangsvollstreckung an sich vorgesehen gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann.
Ob die Beteiligte zu 2 auch Rechtsnachfolgerin schuldrechtlicher Titel gegenüber der Erblasserin geworden ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, da jedenfalls die Rechtsnachfolge der Beteiligten zu 2 als Gläubigerin in Bezug auf die Zwangsvollstreckung in das für Grundbuchbestellungen haftende Grundstück in vollstreckungsr...