Leitsatz (amtlich)
1. Hat eine Verjährungsfrist zu laufen begonnen, wird ihr Lauf nicht dadurch gehemmt, dass der Pflichtteilsberechtigte die letztwillige Verfügung entgegen seiner ursprünglich zutreffenden Beurteilung später (unzutreffend) für unwirksam hält (Anschluss an BGH, Urteil vom 14.11.1973, IV ZR 13/72, nicht veröffentlicht).
2. Kommen dem Pflichtteilsberechtigten nachträglich Zweifel an seiner Enterbung und beantragt er selbst einen Erbschein, beeinflusst dies den Lauf der Verjährungsfrist hinsichtlich der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht.
Normenkette
BGB §§ 195, 199, 2325, 2329
Verfahrensgang
LG München II (Aktenzeichen 12 O 1198/22 Erb) |
Tenor
1. Die Klagepartei wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 24.11.2022, Az.: 12 O 1198/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klagepartei erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
3. Innerhalb dieser Frist können sich die Parteien auch zum Streitwert äußern, den der Senat beabsichtigt, auf bis zu 6.000 EUR festzusetzen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über erbrechtliche Ansprüche.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Stufenklage Auskunft und Versicherung an Eides statt sowie anschließende Zahlung des Pflichtteils nach dem Tod ihres Vaters, dem am xx.xx.2018 verstorbenen Erblasser xxx.
Die Beklagte ist die Tochter der Klägerin und die Enkelin des Erblassers. Der Erblasser hat in einem Testament vom xx.04.2017 zunächst die Klägerin zur Alleinerbin bestimmt. Mit weiterem Testament vom xx.10.2017 hat der Erblasser die Beklagte zur Alleinerbin bestimmt.
Mit Schriftsatz ihres früheren Rechtsanwalts vom xx.06.2018 nahm die Klägerin die Beklagte auf Auskunft und anschließende Zahlung im Hinblick auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche in Anspruch.
In dem Schreiben heißt es auszugsweise:
"Infolge der damit verbundenen Enterbung unserer Mandantin stehen dieser Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen Sie zu."
Die Beklagte hat der Klägerin am xx.07.2018 und xx.08.2018 ein Verzeichnis über den Bestand des Nachlasses übermittelt. Am xx.06.2018 überwies die Beklagte der Klägerin nach vorangegangener Zahlung von 36.702,01 EUR einen weiteren Betrag von 17.217,62 EUR auf die geltend gemachten Ansprüche. Die Klägerin akzeptierte die Zahlungen ohne Vorbehalt.
Mit Schriftsatz vom xx.06.2019 beantragte die Klägerin beim Amtsgericht Dachau - Nachlassgericht - die Erteilung eines sie als Alleinerbin des Erblassers ausweisenden Erbscheins. Im folgenden Verfahren bestand zwischen den Parteien Streit über die Frage, ob der Erblasser bei Errichtung des Testaments vom xx.10.2017 testierfähig war. Nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens wurde der Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin auf der Grundlage des Testaments vom xx.04.2017 mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 02.03.2022 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 23.03.2022 forderte die Klägerin von der Beklagten erneut Auskunft über den Bestand des Nachlasses unter Fristsetzung zum 06.04.2022.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es sah die Ansprüche, soweit sie nicht infolge Erfüllung erloschen waren, als verjährt an, so dass die Klage sogleich insgesamt abzuweisen gewesen sei.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Ansprüche weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, wegen der zweifelhaften Testierfähigkeit des Erblassers habe Unsicherheit bestanden, ob die Klägerin Erbin geworden sei oder ihr nur Pflichtteilsansprüche zustünden. Demzufolge seien diese Ansprüche nicht verjährt.
II. Der Senat beabsichtigt nach derzeitiger Rechtsauffassung, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung im Ergebnis offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts ist richtig. Das Ersturteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffes zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung. Die Ausführungen der Klagepartei in der Berufungsbegründung vom 27.02.2023 vermögen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sie das Ersturteil nicht erschüttern. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts Bezug und macht sich diese zu eigen.
Zu ergänzen ist folgendes:
1. Die sorgfältig und ausführlich begründete Entscheidung des Landgerichts erweist sich als z...