Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Pflichteilsanspruchs am einem bebauten und belasteten Grundstück
Normenkette
BGB § 1063 Abs. 1, § 1072; ImmoV § 16 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 20.07.2018; Aktenzeichen 73 O 3096/16) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 20. Juli 2018, Az. 73 O 3096/16, abgeändert und - teilweise zur Klarstellung - neu gefasst:
I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 27.687,49 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19. November 2016 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 60% und der Beklagte 40% zu tragen.
2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Höhe eines Pflichtteilsanspruchs.
Der Kläger ist der einzige Abkömmling des am 13. Juli 2015 verstorbenen Klaus Z. (nachfolgend: Erblasser) und dessen Ehefrau, der ursprünglichen Beklagten A. Z. Diese ist Alleinerbin des Erblassers. Dem Kläger steht ein Viertel des Nachlasswertes als Pflichtteil zu. Auf diesen Anspruch hat A. Z. dem Kläger vorgerichtlich EUR 26.092,97 ausbezahlt.
Der Beklagte ist Alleinerbe der während des erstinstanzlichen Verfahrens am 31. Dezember 2016 verstorbenen A. Z.; er hat mit Schriftsatz vom 6. März 2017 erklärt, den Rechtsstreit als Rechtsnachfolger aufzunehmen.
Der Erblasser war zum Todeszeitpunkt Eigentümer der jeweils mit einem Wohn- bzw. Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücke B.-straße 20, V., B.-straße 22, V., und H.-straße 22, M. Das Grundstück B.-straße 22, V., war zu Lebzeiten des Erblassers mit einem Nießbrauch zugunsten von A. Z. belastet. Die von A. Z. wegen der vom Kläger erhobenen Pflichtteilsansprüche vorgerichtlich beauftragten Gutachten des Gutachterausschusses des Landratsamtes L. bzw. der Landeshauptstadt M. (K 4, K 5, K 6) haben für das Grundstück B.-straße 22 einen Wert von EUR 143.000,00 ermittelt, für das Grundstück B.-straße 20 von EUR 230.000,00 und für das Grundstück H.-straße 22 von EUR 580.000,00. Dabei wurde für das Grundstück B.-straße 22, V., der Wert des Nießbrauchs wertmindernd angesetzt; für die Wertermittlung des Grundstücks H.-straße 22, M., hat der Gutachter das Liquidationsverfahren angewendet. Der Wert des sonstigen Nachlasses wird von den Parteien übereinstimmend mit EUR 4.500,00 bewertet. Die Nachlassverbindlichkeiten belaufen sich auf EUR 842.958,17.
Pflichtteilsansprüche des Klägers nach seiner Mutter A. Z. sind im Verlauf des hiesigen Verfahrens außergerichtlich abschließend zwischen den Parteien erledigt worden.
Der Kläger hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, dass ihm ein weiterer Pflichtteilsanspruch in Höhe von EUR 65.437,48 nebst gesetzlicher Zinsen zustehe sowie ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 2.561,83 nebst Zinsen. Er hat gemeint, dass in den von A. Z. beauftragten Gutachten die Verkehrswerte zu niedrig angesetzt worden seien. Bei der Bewertung des Grundstücks B.-straße 22 sei das zugunsten von A. Z. eingetragene Nießbrauchsrecht zu Unrecht berücksichtigt worden, nachdem die Besonderheit bestehe, dass nach dem Erbfall Eigentum und Nießbrauch zusammengefallen sind. Hinsichtlich beider Grundstücke in V. seien Modernisierungsmaßnahmen nicht bzw. nur unzureichend berücksichtigt worden. Bei der H.-straße 22, M., sei fehlerhaft das Liquidationsverfahren angewendet worden. Dies sei angesichts eines Nettomietertrages von EUR 46.722,72 pro Jahr und fehlender gravierender Mängel und Schäden nicht nachvollziehbar. Richterweise sei das Ertragswertverfahren anzuwenden, wodurch sich ein Verkehrswert von mindestens EUR 700.000,00 ergebe. Den unstreitigen Nachlassverbindlichkeiten von EUR 842.958,17 stünden damit Aktiva in Höhe von EUR 1.209.080,00 gegenüber.
Der Beklagte hat die in den Gutachten vorgenommenen Bewertungen als zutreffend verteidigt und Klageabweisung beantragt.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Endurteil vom 20. Juli 2018 hat das Landgericht nach Erholung dreier gerichtlicher Gutachten zur Bewertung der drei zum Nachlass gehörenden Grundstücke, Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen und Vernehmung des Zeugen H. den Beklagten zur Zahlung von EUR 51.187,50 nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der gut nachvollziehbaren, in sich schlüssigen Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen für das G...