Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Schadensersatz im Zusammenhang mit zwei Beteiligungen an geschlossenem Medienfonds

 

Leitsatz (amtlich)

1. Allein die Stellung des Antrags auf Eigenverwaltung sowie die nachfolgende Gutachterbestellung im gerichtlichen Insolvenzverfahren führt nicht zur Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO.

2. Die Prospekthaftung im weiteren Sinne ist ein Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, Abs. 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB. Danach obliegen dem, der selbst oder durch einen Verhandlungsgehilfen einen Vertragsschluss anbahnt, gewisse Schutz- und Aufklärungspflichten gegenüber seinem Verhandlungspartner, bei deren Verletzung er auf Schadensersatz haftet. Die Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss trifft denjenigen, der den Vertrag im eigenen Namen abschließen will. Das sind bei einem Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft grundsätzlich die schon beigetretenen Gesellschafter.

3. Von einem Treuhandkommanditisten kann erwartet werden, dass er den bei den Beitrittsverhandlungen verwendeten Prospekt im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle dahin überprüft, ob dieser ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er dies mit zumutbaren Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich richtig und vollständig sind.

 

Normenkette

BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 S. 2, § 241 Abs. 3, § 311 Abs. 2, § 312c Abs. 1-2, § 414; ZPO § 240 S. 1, §§ 256, 756

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 25.09.2015; Aktenzeichen 3 O 3842/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 25.09.2015, Az. 3 O 3842/15 aufgehoben.

1. Die Beklagte wird verurteilt,

- an den Kläger 51.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit 04.02.2014 zu bezahlen.

- an die Ö.Rechtsschutzversicherungs AG, ... zu der Schadennummer ...36 auf das Konto Nr. ...16 bei der H. (BLZ ...) 5.211,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.08.2014 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG III vom 07.10./18.10.2004 und an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 30.04./12.05.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.

3. Die Verurteilung zu den Ziffern I. 1. und 2. erfolgt Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus den Beteiligungen an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG III vom 07. 10./18.10.2004 und an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 30.04./12.05.2005.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Beteiligung E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG III vom 07.10./18.10.2004 und mit der Annahme der Beteiligung E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 30.04./12.05.2005 sei dem 04.02.2015 in Annahmeverzug befindet.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit zwei Beteiligungen an geschlossenen Medienfonds.

Der Kläger, der zum Zeitpunkt der Zeichnung bereits Rentner war, beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 07.10.2004, die am 18.10.2004 angenommen worden ist, als Direktkommanditist in Höhe von nominal 50.000 EUR zuzüglich 3% Agio an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG III (im Folgenden: Fonds III), Anlage K 1. Der Zeichnung ging ein Gespräch mit dem Vermittler G. der R. Gesellschaft für Kapitalanlageberatung und -vermittlung voraus, wobei Grundlage des Gesprächs der mit Anlage K 5 vorgelegte Prospekt der Fondsgesellschaft vom 01.03.2004 war. Nach dem Vertrag betrug die Einzahlungsverpflichtung des Klägers 50% der Kommanditeinlage zuzüglich 3% Agio. Die verbleibenden 50% sollten von der Beteiligungsgesellschaft durch die Aufnahme von Krediten fremdfinanziert und durch in Zukunft zu erwirtschaftende Gewinne bis 2011 geleistet werden, vgl. Seiten 14 und 47 des Emissionsprospektes. Der Kläger zahlte die oben dargestellten 50% zzgl. Agio, insgesamt 26.500 EUR in Teilbeträgen von 9.000 EUR am 03.11.2004 und in Höhe von 17.500 EUR am 24.11. 2004 auf das Konto der Fondsgesellschaft ein, Anlagenkonvolut K 2.

Die Beklagte firmierte zum Zeitpunkt der Beteiligung und Prospekterstellung als T. Steuerberatungsgesellschaft mbH. Sie wurde am 29.09.2004 als Kommanditistin der Fondsgesellschaft mit einer Einlage von 1.000 EUR ins Handelsregister eingetragen, vgl. Anlage K 3. Sie hat als sog. "Auftragnehmer" mit der Fondsgesellschaft einerseits einen "Treuhand- und Mittelverwendungskontrollvertrag" abgeschlossen (abgedruckt im Emissionsprospekt S. 83 ...

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