Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung eines Verfahrenswerts für den Versorgungsausgleich auch bei unterbliebenem Ausgleich
Leitsatz (amtlich)
In einem VA-Verfahren ist eine Verfahrenswert nach § 50 FamGKG auch dann festzuhalten, wenn der VA wegen eines zwischen den Ehegatten notariell vereinbarten Ausschlusses nicht durchgeführt wird.
Normenkette
FamGKG §§ 43, 44 Abs. 1, 2 S. 2, § 50 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 15.09.2010; Aktenzeichen 524 F 6758/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des AG München vom 15.9.2010 dahingehend abgeändert, dass der Verfahrenswert für das Verfahren erster Instanz auf 5.608 EUR festgesetzt wird.
Gründe
I. Die Ehe der Beteiligten ist geschieden worden. Ein Versorgungsausgleich wurde nicht durchgeführt. Die Ehegatten hatten mit notariellem Vertrag vom 13.11.2000 den Versorgungsausgleich ausgeschlossen.
Das AG München hat mit Beschluss vom 15.9.2010 den Verfahrenswert für die Ehesache auf 4.608 EUR festgesetzt; einen Verfahrenswert für die Folgesache Versorgungsausgleich hat es nicht festgesetzt.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat gegen diesen Beschluss am 15.3.2011 Beschwerde eingelegt, der das AG nach Anhörung des Bezirksrevisors beim AG München mit Beschluss vom 1.4.2011 nicht abgeholfen hat. In diesem Beschluss hat es die Beschwerde zugelassen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat erneut am 15.4.2011 Beschwerde gegen den Nichtabhilfebeschluss eingelegt.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin meint, der Verfahrenswert sei auf 5.608 EUR festzusetzen. Für die Versorgungsausgleichssache sei ein Verfahrenswert auch dann festzusetzen, wenn der Versorgungsausgleich durch eine Vereinbarung ausgeschlossen sei. Dies entspreche der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung.
Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Einzelrichter hat das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gem. § 59 I S. 1 FamGKG statthafte Beschwerde ist zulässig; insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt (§§ 59 I S. 3 und 5, 57 IV, 55 III S. 2 FamGKG). Rechtsanwalt Dr. V. ist durch die angefochtene Entscheidung auch beschwert. Aus der Beschwerdeschrift geht zwar nicht eindeutig hervor, ob die Beschwerde im eigenen Namen oder für die Partei eingelegt wird. In einem solchen Fall ist eine auf Erhöhung gerichtete Beschwerde aber in der Regel als in eigenem Namen des Verfahrensbevollmächtigten eingelegt anzusehen.
Die Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss vom 15.9.2010 ist daher abzuändern.
Das AG hat den Verfahrenswert unzutreffend festgesetzt. Der Verfahrenswert für das Verfahren erster Instanz ist gem. §§ 50 I, 43, 44 I, II S. 2 FamGKG auf 5.608 EUR festzusetzen.
Der Senat folgt den zutreffenden Ausführungen des OLG Düsseldorf, FamRZ 2010, 2102 = JurBüro 2011, 259 (vgl. auch OLG Celle FamRZ 2010, 2103), die vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Schriftsatz vom 17.5.2011 zitiert wird und der h. M in der Literatur (Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 3 ZPO Rz. 160) und nimmt auf diese ausdrücklich nach eigener Sachprüfung Bezug.
Zutreffend weist das OLG Düsseldorf darauf hin, dass zwischen der Einleitung des Verfahrens und der Durchführung des Versorgungsausgleichs zu unterscheiden ist.
Ein Versorgungsausgleichsverfahren ist von Amts wegen einzuleiten, wenn eine Ehesache anhängig ist; eines Antrags bedarf es gem. § 137 II S. 2 FamFG in den Fällen der §§ 6-19 und 28 VersAusglG nicht. Da das Gesetz ausdrücklich auf § 6 VersAusglG Bezug nimmt, ist ein Versorgungsausgleichsverfahren auch dann von Amts wegen einzuleiten, wenn die beteiligten Ehegatten eine Vereinbarung geschlossen haben. Aufgabe des Familiengerichts ist es gem. § 8 VersAusglG i.V.m. § 26 FamFG zu prüfen, ob die Vereinbarung wirksam ist (Musielak/Borth, Familienrechtliches Verfahren, 2. Aufl., § 137 FamFG Rz. 27). Nur dann steht sie der Durchführung des Versorgungsausgleichs entgegen (vgl. § 6 I S. 2 Nr. 2 VersAusglG). Soweit Philippi in Zöller (ZPO, 28. Aufl., § 137 FamFG Rz. 6) hierzu ohne Begründung eine andere Auffassung vertritt, kann dem nicht gefolgt werden, da dies mit dem eindeutigen Wortlaut von § 137 II FamFG nicht in Einklang zu bringen ist.
Damit bestimmt sich der Verfahrenswert für das eingeleitete Versorgungsausgleichsverfahren nach § 50 I FamGKG; da der Verfahrenswert für die Ehesache 4.608 EUR beträgt, wird der Mindestwert für die Versorgungsausgleichssache nicht erreicht, so dass der Verfahrenswert gem. § 50 I S. 2 FamGKG auf 1.000 EUR festzusetzen ist.
Eine Kostenentscheidung ist ebenso wenig veranlasst (§ 59 III FamGKG) wie eine solche über die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 59 I S. 5 i.V.m. § 57 VII FamGKG).
Fundstellen
Haufe-Index 2729979 |
FamRZ 2011, 1813 |
AGS 2011, 389 |
FF 2012, 43 |
RVGreport 2011, 313 |