Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung von § 4 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LUG) im Hinblick auf etwaige SammelwerkUrheberrechte an den NS-Zeitungen "Der Angriff" und "Völkischer Beobachter".

 

Normenkette

Brüssel-I-VO Art. 5 Nr. 3; ROM-II-VO Art. 8 Abs. 1; UrhG §§ 97, 129 Abs. 1 S. 1, § 137 Abs. 1 S. 1; LUG §§ 4, 7; VerlagsG a.F. § 42 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 25.03.2009; Aktenzeichen 21 O 1425/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des LG München I vom 25.3.2009 wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Antragsteller 9/10 und die Antragsgegnerin 1/10 zu tragen. Hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz hat es bei der Kostenentscheidung des LG sein Bewenden.

 

Gründe

Der Antragsteller, der Freistaat Bayern, macht im Wege des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin, eine Private Limited Company mit Sitz in Großbritannien, einen Verfügungsanspruch dahingehend geltend, dass der Antragsgegnerin verboten werden möge, Faksimile-Nachdrucke der NS-Zeitungen "Der Angriff" und/oder "Völkischer Beobachter" zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten. Der Antragsteller beruft sich dabei u.a. auf urheberrechtliche Befugnisse, die ihm als Rechtsnachfolger des Verlags Franz Eher Nachf. G. m.b.H. zustehen.

Die Antragsgegnerin ist Herausgeberin des Printprodukts "Zeitungszeugen", bei dem als Sammeledition Zeitungsnachdrucke aus der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945) zusammen mit einem mehrseitigen Mantel mit Kommentaren und Analysen von Experten, insbesondere Historikern, publiziert werden.

In einer Presseerklärung der Antragsgegnerin vom 7.1.2009 (Anlage KB 9) heißt es u.a.

"1933-1945

ZEITUNGSZEUGEN

Sammelhefte: Die Presse in der Zeit des Nationalsozialismus

Geschichte erlesen: ZEITUNGSZEUGEN 1933-1945

  • Faksimile-Drucke von Zeitungen geben wertvolle Einblicke in die Berichterstattung während der Zeit des Nationalsozialismus
  • Wöchentliche Sammelheft-Edition, ausgerichtet auf ein Jahr
  • Analysen führender Wissenschaftler aus Zeitgeschichte und Journalismusforschung

Berlin, 7.1.2009. Das britische Verlagshaus A. L. lanciert am

8.1.2009 ein einzigartiges Projekt: Mit Unterstützung renommierter Historiker und Experten werden wöchentlich Zeitungsnachdrucke aus der Zeit der "Machtüber-nahme" im Januar 1933 bis zum Zusammenbruch des NS-Regimes im Mai 1945 publiziert. Jede Ausgabe der Sammelheft-Edition bietet neben Reproduktionen von zwei bis drei Originalausgaben einen 4-seitigen Mantel mit Kommentaren und Analysen führen- der Experten und Historiker ..."

Die Ausgabe Nr. 1 der Zeitungszeugen beinhaltete u.a. einen lose beiliegenden Nachdruck der Zeitung "Der Angriff" vom 30.1.1933 (Anlage ASt 5).

Die Ausgabe Nr. 2 der Zeitungszeugen beinhaltete u.a. einen lose beiliegenden Nachdruck der Zeitung "Völkischer Beobachter". Ausgabe A/Norddeutsche Ausgabe vom 1.3.1933 (Anlage ASt 2).

Der Antragsteller hat in erster Instanz beantragt, der Antragsgegnerin bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, Faksimile-Nachdrucke der Zeitungen "Der Angriff" und/oder "Völkischer Be-obachter" herzustellen und/oder zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder herstellen und/oder vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen.

Die Antragsgegnerin hat in erster Instanz beantragt, den Verfügungsantrag zurückzuweisen.

Das LG hat mit Urteil vom 25.3.2009 Folgendes entschieden:

I. Der Antragsgegnerin wird bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, Faksimile-Nachdrucke der Original-Ausgaben der Zeitungen "Der Angriff" und/oder "Völkischer Beobachter" zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen, sofern der Tag der Erstveröffentlichung der jeweiligen Original-Ausgabe weniger als 70 Jahre zurückliegt und dies in Form der "Zeitungszeugen" Ausgaben 1/2009 und 2/2009 geschieht.

II. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Antragsteller 90 %, die Antragsgegnerin 10 %.

Auf dieses Urteil, das in juris und in AfP 2009, 179 veröffentlicht ist, wird einschließlich der darin getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Antragstellers, soweit zu dessen Nachteil entschieden worden ist, sowie die Anschlussberufung der Antragsgegnerin, die die vollständige Zurückweisung des Verfügungsantrags erstrebt.

Der Antragsteller beantragt in der Berufungsinstanz:

I. Das am 25.3.2009 verkündete Urteil des LG München I, Az.: 21 O 1425/09, wird in Ziffern II und III aufgehoben.

II. Der Antragsgegnerin wird bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten,

Faksimile-Nachdrucke der Original-Ausgaben der Zeitungen "Der Angriff" und/oder "Völkischer Beobachter" herzustellen und/oder zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder herstellen und/oder vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen, auch wenn der Tag der Erstveröf...

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