Leitsatz (amtlich)
Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für Ansprüche gegen schweizerische Beklagte wegen Markenverletzungen im Internet.
Normenkette
ZPO § 513 Abs. 2; Lugü Art. 5 Nr. 3
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 4 HK O 10927/08) |
Gründe
I. Der Rechtsstreit hat die Verletzung einer deutschen Marke durch den Internetauftritt eines schweizerischen Unternehmens zum Gegenstand.
Der Kläger ist Inhaber der deutschen Wortmarke REFODERM (Nr. 1 099 927) und der gleichlautenden IR-Marke Nr. 509 709. die Schutz u.a. Schutz für Kosmetika beanspruchen. Die Beklagte zu 1., eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, bot in einem deutschsprachigen Internetauftritt unter der Domain refoderm. ch, die dem in der Schweiz wohnenden Beklagten zu 2. gehört, mit REFODERM gekennzeichnete Kosmetika an, wobei der Preis in Schweizer Franken angegeben war. Die Seiten des Internetauftritts wiesen im oberen Teil den Text REFODERAd® und unmittelbar darunter in deutlich kleinerer Schrift Nahirkosmetik International auf (vgl. Anlagen K 4, K 5 und K 7). Der Kläger sah in diesem Auftritt eine Verletzung seiner inländischen Markenrechte und hat nach erfolgloser Abmahnung Klage auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht, jeweils bezogen auf Deutschland, sowie auf Ersatz der Abmahnkosten erhoben. Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und u.a. eingewandt, örtlich zuständig seien nicht die deutschen, sondern die schweizerischen Gerichte. Mit Urteil vom 5.3.2009, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Frage der Zuständigkeit hat es im Wesentlichen ausgeführt, gem. § 32 ZPO örtlich zuständig zu sein, weil der Internetauftritt auch in München abrufbar sei.
Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, weil die deutschen Gerichte mangels hinreichenden Inlandsbezugs des Internetauftritts örtlich unzuständig seien, und beantragen, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil u.a. damit, dass die örtliche Zuständigkeit gem. § 513 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren nicht mehr zu prüfen sei, und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.10.2009 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte unzulässig.
1. Gemäß § 513 Abs. 2 ZPO kann eine Berufung nicht daraufgestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Diese Vorschrift findet indes keine Anwendung auf die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch im Berufungsverfahren zu prüfen ist (vgl. BGH NJW 2004, 1456 f.; Ball in: Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 513 Rz. 7; Heßler in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 513 Rz. 8; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl. 2009, § 513 Rz. 3). Dass sowohl die Parteien als auch das LG in diesem Zusammenhang unter Verkennung der Rechtslage von örtlicher Zuständigkeit sprechen, steht dem nicht entgegen.
2. Die internationale Zuständigkeit für die gegen die in der Schweiz ansässigen Beklagten gerichtete Klage beurteilt sich nach dem Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1988 (ABl. EG 1988 L 319, S. 9; BGBl. II 1994, 2660; LugÜ; vgl. Art. 54b Abs. 2 lit. a] LugÜ; hierzu BGH GRUR 2007, 884 - Cambridge Institute Tz. 24 m.w.N.).
Gemäß Art. 2 LugÜ sind Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, grundsätzlich vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen. Von den gem. Art. 3 LugÜ zulässigen Ausnahmen hiervon kommt im Streitfall lediglich der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. Art. 5 Nr. 3 LugÜ in Betracht. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz - bei juristischen Personen: ihren Sitz (vgl. Art. 53 Satz 1 LugÜ) - in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat. in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Der Ort des schädigenden Ereignisses i.S.d. Art. 5 Nr. 3 LugÜ ist neben dem Handlungsort auch der Erfolgsort, d.h. der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.
Bei Rechtsverletzungen im Internet ist der Erfolgsort im Inland belegen, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß dort auswirken soll (vgl. GRUR 2006, 513 - Arzneimittelwerbung im Internet Tz. 20 f. m.w.N. in einem wettbewerbsrechtlichen Fall zum insoweit gleichlautenden EuGVÜ; vgl. auch BGH, a.a.O., - Cambridge Institute Tz. 24 in einem kennzeichenrechtlichen Fall; Geimer in Zöller, ZPO, 27. Aufl...