Entscheidungsstichwort (Thema)
Sparen & Vorsorgen
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der internationalen Zuständigkeit bei Urheberrechtsverstößen im Internet.
Normenkette
EuGVVO Art. 5 Nr. 3
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 03.08.2011; Aktenzeichen 37 O 26401/10) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 3.8.2011 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um urheberrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche.
Die Klägerin betreibt Internetplattformen, auf denen Kunden gegen Entgelt dort abrufbare Inhalte anmieten können. Unter anderem bietet die Klägerin animierte und vertonte Flash-Präsentationen, also Bild- und Tonfolgen in digitaler Form, an. Eine der von ihr angebotenen Flash-Präsentationen trägt den Titel "Sparen & Vorsorgen" (vgl. Storyboard = Anlage K 1).
Der Mitarbeiter der Klägerin, der die letztgenannte Flash-Präsentation konzipiert, die Texte erstellt und die Bilder aufeinander abgestellt hat, hat die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte auf die Klägerin übertragen. Die Klägerin hat Lizenzrechte an den in der Präsentation verwendeten Fotografien und Grafiken erworben und professionelle Sprecher beauftragt.
Die Flash-Präsentation "Sparen & Vorsorgen" enthält statistische Angaben, z.B. zur Durchschnittsrente und zur Bevölkerungsentwicklung, die ausschließlich auf die Verhältnisse in Deutschland bezogen sind. Es werden ferner die deutschen Einrichtungen "BfA" und "LVA" genannt.
Für die Anmietung von Präsentationen besteht bei der Klägerin ein dreistufiges Gebührenschema. Dabei ist bei Lizenzverträgen, in denen die Klägerin darauf verzichtet, dass der Kunde im Zusammenhang mit der Präsentation für die Klägerin wirbt, eine pauschale Lizenzgebühr i.H.v. 2.900 EUR zzgl. Mehrwertsteuer für eine Laufzeit von 24 Monaten vorgesehen.
Der Beklagte bietet Finanzberatungsdienstleistungen, u.a. in den Bereichen Versicherungen und Vorsorge, an. Er betreibt unter www.....at eine deutschsprachige Internetseite, die weltweit abrufbar ist und auf der sich folgende werbemäßige Aufforderung findet: "Vereinbaren Sie deshalb noch heute Ihren persönlichen Beratungstermin" (vgl. Anlage K 3). Der Beklagte hat keine Mitarbeiter oder Servicestellen in der Bundesrepublik Deutschland, er hat keine deutschen Staatsbürger als Kunden und keine Kooperationsvereinbarung mit einem deutschen Finanzdienstleister.
Anfang 2007 war auf der Unterseite www.....at/files/vorsorge.htm des Internetauftritts des Beklagten die Flash-Präsentation "Sparen & Vorsorgen" der Klägerin eingestellt. Diese konnte jedenfalls über eine direkte Eingabe der URL aufgerufen werden.
Im Impressum der Internetseite des Beklagten war zu diesem Zeitpunkt folgende Adresse angegeben (vgl. Anlage K 16):
...
A-8020 Graz
Tel. und Fax: +43/..."
Die Klägerin trägt vor, dass einer ihrer Mitarbeiter im Jahr 2007 festgestellt habe, dass auf dem genannten Unterverzeichnis der Internetseite des Beklagten ein Link zur Präsentation "Sparen & Vorsorgen" der Klägerin veröffentlicht worden sei. Über diesen Link sei die Präsentation auf dem Server des Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden, wobei der Urheberrechtshinweis entfernt und das Design dahingehend verändert worden sei, dass anstelle des üblichen Kontaktformulars der Klägerin der Besucher nach Betrachtung des Flash-Films automatisch auf die Webseite www.....at/ausstieg.php gelangt sei.
Die Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 13.2.2007 wegen Verletzung ihrer Urheberrechte an der Präsentation "Sparen & Vorsorgen" erfolglos ab (vgl. Anlage K 4).
Die Klägerin hat vor dem LG beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, es ... [bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel] zu unterlassen, die von der Klägerin erstellte Präsentation "Sparen & Vorsorgen" gemäß Anlage K 1 ohne Zustimmung der Klägerin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.900,- Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.2.2007 zu bezahlen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Anwaltskosten i.H.v. 807,80 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.2.2007 zu bezahlen.
Der Beklagte hat vor dem LG beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, er selbst habe die Präsentation nicht auf seiner Website eingestellt und diese auch nicht verlinkt oder geändert. Es entziehe sich seiner Kenntnis, wie das Video auf die Unterseite gekommen sein solle.
Der Beklagte rügt die seines Erachtens fehlende internationale Zuständigkeit des LG und trägt vor, dass er sich mit seinem Internetauftritt ausschließlich an den österreichischen Markt wende.
Der Beklagte erhe...