Leitsatz (amtlich)
1. Eine Verbotsgrunddienstbarkeit mit Erlaubnisvorbehalt, durch die dem Eigentümer untersagt wird, auf seinem Grundstück eine Gastwirtschaft zu betreiben bzw. Getränke zu vertreiben, ist zulässig (Anschluss BGH v. 25.3.1980, NJW 1981, 343), wenn die schuldrechtliche Vereinbarung einer daneben bestehenden Getränkebezugspflicht nicht Inhalt auch des dinglichen Rechts geworden ist.
2. Selbst die Nichtigkeit des Kausalgeschäfts, das der Dienstbarkeitsbestellung zu Grunde liegt, nach § 138 Abs. 1 BGB hätte – anders als die Nichtigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB – nicht ohne weiteres auch die Nichtigkeit der abstrakten Dienstbarkeitsbestellung zu Folge, wenn die Sittenwidrigkeit nicht im Vollzug der Leistung liegt.
Verfahrensgang
LG Deggendorf (Urteil vom 29.04.2003; Aktenzeichen 3 O 50/03) |
Tenor
I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des LG Deggendorf vom 29.4.2003 werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Der Kläger fordert von den Beklagten, die ein Kaufhaus betrieben, die Unterlassung des Ausschanks von Getränken auf den der Beklagten zu 1) gehörenden Grundstücken Fl.-Nrn. … Er stützt seinen Anspruch auf eine zu seinen Gunsten eingetragene Dienstbarkeit, die auf den Grundstücken der Beklagten zu 1) lastet.
Die Voreigentümerin, die Beklagte zu 2)) hat die Grundstücke von der Rechtsvorgängerin des Klägers erworben und dabei in Ziff. V Abs. 3 des Kaufvertrags vom 15.5./10.9.1970, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, folgende Grunddienstbarkeit bestellt:
Auf den zur Errichtung des Kaufhauses dienenden Grundstücken darf eine Gast- oder Schankwirtschaft bzw. ein Ausschank irgendwelcher Art nur betrieben und darin ober- oder untergärige Biere, Nährbiere, Brausen oder sonstige Limonaden, Saftgetränke, Cola-Getränke, Soda-Getränke und Mineralwasser nur ausgeschenkt, verkauft, vertrieben und abgegeben werden mit Zustimmung der Firma G Brauhaus, Inhaberin G2 als Eigentümerin der … Grundstücksflurnummer …
Im Wege der Widerklage fordert die Beklagte zu 1) vom Kläger die Bewilligung der Löschung dieser Grunddienstbarkeit, weil sie unbefristet sei und der Sicherung einer Getränkebezugsverpflichtung diene; nach den dafür geltenden Regeln sei auch die Dienstbarkeit sittenwidrig
Das LG Deggendorf hat mit Urteil vom 29.4.2003, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, die Beklagten verurteilt, den Betrieb des Restaurants sowie den Ausschank, Verkauf, Vertrieb und die sonstige Abgabe von ober- oder untergärigen Bieren, Nährbieren, Brausen und sonstigen Limonaden, Saftgetränken, Cola-Getränken, Soda-Getränken und Mineralwasser in einer Gast- oder Schankwirtschaft bzw. einem Ausschank einzustellen und zu unterlassen, und i.Ü. Klage sowie Widerklage abgewiesen.
Dies ist damit begründet, die Grunddienstbarkeit zu Gunsten des Eigentümers der Fl.-Nr. … sei zulässig gewesen und bestehe nach wie vor. Das rechtliche Schicksal der Bierabnahmeverpflichtung (Ziff. V Abs. 2 des Kaufvertrags) habe auf den Bestand der Dienstbarkeit keinen Einfluss. Diese berühre den Verkauf von Getränken in einem Lebensmittelgeschäft aber nicht.
Dagegen wenden sich die Beklagten mit Berufung und tragen vor, die zu Gunsten des Klägers bestellte Grunddienstbarkeit sei ausschließlich zur Sicherung der schuldrechtlichen Bierlieferungsverpflichtung eingetragen worden, wie in Ziff. 5 Abs. 2 und 3 des Vertrags und im Gesamtzusammenhang zum Ausdruck komme. Bei wirtschaftlicher Betrachtung unter Berücksichtigung des Normzwecks des § 1018 BGB liege eine unzulässige Verpflichtung zum positiven Tun vor, was nicht Inhalt einer Dienstbarkeit sein könne.
Ferner fänden die von der Rspr. entwickelten Grundsätze über die zulässigen Höchstlaufzeiten von Bierlieferungsverträgen auf die Sicherungsabrede Anwendung. Die Interessenlage gebiete eine Durchbrechung des Abstraktionsprinzips, wenn die Umstände, die die Verbotswidrigkeit des Kausalgeschäfts begründeten, zugleich und unmittelbar das Erfüllungsgeschäft beträfen. Durch die Möglichkeit, über die Verweigerung der Zustimmung aus der Grunddienstbarkeit faktisch eine Verpflichtung zum Bierbezug zu schaffen, würde die Rspr. zur Sittenwidrigkeit von Bierlieferungsverträgen unterlaufen.
Auch § 16 Nr. 2 GWB und Art. 8 Abs. 1 lit. c der EWG-Verordnung 1984/83 verböten solche Bindungen. §§ 7 bis 10 GewO zeigten ebenfalls den gesetzgeberischen Willen, alle unbefristeten Recht zu beenden.
Die Beklagten beantragen,
1. teilweise abändernd, die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
2. den Berufungsbeklagten zu verurteilen, die Löschung der in … eingetragenen Gewerbebetriebsbeschränkung zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks … zu bewilligen.
Der Kläger beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, Gr...