Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzforderung

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Urteil vom 24.05.1973; Aktenzeichen 3 O 116/73)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Kempten vom 24. Mai 1973 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung der an ihren Arbeitnehmer … geleisteten Lohnzahlungen und der für diesen aufgewandten Sozialleistungen.

Der im Betrieb der Klägerin beschäftigte Gastarbeiter … stürzte am 26.11.1972 auf einem im Gebiet der Beklagten liegenden Fußweg zwischen dem … und der … Während der Zeit der hierdurch bedingten Arbeitsverhinderung zahlte ihm die Klägerin auf Grund des Lohnfortzahlungsgesetzes DM 369,08 Lohn und hatte an Beiträgen zur Krankenkasse, Invalidenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Berufsgenossenschaft und zur Sozialkasse des Baugewerbes sowie für eine „Winterbauumlage” insgesamt DM 139,63 zu entrichten.

Sie behauptete, der Fußweg sei vereist und nicht gestreut gewesen, so daß die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt habe und sie von der Beklagten die Erstattung ihrer Aufwendungen verlangen könne.

Die Klägerin beantragte vor dem Landgericht, die Beklagte zur Zahlung von DM 508,71 nebst 8 % Zinsen hieraus seit 24.1.1973 und von DM 2,– Mahnauslagen zu verurteilen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen und, vorsorglich, ihr Vollstreckungsschutz zu bewilligen.

Sie bestritt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, weil der Weg mit Splitt bestreut gewesen sei. Selbst wenn aber einer ihrer Arbeiter fahrlässigerweise den Weg nicht gestreut haben sollte, stünde einem Schadensersatzanspruch des Verletzten aus § 839 BGB die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen, weil es sich bei den Leistungen des Arbeitgebers auf Grund des Lohnfortzahlungsgesetzes um eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne dieser Bestimmung handle.

Hiergegen wandte die Klägerin ein, daß sie als Arbeitgeberin selbst „Verletzte” sei und „originäre Ansprüche” geltend mache, für welche keine anderweitige Ersatzmöglichkeit gegeben sei.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 24.5.1973 abgewiesen, weil ein Schadensersatzanspruch des Verletzten nicht entstanden sei, da ihm Leistungen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz zugestanden seien. Somit habe auch kein Anspruch auf die Klägerin übergehen können.

Gegen dieses Urteil, auf das im übrigen Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren Klageanspruch weiter verfolgt. Sie meint unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 18.12.1972 daß es sich bei den Leistungen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz nicht um einen anderweitigen Ersatzanspruch handle, so daß ihr Klageanspruch gerechtfertigt sei. Auf die Schriftsätze vom 14.9.1973 und 30.10.1973 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt daher,

die Beklagte unter Aufhebung des Ersturteils nach ihren Anträgen erster Instanz zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und, vorsorglich, ihr Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Sie hält das Ersturteil unter Bezugnahme auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 8.6.1971 für zutreffend, weil die Lohnfortzahlung mehr den Leistungen der Sozialversicherungsträger entspreche, die stets als anderweitige Ersatzmöglichkeit angesehen wurden. Sie Auffassung des Oberlandesgerichts Celle sei mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht vereinbar, was sich schon daraus ergebe, daß letzterer selbst einen Ersatzanspruch gegen einen Ehegatten als anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne von § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ansehe. Auf den Schriftsatz vom 23.10.1973 wird Bezug genommen.

Wegen der Förmlichkeiten des Berufungsverfahrens wird auf die Sitzungsniederschrift vom 6.12.1973 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung (§§ 511 ff ZPO) der Klägerin ist nicht begründet, da ihr gegen die Beklagte weder aus eigenem (vgl. BGHZ 7, 30) noch aus übergegangenem Recht ein Schadensersatzanspruch wegen des Unfalls ihres Arbeitnehmers zusteht.

I.

Mit Recht hat das Landgericht nicht geprüft, ob die Beklagte den Unfall des Gastarbeiters … überhaupt (wegen Verletzung der ihr für die Unfallstelle unstreitig obliegenden Streupflicht) verschuldet hat. Ein Anspruch Özdemirs (auf Ersatz des Verdienstentgangs) gegen die Beklagte aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, der hier allein in Frage kommenden Haftungsgrundlage (vgl. BayObLGZ 72, 117), konnte nicht gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle (LFZG) vom 27.7.1969 (BGBl. I S. 946) auf die Klägerin als seine Arbeitgeberin übergehen, da ein derartiger Anspruch im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB gar nicht entstanden ist (vgl. BGHZ 31, 148/151). Die Klägerin selbst behauptet nicht (und auch aus dem vorgetragenen Sachverhalt ergeben sich hierfür kein...

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