Leitsatz (amtlich)
Das Ende eines selbständigen Beweisverfahrens wird nicht durch die Einreichung unzulässiger Fragen an den Sachverständigen hinausgeschoben.
Normenkette
BGB § 204
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 19.12.2006; Aktenzeichen 5 O 23486/04) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 19.12.2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 136.332,35 EUR.
Gründe
I. Die Kläger begehren jeweils aus eigenem Recht Schadensersatz wegen des anstehenden Austausches rostender Paletten ihrer Tiefgaragen-Duplexstellplätze in der von der Beklagten errichteten und veräußerten Wohnungseigentumsanlage samt Tiefgarage.
Durch Urteil vom 19.12.2006 hat das LG München I die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat pro Duplexstellplatz einen Betrag von 2.083 EUR netto zugesprochen und festgestellt, dass höchstens bis zu dieser Berechnungsrundlage auch die Umsatzsteuer zu erstatten ist.
Mit der Berufung begehrt die Beklagte Klageabweisung.
Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Berufung.
Die Parteien wiederholen im Wesentlichen ihren Vortrag erster Instanz.
Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, das angefochtene Urteil und das Protokoll vom 3.7.2007 samt Senatshinweisen wird Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Auf die zutreffenden tatsächlichen Feststellungen und Entscheidungsgründe des Ersturteils wird mit folgenden Erwägungen Bezug genommen (§ 540 I 1 ZPO).
Auf das vorliegende Schuldverhältnis sind die vor dem 1.1.2002 geltenden Gesetze anzuwenden nach Maßgabe von Art. 229 § 5 und § 6 EGBGB.
1. Entgegen der Berufung sind die Ansprüche der Kläger nicht verjährt.
a) Die Abnahme der Tiefgaragenstellplätze erfolgte am 20.10.1998. Dadurch wurde die damals geltende fünfjährige Frist des § 638 BGB a.F. in Gang gesetzt, die nach § 634a I Nr. 2 BGB am 20.10.2003 um 24.00 Uhr enden würde (§§ 187 I, 188 II BGB; OLG München NJW-RR 2007, 676).
b) Am 17.10.2003 ging beim LG der Antrag der Kläger auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens ein. Dadurch wurde die Verjährung nach §§ 204 I Nr. 7, 209 BGB, § 167 ZPO ab 17.10.2003 gehemmt. Gemäß § 187 I BGB erfasste die Hemmung den 17.10.2003 sowie den 18.10., 19.10. und 20.10.2003, mithin vier verbleibende Tage der ursprünglichen Frist.
c) Das im Beweisverfahren erholte Gutachten wurde den Parteien ohne Bestimmung einer Äußerungsfrist durch das Gericht zugestellt, zuletzt der Beklagten am 7.6.2004. Damit endete das Beweisverfahren.
Nachdem in der Folgezeit auch keine zulässigen Fragen zu dem Gutachten eingereicht wurden (BGHZ 150, 55; BGH BauR 2001, 674), sondern nur unzulässige (Frage bereits genau beantwortet bzw. zu spät gestellt), bleibt es bei dem Verfahrensende durch Gutachtenszustellung. Dass sich das Ende eines Beweisverfahrens nur rückschauend feststellen lässt, muss vom Rechtsverkehr hingenommen werden, zumal § 204 II 1 BGB die Hemmungswirkung nach Verfahrensende noch weitere 6 Monate fortdauern lässt und so eine angemessene Überlegungsfrist schafft.
Infolgedessen endete die Hemmung gem. § 204 II 1 BGB 6 Monate später mit Ablauf des 7.12.2004.
d) Ab 8.12.2004 liefen die aus der ursprünglichen Frist verbleibenden vier Tage (§ 209 BGB), so dass die Verjährungsfrist am Samstag, den 11.12.2004 enden würde. Nach § 193 BGB trat an die Stelle dieses Tages der nächste Werktag, nämlich Montag, der 13.12.2004.
An diesem Tag ging die vorliegende Klage beim LG ein und hemmte gem. § 204 I Nr. 1 BGB erneut die Verjährung. Die Hemmung dauert bis heute an. Verjährung ist nicht eingetreten.
2. Die Kläger sind auch aktivlegitimiert, weil ihnen wenigstens schuldrechtlich die verfahrensgegenständliche Forderung zusteht (Ziff. 5 der Teilungserklärung). Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann in der Teilungserklärung die Kompetenz den einzelnen Eigentümern zuweisen mit der Folge, dass die Gemeinschaft ihre Beschlusskompetenz verliert (OLG München, Beschl. v. 23.5.2007, 32 Wx 30/07).
3. Der Senat tritt der überzeugenden Beweiswürdigung des LG bei und ist ebenfalls vom Vorliegen eines Mangels überzeugt.
a) Das vertragliche Soll hat das LG zutreffend anhand der Anpreisungen der zu errichtenden Anlage im Prospekt der Beklagten ermittelt. Diese Anpreisungen sind nach §§ 133, 157 BGB bei der Auslegung der Erwerbsverträge zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass hier nicht ein einfacher Standard, sondern eine hochwertige Ausführung geschuldet wurde.
b) Überzeugend hat das LG das Sachverständigengutachten so gewürdigt, dass eine hochwertige Ausführung nicht durch die eingebauten bandverzinkten Paletten zu erreichen war, sondern nur durch dicker verzinkte...