Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Erstellung und Mitteilung eines Nachlassverzeichnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Der Testamentsvollstrecker über den Erbteil eines Miterben ist auch während des Bestehens der Erbengemeinschaft verpflichtet, diesem Miterben ein Verzeichnis nach § 2215 Abs. 1 BGB mitzuteilen.
2. Hat bereits ein anderer Miterbe beim Nachlassgericht ein Verzeichnis eingereicht, in dem die zum Nachlass gehörenden Gegenstände und Verbindlichkeiten im Einzelnen aufgeführt sind, stellt es regelmäßig keine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers dar, wenn er kein gesondertes Verzeichnis erstellt.
Normenkette
BGB §§ 2215, 2227
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 29.07.2008; Aktenzeichen 16 T 16213/07) |
AG München (Aktenzeichen 62 VI 6440/03) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 29. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat die dem Beteiligten zu 5 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 21.600 € festgesetzt.
Gründe
I. Die verwitwete Erblasserin ist am xxx im Alter von 97 Jahren verstorben. Ihr Ehemann ist 1986 vorverstorben. Die Beteiligten zu 2, 3 und 5 (geb. 1943, 1938, 1952) sind ihre Söhne, die Beteiligten zu 1 und 4 (geb. 1965 bzw. 1966) die Kinder ihrer 1990 vorverstorbenen Tochter.
Mit notariellem Testament vom 13.4.1999 setzte die Erblasserin die Beteiligten zu 1 bis 4 zu ihren Erben ein, die beiden Söhne zu je 1/3, die beiden Enkel zu je 1/6. Bezüglich des Erbanteils des Beteiligten zu 1 ordnete sie Nacherbfolge an und bestimmte zu Nacherben zur Hälfte die Beteiligte zu 4, ersatzweise deren Abkömmlinge, zur anderen Hälfte die Abkömmlinge des Beteiligten zu 1. Ferner ordnete sie Testamentsvollstreckung an und bestimmte zum Testamentsvollstrecker den Beteiligten zu 5, ersatzweise dessen damalige Ehefrau, ersatzweise einen vom Nachlassgericht zu bestellenden Testamentsvollstrecker. Weiter bestimmte sie:
"Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe
(1) den der Vor- und Nacherbfolge unterliegenden Nachlass auf die Dauer der Vorerbschaft zu verwalten;
(2) die Recht der Nacherben wahrzunehmen;
(3) den Nachlass bei Eintritt der Nacherbfolge bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres des jüngstgeborenen Nacherben zu verwalten; dies gilt entsprechend für die Ersatzerbfolge in den Anteil des (Beteiligten zu 1).
Der Testamentsvollstrecker hat zur Durchführung seiner Aufgaben alle Rechte und Befugnisse eines Dauervollstreckers mit Verfügungsbefugnis über Grundbesitz.
Der Testamentsvollstrecker ist insbesondere befugt, an einer Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Miterben mitzuwirken. Er ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Testamentsvollstreckung setzt sich dann an dem verteilten, der Vor- und Nacherbfolge unterliegenden Nachlass oder dessen Surrogat fort.
Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlass zur angemessenen Lebensgestaltung und Lebensführung des Vorerben (Beteiligter zu 1) zu verwenden. Die Nacherben sind demgemäß auf dasjenige eingesetzt, was vom Nachlass nach dieser bestimmungsgemäßen Verwendung übrig bleibt. Er soll sicherstellen, dass (der Beteiligte zu 1) mindestens zweimal im Jahr einen angemessenen Ferienaufenthalt verbringt und über ein monatliches Taschengeld verfügt, aus dem er seine persönlichen Bedürfnisse erfüllen kann, wobei sicherzustellen ist, dass dieses Taschengeld nicht zu einer Verminderung sonstiger gesetzlicher Leistungen für (den Beteiligten zu 1) führt und auch keinem Fremdzugriff unterliegt. Im Übrigen bemisst sich der Umfang dessen, was der Testamentsvollstrecker bestimmungsgemäß und im Übrigen nach seinem freien Ermessen dem Vorerben zur Verfügung stellt, nach dem Umfang der der Vor- und Nacherbschaft unterliegenden Erbmasse und ihrem Ertrag." Mit Schreiben vom 23.10.2003 teilte der Beteiligte zu 5 dem Nachlassgericht mit, er nehme das Amt an, sofern der Beteiligte zu 1 die Erbschaft annehme. Der im Ausland lebende Beteiligte zu 1 nahm mit Schreiben vom 25.2.2004, beim Nachlassgericht eingegangen am 9.3.2004, die Erbschaft an. Das Nachlassgericht erteilte dem Beteiligten zu 5 am 13.8.2004 ein Testamentsvollstreckerzeugnis.
Ausweislich des vom Beteiligten zu 3 vorgelegten Nachlassverzeichnisses vom 11.10.2004 besteht der Nachlass im Wesentlichen aus Wertpapieren, Forderungen und Wertgegenständen mit einem Wert von insgesamt 933.000 € sowie aus mehreren zur Vermietung vorgesehenen Eigentumswohnungen in C. Der Reinnachlasswert beträgt rund 1.292.000 €. Die Erbengemeinschaft ist bislang nicht auseinandergesetzt.
Wegen umfangreicher Zuwendungen an den Beteiligten zu 5 zu Lebzeiten der Erblasserin, insbesondere der mit Verträgen vom 22.12.1989 bzw. 22.6.1995 vorgenommenen Schenkung des wertvollen Hausgrundstücks sowie erheblicher Geldschenkungen, erhoben die Beteiligten zu 2 bis 4 mit Schriftsatz vom 17.5.2005 Klage gegen den Beteilig...